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Teneriffas ruhigere Ecken entdecken

Spanien

Wandern mit Genuss: Das hat der Norden Teneriffas zu bieten

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    Das Leben kehrt nach über 300 Jahren zurück. Junge Kiefern auf dem Lavafeld des Vulkan von Garachico, der 1706 zuletzt ausgebrochen ist.
    Das Leben kehrt nach über 300 Jahren zurück. Junge Kiefern auf dem Lavafeld des Vulkan von Garachico, der 1706 zuletzt ausgebrochen ist. Foto: Art Selbach

    Der schmale Steinweg schraubt sich Serpentine um Serpentine durch eine Art Canyon ziemlich steil nach oben. Jetzt bloß nicht nachdenken. Denn das wird nun noch gut 300 Höhenmeter lang so weitergehen. Die Berge bewaldet, in der Tiefe plätschert der Bach, dreht man sich um, sieht man in der Ferne den blauen Atlantik. Irgendwo auf der Strecke sind die Gedanken im Jetzt angekommen, haben aufgehört, umherzuschwirren. Ein Schritt nach dem anderen. Das hat etwas Meditatives. Einfach immer weiter hinauf. Nur ab und zu kurz Durchatmen und die knorzigen Kakteen mit ihren roten Früchten bewundern. Nächster Halt: Der wunderschöne Drachenbaum am Wegesrand. Es gibt ja keinen Grund durch eine Landschaft zu hetzen, wenn man doch extra gekommen ist, um sie sich zu erwandern.

    Kiefern erobern sich die Lavafelder zurück und im Hintergrund der Teide.
    Kiefern erobern sich die Lavafelder zurück und im Hintergrund der Teide. Foto: Doris Wegner

    Noch immer brodelt und gärt es auf Teneriffa

    Teneriffa, die Vulkan-Insel, bietet mit dem Teno- und dem Anagagebirge unzählige Möglichkeiten für Wanderer. Wer nur am Strand liegt, verpasst was. Und wer im ruhigeren Norden der Insel unterwegs ist, kann kaum glauben, dass es auf der Insel in den vergangenen Sommermonaten immer wieder laute Proteste gegen Massentourismus und dessen Auswüchse gegeben hat. Hier, im Norden, begegnet man auf einigen Routen selten anderen Wanderinnen und Wanderern, oftmals hat man die Landschaft ganz für sich allein. Aber es gibt sie natürlich, diese Ecken, in denen viel zu viel los. Die klassischen Badeorte natürlich. Auch der Teide-Nationalpark, wo sich an den markanten Aussichtspunkten das ganze Jahr über die Mietwagen entlang der einzigen Straße stauen, denn dem markantenTeide will jeder mal näher kommen. Oder an der Mascaschlucht, wo auf einer Länge von 5,4 Kilometern ein Abstieg von 650 Höhenmetern bewältigt werden muss. Hier wurden die Besucherströme inzwischen reguliert. „Da sind die Leute zum Teil in Flipflops hinuntergelaufen“, erzählt Wanderführer Arndt Morawe, Ex-Handball-Profi, breites Kreuz, dunkler Pferdeschwanz. Bald jeden Tag hätten Leute mit dem Hubschrauber gerettet werden müssen. Nun kostet der Zutritt zur Schlucht 30 Euro und im Besucherzentrum wird kontrolliert, ob die Leute geeignete Schuhe tragen.

    2. Tag, Wanderung im Anaga-Gebirge, Start am Cruz del Carmen
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    Wanderer können im Norden Teneriffas faszinierende Landschaften entdecken. Ein paar Impressionen.

    Zu den bekannteren Wanderungen zählt auf der Insel die Tour in Richtung des Vulkans Chinyero, der bei seinem letzten Ausbruch gigantische Lavazungen hinterlassen hat. Doch kaum jemand scheint heute das Eco-Museum San José de los Llanos als Ausgangspunkt zu wählen. Durch einen lichten Kiefernwald geht es sanft bergauf. Der Waldboden ist butterweich, dank Millionen langer Kiefernadeln, die jeden Schritt abfedern, während sich das Sonnenlicht in hellen Strahlen seinen Weg auf den Waldboden sucht. Kaum 300 Höhenmeter später kreuzt der erste Vulkan den Weg, der Vulkan von Garachico, der vor gut 300 Jahren im Jahr 1706 zuletzt ausgebrochen ist. Seine Lavamassen haben damals Teile von Garachico zerstört, der Ort liegt kilometerweit entfernt direkt am Meer. So eine Gewalt würde man dem kleinen schwarzen Hügel gar nicht zutrauen. Noch immer gärt und brodelt es überall im Untergrund von Teneriffa. Ständig wird die seismologische Aktivität der Insel geprüft, um Indizien sammeln zu können, ob irgendwo ein neuer Ausbruch droht. „Jeder Stein auf Teneriffa ist vulkanischen Ursprungs“, erklärt Morawe. Und die Natur kehrt nach den Ausbrüchen nur spärlich zurück, doch wie sie es tut, ist anrührend schön. Das zarthelle Grün der jungen Kiefern auf dem schwarzen Lava-Boden wirkt wie, wenn es jemand mit dem Kontrastefilter auf der Handykamera zu gut gemeint hat. Aber nein, das Farbenspiel ist echt.

