Wer eine Kreuzfahrt bucht, denkt an romantische Sonnenuntergänge auf See, das Glas Champagner an der Reling, die gemütliche Lounge-Liege am Pool und spannende Landausflüge, jeden Tag an einem anderen Ort. Emissionen spielen bei der Urlaubsplanung nach wie vor eine untergeordnete Rolle. Doch Umweltschützer reden beharrlich gegen die Seefahrer-Romantik an. In den vergangenen Jahren prangerten sie den hohen Ausstoß an Schadstoffen wie Schwefeloxid, Ruß und Stickoxiden an.
Kreuzfahrten seien besonders klimaschädlich, sagen Umweltverbände. Wie konkrete Zahlen zeigen, ist das aber eine sehr pauschale Sichtweise, die der technischen Entwicklung nicht gerecht wird. Vor allem ältere Kreuzfahrtschiffe weisen eine schlechte Klimabilanz auf. Doch auf neuen, großen Schiffen ist der CO₂-Fußabdruck pro Passagier oft um ein Vielfaches niedriger, als der Durchschnittswert von rund 800 Kilogramm CO₂-Emissionen pro Woche annehmen lässt.
Nicht ob, sondern welche Kreuzfahrt entscheidet
Ob eine Kreuzfahrt im Vergleich zu anderen Urlaubsformen klimaschädlicher ist, entscheiden vor allem das Schiff und dessen Route – sowie die Anreise. Eine siebentägige Kreuzfahrt kann einen CO₂-Fußabdruck von nur 280 oder auch jenseits der 1.500 Kilogramm pro Passagier hinterlassen. Während manche Schiffsreisen kaum schlechter als ein Urlaub im Campmobil abschneiden, verursachen andere so viel CO₂-Emissionen wie ein Langstreckenflug.
Kompliziert wird es, wenn man feststellen will, welche konkreten Kreuzfahrtschiffe schonend mit dem Klima umgehen und welche nicht. Denn anders als bei Kühlschränken oder TV-Geräten gibt es für sie kein Ampelsystem für Energieeffizienz von Rot bis Grün. Im Gegenteil: Verwertbare Fakten zu einzelnen Schiffen fehlen fast komplett.

Aber diese ist bekannt: Rund 800 Kilogramm CO₂ pro Passagier entstehen laut der vorhandenen Studien durchschnittlich bei einer einwöchigen Kreuzfahrt mit allem Drum und Dran – Fahrt, Unterkunft, Küche, Entertainment. Zum Vergleich: Ein Hin- und Rückflug von Frankfurt nach Mallorca schlägt mit etwa 500 Kilogramm zu Buche - ohne weitere Aktivitäten vor Ort. Allein der Treibstoff einer Fahrt zu zweit mit einem Fiat-Ducato-Wohnmobil von Frankfurt nach Rimini und zurück verursacht pro Person knapp 200 Kilogramm CO₂.
Beispielsweise auf der Aida Cosma oder der Costa Smeralda im Mittelmeer liegt der CO₂-Fußabdruck pro Woche nur bei etwa 280 Kilogramm, inklusive aller Hotelleistungen und Aktivitäten an Bord. Die MSC World Europa, die 2023 im gleichen Fahrtgebiet auf einer deutlich längeren Route unterwegs war, kommt pro Passagier und Woche auf 412 Kilogramm CO₂.
Reedereien rücken die Zahlen zur Kreuzfahrt nicht heraus
Weil die Reedereien solche Zahlen grundsätzlich nicht herausrücken, lassen sie sich nur mühsam aus einer EU-Datenbank mit der Europa-Saison der jeweiligen Schiffe ermitteln – immerhin verlässlich und unabhängig geprüft.
Die Rechnung hat einen Haken: Alle drei genannten Kreuzfahrtschiffe fahren mit LNG, das bei der Verbrennung gut 20 Prozent weniger CO₂ emittiert als rohölbasierte Treibstoffe. Dafür entweicht eine – bislang nicht normiert messbare – Menge an Methan, auf 100 Jahre projiziert etwa 28-mal klimaschädlicher als CO₂. Einberechnet ist das bislang nicht. Denn die EU-Datenbank erfasst Methan erst seit 2024 und veröffentlicht die Werte erstmals im Sommer 2025.
Schiffe, die mit konventionellem Treibstoff wie Schweröl oder Marinediesel fahren, haben höhere Werte, dafür aber keinen sogenannten Methanschlupf. Royal Caribbeans Symphony of the Seas etwa kommt auf einen Fußabdruck pro Passagierwoche von 539 Kilogramm CO₂, die drei Jahre ältere Mein Schiff 4 von Tui Cruises auf 546.
Höhere Werte erklären sich auch aus der geringeren Passagierdichte. Symphony of the Seas und Mein Schiff 4 bieten pro Passagier mehr Platz an Bord als die Aida- und Costa-Schiffe. So verteilen sich die Gesamtemissionen auf weniger Passagiere. Wie schnell der CO₂-Fußabdruck mit höherem Luxus nach oben schnellt, zeigt beispielsweise das Premiumschiff Norwegian Prima mit 822 Kilogramm CO₂ pro Passagier und Woche.
So können Passagiere ihren CO₂-Fußabdruck verbessern
Noch komplizierter wird es bei indirekten Emissionen, im Fachjargon „Scope 3“. Das sind Treibhausgase, die ein Unternehmen selbst nicht emittiert, die jedoch in der Lieferkette entstehen und nur sehr komplex zu ermitteln sind. Beim weltgrößten Kreuzfahrtunternehmen Carnival, zu dem auch Aida gehört, lag der Anteil von Scope 3 an den Gesamtemissionen 2023 bei stolzen 43,9 Prozent. Bei Lufthansa waren es 27,2 Prozent, andere Branchen kamen weit höher. In der Kreuzfahrt schlägt bei Scope 3 der Einkauf von Lebensmitteln viel stärker als der Treibstoff zu Buche.
Kreuzfahrten mit geringem CO₂-Fußabdruck finden
Große und neue Schiffe mit einer hohen Passagierdichte verursachen tendenziell einen geringen persönlichen Fußabdruck. Das zeigt die Detail-Auswertung der EU-Datenbank und gesteht sogar der Nabu zu. Sprecher Sönke Diesener: „Die persönliche Klimabilanz auf einem großen Schiff kann sich mit einigen anderen Urlaubsformen in der Umweltbilanz durchaus messen.“
Viel Einfluss haben lange Liegezeiten in Häfen in Kombination mit kurzen Fahrtstrecken und entsprechend niedrigen Geschwindigkeiten. Denn im Hafen und bei langsamer Fahrt wird weniger Treibstoff verbrannt. Der wichtigste Hebel aber ist die Anreise per Bus, Bahn oder notfalls mit dem Auto. Jeder Flug verdirbt die CO₂-Bilanz einer Kreuzfahrt grundlegend, verursacht doch allein die Distanz nach Mallorca schon mehr CO₂ als die gesamte, einwöchige Kreuzfahrt auf einem dieser modernen Schiffe. Bei Aida reisen übrigens – laut Reederei – im Jahresdurchschnitt etwa die Hälfte der Passagiere nicht per Flugzeug an. Im Sommer, wenn viele Schiffe ab Hamburg, Kiel oder Warnemünde starten, seien es sogar 70 bis 80 Prozent.
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