Glitzer, gewagte Kostüme, spektakuläre Choreografien: Alles muss für die perfekte Live-Show sitzen, wenn knapp 160 Millionen Zuschauerinnen und Zuschauer das Spektakel zu Hause verfolgen. Das und mehr verspricht der Eurovision Song Contest jedes Jahr nun schon seit beinahe 70 Jahren. Knapp 50 Tage vor dem Finale, wenn sich unzählige Augen aus Europa und der ganzen Welt auf Basel richten, ist die Aufregung in der Stadt bereits spürbar.
Zum ESC 2025 sind in Basel die Sicherheitsvorkehrungen hoch
Greifbar wird das wohl vor allem dort, wo die Planungen derzeit auf Hochtouren laufen: Im dritten Stock des Meret Oppenheim Hochhaus unweit des Bahnhofs Basel SBB hat sich das Team breitgemacht, das den ESC plant – mit allem, was in der Halle und drumherum geschehen wird. An einem Donnerstagnachmittag kurz vor Feierabend wird hier an ein paar Schreibtischen noch am Bühnendesign gefeilt. Direkt bei den Aufzügen informiert ein bärtiger Mann in einem Video-Call diejenigen, die nicht direkt im Herzen Basels arbeiten, über den aktuellen Stand der Dinge.

„Gestern hatten wir eine Krisenübung“, erzählt Maja Hartmann, die für die Basler ESC-Ausgabe die Medienarbeit übernimmt. Normalerweise hat sie ihren Schreibtisch im Rathaus der drittgrößten Stadt der Schweiz. Den hat sie derzeit jedoch auf absehbare Zeit für einen in der ESC-Planungszentrale eingetauscht. Gemeinsam mit Vertreterinnen und Vertretern der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft (SRG) und der Europäischen Rundfunkunion (EBU) organisiert die Stadt Basel die musikalische Großveranstaltung. Es sei das größte Event, das es mit diesem Fokus auf Basel bisher gab.
Schon ist an vielen Ecken Basels Musik zu hören
„Wir können uns keinen Patzer erlauben“, sagt Hartmann. Stromausfall, verspätete Delegationen, Bombendrohungen, all das darf es an diesem wichtigen Datum nicht geben. Ein wenig Lampenfieber vor dem großen Auftritt ist dem Orga-Team Wochen, bevor es wirklich ernst wird, bereits anzumerken. Die Freude auf die Show und alles, was man sich in Basel durch den ESC erhofft, auch.
Direkt an der Promenade am Rheinufer hat eine Gruppe vier Alphörner aufgebaut. Die Sonnenstrahlen wärmen, die Hemdärmel sind hochgekrempelt. Bevor es mit ihrem Auftritt losgeht, erklären die Musikerinnen und Musiker einer Gruppe vorbeilaufender Passantinnen und Passanten gelassen, wie man ihre Instrumente bedient. Einer der Männer scheint bereit, sich einmal daran zu versuchen. Es ist nicht die einzige Stelle in der Stadt, in der man an diesem Frühlingstag in Basel von Live-Musik umgeben ist – und dazu animiert wird, mitzumachen.

„Ich komme zufällig direkt von einer Live-Performance“, erzählt Sandra Locher Dickinson bevor sie auf der anderen Seite des Rheins mit ihrer historischen Führung durch das Stadtzentrum beginnt. Mitten auf dem Andreasplatz nahm ein Chor just in dem Moment ein Video für den Song Contest auf, als Locher Dickinson dort vorbeilief. Gemeinsam mit anderen Passantinnen und Passanten studierte sie also spontan einen Tanz zum ESC-Hit Waterloo der schwedischen Band Abba ein – ein großer Spaß, und auch den anderen Leuten schien es zu gefallen, berichtet sie.
In Basel ist die Vorfreude auf den ESC groß
Ähnliche Szenen überall in der Stadt erhofft sich Basel auch in der Zeit, in der der ESC dann tatsächlich hier Halt macht. Der soll sich nämlich nicht nur auf die Halle beschränken, in der die Finalistinnen und Finalisten am 17. Mai um den Titel kämpfen – das Event und die Party drumherum soll sich einmal quer durch ganz Basel ziehen.
Geplant sind dafür neben den großen Bühnen auch ganz kleine: Während sich die Augen Europas auf den Glitzer der ESC Show richten, soll auch ein wenig Aufmerksamkeit für all diejenigen abfallen, die gern Musik machen – aber es eben (noch) nicht geschafft haben, ihr Land offiziell beim Song Contest zu vertreten. Ein bisschen Eurovisions-Luft schnuppern können sie gewissermaßen dennoch, denn es wird feste Plätze für Straßenmusik geben.
Direkt am Rheinufer auf dem „Eurovision Boulevard“ entstehen für den ESC sogenannte „Busking-Bühnen“, die meist aus kleinen Podesten oder markierten Flächen bestehen. Auch an anderen Orten in der Stadt finden sich solche Plattformen – und damit die Chance, sich dem großen internationalen Publikum in der Zeit vom 10. Mai bis zum Finale am 17. Mai zu präsentieren.
Reisetipp: Die Basler Buvetten darf man nicht verpassen
So zumindest sieht es das Orga-Team. Geld von der Stadt gibt es für diese Auftritte – im Gegensatz etwa zur großen Open-Air-Bühne auf dem Barfüsserplatz – jedoch keines, was bei einigen schweizerischen Künstlerinnen und Künstlern Anfang des Jahres zu Unmut führte: Für Profis seien die Auftritte so keine Option, heißt es.
Zurück zum Rheinufer in der Zeit vor dem ESC: Unmittelbar neben den Alphörnern parkt eine Gruppe ein paar Fahrräder. Mit einem kühlenden Lufthauch im Gesicht, Sonne auf der Haut und – von der sogenannten Kleinbasler Seite aus – bestem Blick auf das Münster steht für viele an diesem Frühlingsnachmittag offensichtlich Entschleunigung auf dem Programm. Mit Bänken, Liegestühlen und vielen anderen Sitzmöglichkeiten bieten sich die Uferpromenaden schließlich zum Verweilen an. Ausreichend Verpflegung gibt es durch die Basler Buvetten, wie die liebevoll gestalteten Imbissbuden genannt werden, auch. Selbst an Tagen, wenn kein Song Contest in der Stadt gastiert.
Doch was wird in Basel vom ESC-Spektakel bleiben, wenn die internationalen Gäste wieder abgereist sind? Eine Frage, auf die es unterschiedliche Antworten gibt. Beat Läuchli, der Projektleiter für den ESC in Basel ist, muss nicht lange überlegen: „Es soll hängen bleiben, dass Basel eine weltoffene, kreative, schöne Stadt ist.“ Eine, die sich selbst nicht so ernst nimmt und „ein bisschen nonchalant“ ist, wie er es ausdrückt. Kreatives gibt es in Basel schließlich nicht zu knapp: Die Stadt gilt als Kulturhauptstadt der Schweiz und wird gelegentlich auch als „Stadt der Museen“ bezeichnet – etwa 40 Einrichtungen kommen auf rund 180.000 Einwohnerinnen und Einwohner.