    So zart die Kiefern scheinen, mag man kaum glauben, dass sie jeden Waldbrand überleben. Der Grund dafür ist ihre Rinde, mit ihren vielen hauchdünnen papierartigen Schichten. „Das ist wie bei einem Telefonbuch“, erklärt Arndt Morawe, die wegen ihrer vielen dünnen Seiten auch nicht in Flammen aufgehen. Tatsächlich führte der Weg an vielen Bäumen mit schwarzer, schuppiger Rinde vorbei. Überlebenskünstler. Vor allem im Sommer 2023 hatte Teneriffa mit großer Trockenheit und Bränden zu kämpfen.

    Der Teide auf Teneriffa ist ein versteckter Siebentausender

    Über eine Straße und weiter in Richtung Chinyero-Vulkan. Den Teide kennt jeder, aber wusste man, dass es auf Teneriffa so viele Vulkane gibt? Arndt verspricht nicht zu viel: „Die Landschaft am Chinyero sieht aus wie Mordor aus Herr der Ringe“. Immer wieder geht es abwechselnd auf schmalen Wegen über kleinere Lavazungen, bis wir endlich unser Ziel erreichen. Eine riesige Fläche scharfkantiger Lavasteine, auf denen sich auch 100 Jahre nach dem letzten Vulkanausbruch lediglich ein paar Flechten festklammern. Nur zwei hartnäckige Kiefern haben es geschafft, Wurzeln zu schlagen. Was für eine unwirtliche Landschaft. Ein schwarzes, felsiges Nichts und man ist ein wenig dankbar für seine festen Bergstiefel. 1909 hat der Chiyero zuletzt Lava gespien, der letzte Vulkanausbruch auf Teneriffa übrigens. Die Lavafelder sind nicht nur das Ziel vieler Wanderer, sondern auch Schulklassen machen ihre Ausflüge hierher. Man merkt, dass das Herz des Teide-Nationalpark mit seinen spektakulären Felsformationen und seiner kargen Chaldera nicht weit entfernt ist.

    Der Teide ist mit seinem gleichförmigen Kegel ein Bilderbuch-Vulkan. Wer den fast 4000 Meter hohen Berg besteigen möchte, braucht eine Genehmigung. Auch die Anzahl der Besucher, die von der Bergstation der Seilbahn aus auf den Gipfel dürfen, ist limitiert. Halt an einer Parkbucht in der Nähe der Seilstation für einen Abstecher auf das sogenannte „Spiegelei“, wie die gelblich schimmernde Felsformation im Jargon der Einheimischen genannt wird. Das Spiegelei liegt mitten im riesigen Krater des Nationalparks. „Von hier kann man die Dimensionen am besten begreifen“, findet Arndt Morawe. 17 Kilometer beträgt der Durchmesser der Caldera an der breitesten Stelle, der Teide auf der Straßenseite gegenüber ist also nur eine Randerscheinung. Was man dem Teide nicht ansieht, dass der Vulkan auf der Insel nicht nur 3715 Meter hoch ist, sondern auch unter dem Meeresspiegel 3500 Meter in die Tiefe ragt. Ein versteckter Siebentausender, wenn man so will.

