
Für viele Läden im Landkreis Augsburg lohnt sich das Abholgeschäft nicht

Plus Viele Geschäfte im Kreis Augsburg bleiben wegen Corona geschlossen. Erlaubt ist allerdings der kontaktlose Verkauf. Für Händler nur ein Tropfen auf den heißen Stein.
Ausgerechnet zum für den Einzelhandel so wichtigen Weihnachtsgeschäft war Schluss. Alle Geschäfte, die keine Produkte des täglichen Bedarfs anbieten, mussten schließen. Vor einigen Wochen dann ein Lichtblick für große Teile des Einzelhandels: "Click & Collect", also das Abholen von bestellter Ware vor Ort, ist nun doch wieder erlaubt. Aber bringt das den Geschäften im Kreis überhaupt etwas?
"Nur mit Click & Collect würde ich nicht überleben", sagt Thomas Zettler, Geschäftsführer des Sport- und Schuhgeschäfts Blackout in Schwabmünchen. Das liege auch daran, dass man momentan draußen wenig Sport machen kann. Die Abholmöglichkeit sei aber dann sehr praktisch, wenn der Kunde schnell etwas braucht. "Dann kann der Kunde die Ware einfach abholen."
Schwierig sei die Methode bei Kunden, die Beratung benötigen. "Wenn man die Ware nur abholt, muss man schon genau wissen, was man will." Das sei gerade bei älteren Kunden schwierig, weil die sich oftmals mit dem Bestellen im Internet nicht gut auskennen und Beratung bräuchten. Bei Zettler läuft weiterhin viel über den klassischen Vertrieb seines Onlineshops. "Die meisten lassen sich die Ware schicken", sagt er. Über Click & Collect verkaufe er weniger.

Der Schwabmünchner Buchhändler Hans Grünthaler wirbt in den Sozialen Medien für seine Kollegen und ruft Kunden dazu auf, vor Ort einzukaufen: "Buy local ist wahrscheinlich nie wichtiger gewesen als heute."
Click & Collect bringt wenig Umsatz im Kreis Augsburg
Aus Sicht von Andreas Gärtner, Bezirksgeschäftsführer des schwäbischen Handelsverbands, ist die Möglichkeit zu Click & Collect nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Dennoch sei es derzeit das einzige Instrument, das den Einzelhändlern in der Zeit der geschlossenen Läden einigermaßen helfen könne. "Es kommt immer darauf an, um welchen Bereich es geht", sagt Gärtner. Der Buchhandel, Elektrogeschäfte oder auch Möbelhäuser hätten mehr vom Abholgeschäft. Schließlich müssen Bücher oder eine Playstation vor dem Lesen oder Benutzen nicht anprobiert werden. Das kann Günter Müller, Manager von Ikea in Gersthofen, bestätigen. Möbel verkaufen sich jetzt, wenn viele zu Hause bleiben, auch über das Abholgeschäft gut. "Auch wir können nicht den ganzen Verlust auffangen, aber es hilft uns und wird angenommen", sagt Müller.

Anders als im Bereich Mode. "Die Modebranche hat es besonders schwer getroffen", sagt Andreas Gärtner. Jüngstes Beispiel sei die große Modekette Adler, die jüngst Insolvenz anmeldete. Und auch in den übrigen Geschäftsbereichen würden durch das Abholgeschäft nur etwa zehn Prozent des üblichen Umsatzes erreicht, sagt der Chef des schwäbischen Handelsverbands.
Die Beratung läuft jetzt telefonisch
"Das jetzige Geschäft ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein", sagt auch Jörg Michel vom Modegeschäft Stammel und Schöffel in Schwabmünchen. Bei ihm gehen die Bestellungen telefonisch, über E-Mails und über Whatsapp ein. Einen Online-Shop gibt es nicht. Das ist laut Michel aber nicht unbedingt ein Nachteil: "Die Beratung, die die Kunden sonst im Laden kriegen, bekommen sie jetzt telefonisch." Michel ist es wichtig, mit den Kunden in Kontakt zu bleiben. "Sie sind froh, mit uns kommunizieren zu können."
Die Kleidung liefert Stammel und Schöffel auch aus. "So können Kunden mehrere Sachen bestellen und sie auch anprobieren." Wenn etwas nicht passt, schicken sie es zurück. Das Angebot würde insgesamt gut angenommen, sagt Michel und ist froh: "Wenigstens können wir trotz weniger Umsatz ein bisschen was verkaufen."
Deutlich weniger Umsatz macht auch Peter Pfleger, Chef von Spiel und Freizeit in Gersthofen. Er sagt: "Mit Click & Collect können wir nur einen Bruchteil des üblichen Umsatzes erreichen." Pfleger sieht dieses Modell mehr als Service für den Kunden, der seit einigen Wochen wieder vorbeikommen und bestelltes Spielzeug kaufen könne. "Die Resonanz ist riesig", meint Pfleger. Auch wenn sich die finanziellen Verluste des großen Einzelhändlers damit nicht auffangen ließen.

Mit jedem Tag des Lockdowns wächst die Not der Einzelhändler
Aus Sicht der Industrie- und Handelskammer Schwaben (IHK) wächst mit jedem Tag des Lockdowns die Not der Einzelhändler. Es dürfe nicht vergessen werden, dass das Abholgeschäft mit einem erhöhten Organisationsaufwand für den Händler verbunden ist, sagt IHK-Sprecherin Franziska Behrenz: "Zeitfenster müssen koordiniert, eine Abholstelle entsprechend den Vorgaben aufgebaut und eine Rechnung ausgestellt werden. Und das im Zweifelsfall für drei Kugelschreiber." Deshalb sei die finanzielle Unterstützung für viele weiterhin extrem wichtig. Das Problem: Bei vielen kommt diese offenbar nicht oder nur schleppend an.
"Die Zugangshürden zur Unterstützung waren viel zu kompliziert", sagt Andreas Gärtner, Chef des schwäbischen Handelsverbands. Selbst Steuerberater hätten in den vergangenen Monaten nicht mehr durchgeblickt, wie Hilfe zu beantragen ist. Gärtner: "Wie soll das dann der kleine Händler schaffen?" Am Dienstag hatte die Bundesregierung angekündigt, die Finanzspritzen leichter zugänglich zu machen. Außerdem will man dafür sorgen, dass das Geld schneller ankommt. "Das ist jetzt unsere Hoffnung", sagt Gärtner. "Noch ist das Geld bei vielen aber nicht auf dem Konto."
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