
Muss Fleisch teurer werden?

Plus Von der Idee, Fleisch künftig mit 19 Prozent Mehrwertsteuer zu belegen, halten Fachleute aus dem Landkreis wenig. Ihre Gründe sind sehr unterschiedlich.

Jeder ist gegen Tierleid – aber nicht alle möchten dafür zahlen, dass Hühner, Schweine und Kühe qualfrei leben. Tierschützer und einzelne Politiker verschiedener Parteien diskutieren deswegen, die Mehrwertsteuer auf Fleischprodukte anzuheben. Das soll den Fleischkonsum hemmen und die Mehreinnahmen sollen Landwirte dabei unterstützen, ihre Höfe tierfreundlicher zu führen.
Von diesem Vorstoß hält der stellvertretende Kreisobmann des Bauernverbandes Walter Schuler wenig. Wenn das deutsche Fleisch teurer werde, steige der Import von billigem Fleisch aus dem Ausland, sagt der Königsbrunner Landwirt. Bei dessen Produktion schaue niemand auf das Tierwohl. Auch werde durch die Maßnahme der Fleischkonsum kaum zurückgehen.
Maßnahmen für mehr Tierwohl hält Schuler für unnötig: „Den Tieren geht es so gut wie nie zuvor. Derzeit bringen nur einige Einzelfälle die ganze Branche in Verruf.“ Noch vor einigen Jahrzehnten seien in Bayern 90 Prozent der Kühe angebunden gewesen und hätten sich kaum bewegen können. Heute würden 90 Prozent in Laufställen gehalten, die mehr Platz bieten. Das liege daran, dass es immer mehr große Betriebe gebe und ab 50 Kühen die Anbindehaltung verboten ist.
Verbraucher sollen verantwortungsvoller beim Fleischeinkauf sein
Gerade diese großen Betriebe hält Bio-Landwirt Michael Baindl aus Mittelstetten für ein Problem in Sachen Tierwohl. Tierschutz sei dort schwerer umzusetzen als in kleinen Familienbetrieben. Doch vor allem liege die Verantwortung beim Verbraucher: „Es wäre viel gewonnen, wenn die Leute, die zum Beispiel bei ’Rettet die Bienen’ unterschrieben haben, auch regionale Bioware einkaufen würden.“ Ein erhöhter Mehrwertsteuersatz helfe hingegen wenig, ist Baindl überzeugt: „Die Händler werden die Kosten nicht auf die Kunden umlegen, sondern auf die Erzeuger.“
Ernst Lutz, Chef der gleichnamigen Metzgerei in Dinkelscherben, sagt, dass die Landwirte schon jetzt auf das Wohl ihrer Tiere achten – sie seien schließlich ihr Kapital. Wenn er selbst Vieh von den Höfen abhole, finde er gute Zustände vor. Eine Aktion für mehr Tierwohl sei also nicht nötig und der erhöhte Mehrwertsteuersatz würde seiner Meinung nach ohnehin nicht den Tieren zugutekommen: „Das Geld wird eher die Löcher in der Rentenkasse stopfen.“
Ob die zusätzlichen zwölf Prozent Mehrwertsteuer tatsächlich in den Tierschutz fließen, ist unklar
Weniger positiv sieht Simon Karrer, Chefredakteur von Seven Cooks in Gersthofen, die Haltungsbedingungen. Strengere Vorschriften und eine zuverlässige Kennzeichnung der Produkte hält er für eine gute Lösung. Die meisten Dinge ließen sich nur durch Gesetze regeln, sagt er. Von der erhöhten Mehrwertsteuer rät Karrer allerdings ab: „Das Geld landet dann erst einmal beim Staat. Die Pläne für die Verwendung sind noch sehr vage.“ Schlussendlich helfe ohnehin nur eines: Der Fleischkonsum der Deutschen müsse erheblich sinken. Derzeit wären drei Erden für die Ressourcen nötig, wenn alle Menschen so viel Fleisch essen würden. Sein Unternehmen bietet deshalb vor allem vegetarische und vegane Rezepte an.
Ein weiteres Problem spricht Metzgermeister Rainer Naumann aus Bobingen an: „Es gibt bei uns zu wenig Wertschätzung für Lebensmittel. Deshalb werden so viele weggeworfen und deshalb wird auf Qualität auf dem Teller anders als in Frankreich, Italien oder anderswo so wenig geachtet.“ Doch über Steuern lasse sich das nicht lenken. Naumann geht einen anderen Weg. In seinem Betrieb erklärt er Kindergartengruppen, wie zum Beispiel Wienerwürstchen entstehen. Erwachsene können bei ihm zum Fleisch-Sommelier werden. Es geht ihm dabei um den bewussten Umgang mit Lebensmitteln. Zwar seien diese Produkte in Deutschland angesichts der nötigen Herstellungskosten zu billig, doch eine höhere Mehrwertsteuer wäre der falsche Ansatz, sagt Naumann. Aufklärung wäre wichtiger.
Es erschüttere ihn, davon zu hören, wie zum Beispiel Putenhühner aus Ungarn unter schlimmsten Bedingungen zum Schlachten nach Franken verfrachtet werden. Aber Verbraucher müssten wissen: „Bei einem Preis von 2,99 oder 3,99 Euro für ein Kilo Schnitzel kann doch keiner ein nachhaltiges Produkt erwarten.“
Lesen Sie dazu auch unseren Kommentar: Gegen Tiermissbrauch helfen auch höhere Steuern nicht
Die Diskussion ist geschlossen.