    Unterwegs im Anaga-Gebirge.
    Unterwegs im Anaga-Gebirge. Foto: Art Selbach

    Die Sonne hat im Laufe des Tages ordentlich Kraft entwickelt. „Morgen werdet ihr Mützen und eine warme Jacke brauchen“, warnt Arndt vor. Das Wetter auf Teneriffa sei unberechenbar. Der Süden mit den klassischen Badeorten oft sonnig, der bergigere Norden zuweilen wolkenverhangen. „Auf den Wetterbericht kann man auf Teneriffa nichts geben“, warnt Morawe. Das Mikroklima sei von Ort zu Ort viel zu unterschiedlich. „Teneriffa ist wie ein Minikontinent“, erklärt der 50-Jährige. Mit der Kammlinie, die im Anaga-Gebirge beginnt und sich geschwungen über die ganze Insel bis zum Teno-Gebirge zieht, habe die Insel sogar eine eigene Klimagrenze. Auf dem Parkplatz Cruz del Carmen hat man nicht nur einen wunderbaren Blick auf den Teide, man sieht genau den Verlauf dieser Kammlinie. Die Wolken ziehen über die Bergkuppen und lösen sich anschließend in Wohlgefallen auf. Deswegen ist die Landschaft auf der Nordseite der Insel eher bergig bewaldet, auf der anderen Seite sanfter, offener, kaum Bäume, sonniger.

    Unterwegs im Lorbeerwald des Anaga-Gebirges
    Unterwegs im Lorbeerwald des Anaga-Gebirges Foto: Doris Wegner

    Arndt bleibt im Norden, führt durch den Lorbeerwald, der hier im Anaga-Gebirge am schönsten ist. Heute ist er wie verzaubert, ein mystischer Nebelwald. Auf schmalen Pfaden geht es stetig bergab. Bemooste Äste kreuzen wild den Wanderweg. Flechten hängen wie lange grüne Bärte herab. Tolle Arbeitsteilung: Der Lorbeer kondensiert das Wasser aus den Wolken. Die Baumheide sorgt für die Märchenwaldatmosphäre. Wer stehen bleibt und genau hinschaut, sieht sogar einzelne Tropfen auf den Moosen sitzen. Der Weg führt mal sanfter, mal über steile Stufen direkt zum sogenannten Tunnel der Elfen, der in den letzten Jahren eine erfolgreiche Karriere als Instagram-Hotspot hingelegt hat. Partyzone. Durch diese hohle Gasse werden sie alle kommen. Niemand, der sich hier nicht fotografiert. Die steilen, bemoosten Felswände sind aber auch beeindruckend. Locker geht es die unbefahrene Asphalt-Straße weiter bergab. Unser Ziel ist das Casa Santiago, eine Wirtschaft mit Berghütten-Feeling. Natürlich gibt es Kartoffeln mit Mojo, ohne die geht es auf Teneriffa nicht. Dazu auf Holz gebratenes Hühnchen, das ist die Spezialität des Hauses. Ein Gläschen Wein am Mittag gehört dazu. Oftmals ist der Wein selbst gemacht. Guachinche heißen diese Gaststätten. 400 davon gibt es auf Teneriffa. Es gibt schlechtere Ziele für Wanderer und Wanderinnen. Es könnte also immer so weitergehen. Und man kann sich dabei sicher sein: Ein Vulkan wird kommen.

    Die Autorin recherchierte auf Einladung von Wikinger Reisen

    Kurz informiert

    Beste Reisezeit: Nach Teneriffa kann man wegen des milden Klimas das ganze Jahr reisen. Im Sommer kann es aber heiß werden. Für Wanderungen bieten sich besonders das Frühjahr, der Herbst und der Winter an.

    Anreise: Viele Airlines haben Teneriffa im Programm. Die Flugzeit dauert etwa vier Stunden.

    Anschauen: Das Bananenmuseum in Icod de los Vinos ist einen Besuch wert. Im Casa del Plátano kann man kanarische Bananen und Spezialitäten probieren. Ein Mojo-Kurs wird im Museo Malvasia ebenfalls in Icod de los Vinos angeboten.

    Aufstieg zum Teide: Für die Zugangswege zur Bergstation des Teide auf ca. 3550m gibt es eine Beschränkung von 300 Wanderern pro Tag. Die Reservierung muss über die App Tenerifeon oder die Website https://www.tenerifeon.es/de/ erfolgen. Außerdem muss man vernünftige Wanderschuhe, Trinken und Essen, warme Kleidung, eine Stirnlampe, eine Rettungsdecke und ein aufgeladenes Mobiltelefon dabei haben.

    Veranstalter: Einige Veranstalter bieten Wanderreisen auf Teneriffa an. Auch der Wanderreisen-Spezialist Wikinger Reisen hat mehrere Reisen im Programm: etwa „Gemeinsam aktiv – Naturzauber auf Teneriffa: 8 Tage ab 1.695 Euro, März, April und September bis Dezember. Oder: Teneriffa für Alleinreisende: 8 Tage ab 1.885 Euro, April bis Dezember. www.wikinger-reisen.de

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