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Foto: Jasmin Merdan, stock.adobe.com (Symbolfoto)
Foto: Jasmin Merdan, stock.adobe.com (Symbolfoto)

Wie soll mein Kind heißen? Diese Frage will von den Eltern gut überlegt sein. Vor dem Augsburger Verwaltungsgericht ging es am Dienstag um einen Antrag zur Änderung eines Vornamens.

Kreis Augsburg
12.09.2018

Urteil in kuriosem Namensstreit: Tejay muss Tejay bleiben

Von Michael Lindner

Ein Bub aus dem Kreis Augsburg muss seinen Vornamen behalten – so hat das Verwaltungsgericht entschieden. Warum Kinder „Dschihad“, aber nicht „TJ“ heißen dürfen.

Es ist eine der wichtigsten Entscheidungen fürs Leben. Etwas, das jeden Menschen täglich begleitet: der Vorname. Selbst ausgesucht hat sich seinen Vornamen fast niemand, die Eltern nehmen einem diese Entscheidung ab. Wer „Maximilian“, „Alexander“ oder „Lukas“ heißt, sticht aus der Menge nicht heraus – denn so lauteten 2017 laut der Gesellschaft für deutsche Sprache die drei beliebtesten männlichen Vornamen in Bayern. Eine Frau aus dem Landkreis Augsburg klagte für eine Namensänderung ihres eineinhalbjährigen Sohnes. Doch die Erste Kammer des Verwaltungsgerichts Augsburgs unter Vorsitz von Richter Dr. Nikolaus Müller wies die Klage am Dienstag ab.

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Zum Hintergrund: Aus „Tejay Romeo Myron Jamal Kaiser“* sollte „TJ Romeo Kaiser“ werden – diesen Änderungsantrag stellte die Mutter im November 2017. Das Landratsamt stimmte zwar der Streichung zweier Vornamen zu, der Umbenennung in TJ allerdings nicht. Die Mutter sagte vor Gericht, dass der Vorname Tejay diskriminierend sei, da viele Menschen in Deutschland den Namen nicht richtig aussprechen könnten. Das habe sie in diesem Ausmaß nicht erwartet. Da helfe es auch nichts, dass ein bekannter amerikanischer Radrennfahrer ebenfalls Tejay heißt. Außerdem wollte sie ihren Sohn schon bei der Geburt „TJ-Romeo“ nennen, doch der zuständige Standesbeamte habe ihr das nicht erlaubt.

Richter Müller: Tejay wird nicht unter seinem Namen leiden

Da es in der Familie amerikanische Wurzeln gebe und der Vorname in den USA bekannt sei, wolle sie diesen ändern lassen. Doch um eine Namensänderung durchzusetzen, vor allem für Kinder über einem Jahr, benötigen Eltern gute Gründe. Es reiche nicht aus, dass der Name einem nicht gefalle oder er schwierig auszusprechen sei. Verwaltungsgerichtspräsident Müller sagt, dass er keine „schwerwiegenden Beeinträchtigungen“ oder „massive seelische Belastungen“ für das Kind erkennen könne. Er sei der festen Überzeugung, dass Tejay nicht unter seinem aktuellen Namen leide.

Simone Graßler vom Landratsamt Augsburg erzählt, dass im Landkreis Augsburg jährlich etwa 30 Namensänderungen – egal ob Vor- oder Nachname – genehmigt werden. In Augsburg lassen jährlich zwischen 90 und 120 Menschen ihren Namen ändern, in München waren es 2016 mehr als 150 Personen – hierbei wurde in knapp zwei Drittel der Fälle ein neuer Nachname vergeben. Laut Pressesprecherin Graßler liegt jede Behörde die Kosten für eine Namensänderung entsprechend des Gebührenrahmens selbst fest – so können bis zu 1022 Euro für einen neuen Namen anfallen.

Gandalf, Anakin und Schneewittchen sind als Vornamen erlaubt

In Deutschland gibt es kein Gesetz, das die Zulässigkeit von Vornamen regelt, aber an einem Grundsatz führt kein Weg vorbei: Die Wahl des Vornamens muss sich im Rahmen der allgemeinen Sitte und Ordnung halten und darf das Kindeswohl nicht gefährden, sagt Klaus Holub. Der Vorsitzende des Fachverbands der bayerischen Standesbeamten war viele Jahre lang als solcher in München tätig und kennt die Probleme der Namensgebung und -änderung. Denn welcher Name das Kindeswohl gefährde und welcher nicht, sei Interpretationssache. Im Gegensatz zu früher seien Standesbeamte bei der Genehmigung von Namen deutlich lockerer geworden, sagt Holub. So seien in Deutschland inzwischen Namen wie „Gandalf“, „Anakin“, „Xantippe“ oder „Schneewittchen“ erlaubt.

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Für Aufsehen sorgte vor einigen Jahren der Name „Dschihad“. Der Begriff werde laut einem Berliner Gerichtsurteil zwar von radikalen Islamisten im Sinne eines bewaffneten Kampfes gegen Ungläubige auch mit Mitteln des Terrors verwendet, dennoch sei er nicht anstößig. In der arabischen Welt sei Dschihad ein anerkannter Vorname. Wer sein Kind hingegen „Vespa“, „Schröder“, „Waldmeister“ oder „Lucifer“ nennen möchte, hat weniger Glück. Diese Namen wurden allesamt verweigert. Lucifer stehe beispielsweise als Synonym für den Teufel und personifiziere das Böse – und gefährdet damit das Kindeswohl.

Vater will Kind nach einer Waschmaschine nennen

Holub erinnert sich an einen Fall, als ein Mann seinem Kind den Namen einer Waschmaschine geben wollte. „Das haben wir abgelehnt, der Vater war auch noch Waschmaschinenvertreter“, sagt der ehemalige Standesbeamte. Er rät Eltern dazu, sich genügend Bedenkzeit zu nehmen und mit Verwandten über einen extravaganten Vornamen zu sprechen. Wenn es bereits dort Probleme mit der Schreibweise und der Aussprache gibt, sollte man sich eine Alternative überlegen. „Wenn der Nachwuchs im Kindergarten oder in der Schule gehänselt werde, ist es meist schon zu spät“, sagt Holub.

Lesen Sie hier den Kommentar zum Artikel: Lieber ein langweiliger Vorname als blöde Sprüche

*Name von der Redaktion geändert

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