Und die haben sich mehrheitlich dafür entschieden, dass der ESC auch tatsächlich in Basel stattfindet: Zwei Drittel stimmten bei einer Volksabstimmung Ende November gegen den Antrag der christlich-konservativen Partei Eidgenössisch-Demokratische Union (EDU), die Veranstaltung wegen der Höhe des notwendigen Kredits von 37 Millionen Franken abzusagen. „Das ist so deutlich wie selten“, sagt ESC-Projektleiter Läuchli und es gebe ihm und seinem Team Rückenwind. „Ich hätte mehr Leute erwartet, die das Haar in der Suppe suchen“, beschreibt er die aktuelle Stimmung, die „sehr positiv“ sei. Sein Eindruck: „Die Bevölkerung freut sich, Gastgeber zu sein.“ Auch Leute, von denen er es nicht gedacht hätte.
Beim schweizerischen Rundfunk ist man ebenfalls sicher, dass man mit Basel den richtigen Austragungsort gefunden hat. Das „Epizentrum“, in dem die Begeisterung für den ESC in der Schweiz am größten ist. Den kleinen Unterschied machte bei der Bewerbung am Ende auch hier: das Kreative. Denn die Ideen wie unter anderem die Bühnen für Straßenmusik und die Auftritte von vielen lokalen Künstlerinnen und Künstlern auf der großen Open-Air-Bühne reichten über das normale ESC-Begleitprogramm hinaus. Und auch die Pläne, wie die Baslerinnen und Basler in den Schulen und Seniorenheimen für den Song Contest begeistert werden sollen, hätten überzeugt. „Alle, die hier leben, sollen entdecken, was der ESC ist“, erklären die beiden Executive Producer der SRG Moritz Stadler und Reto Peritz.
Eine Führung durch die historischen Gassen Basels
Verhaltener fällt die Antwort bei Marlene Wenger aus, die das Programm für das Basler Haus der elektronischen Künste (HEK) kuratiert. Ihr Museum liegt etwas außerhalb der Stadt und damit nicht in direkter Nähe zu den Orten, an denen beim ESC wortwörtlich die Musik spielen wird. Am nächsten liegt noch das Fußballstadion, in dem es am 17. Mai ein großes offizielles Public Viewing mit Begleitshow geben wird. Dass deshalb viele Menschen, die für das Event nach Basel kommen, auch den Weg ins HEK finden werden, bezweifelt Wenger. „Ich bin gespannt, ob es einen Overspill gibt und was es mit der Stadt macht.“
Direkter vom ESC betroffen ist die Arbeit von Tourguide Sandra Locher Dickinson, die sich bereits auf die Arbeit mit den verschiedenen Delegationen freut, erzählt sie bei ihrer Führung durch die historischen Gassen Basels. Zwischen den alten Mauern liegt so manche Geschichte verborgen. Locher Dickinson kennt davon eine Menge – und lernt dennoch mit jeder neuen Frage weiter dazu. Ihr Wunsch für den ESC: „Dass Basel nicht mehr als langweilig wahrgenommen wird.“ Viel zu oft werde die Stadt neben Zürich, Luzern und Genf noch vergessen. Das könnte sich nun ja vielleicht ändern.
Die Autorin recherchierte auf Einladung von Schweiz Tourismus.
Kurz informiert:
Anreise: Für die Anreise mit dem Zug gibt es gleich zwei Anlaufstellen. Zwischen Basel SBB und Badischer Bahnhof werden während des ESC die meisten Veranstaltungen und das Rahmenprogramm stattfinden. Allen, die für den Song Contest nach Basel fahren, empfehlen die Veranstalter den ÖPNV. Teilweise gibt es hier durch ESC-Tickets Ermäßigungen.
Museen: Für Liebhaberinnen und Liebhaber zeitgenössischer Kunst sind das Kunsthaus Baselland und das Haus der elektronischen Künste einen Besuch wert. Ein beliebtes Kunstmuseum, das man von Basel aus zum Beispiel auf einer schönen Fahrradtour besuchen kann, ist die Fondation Beyeler.
Essen: Direkt am Rheinufer laden die Basler Buvetten auf einen Snack oder Drink ein. Zünftig einkehren lässte es sich außerdem zum Beispiel im Volkshaus Basel oder im Gasthof zum Goldenen Sternen, dem ältesten Gasthof Basels.
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