Falls Deutschland einmal gegen feindliche Raketen verteidigt werden muss, könnte die Region eine wichtige Rolle spielen. Nach Informationen der Allgäuer Rundschau ist die Chance hoch, dass am Fliegerhorst Kaufbeuren der Bundeswehr einer von bundesweit drei Standorten für das Arrow-3-System eingerichtet wird. Die Abfangraketen, die mit dem Radarsystem gekoppelt sind, könnten auf dem Nato-Flugplatz Lechfeld im Landkreis Augsburg stationiert werden. Das hat die Redaktion aus gut unterrichteten Kreisen erfahren.
Aufgabe des Flugabwehrsystem ist es, Mittel- und Langstreckenraketen zu zerstören und auch solche, die mit nuklearen, chemischen oder biologischen Sprengköpfen versehen sind. Wegen der Spannungen mit Russland und „der globalen Raketenaufrüstung“ wolle Deutschland sicherstellen, dass solche Gefahren abgewehrt werden können, heißt es bei der Bundeswehr.
„Sehr gute Karten“ für Kaufbeuren
Kaufbeuren steht auf der Liste möglicher Standorte für das Arrow-System ganz oben und hat „sehr gute Karten“: Das bestätigt Christoph Schmid. Er ist SPD-Bundestagsabgeordneter für den Wahlkreis Donau-Ries und im Verteidigungsausschuss des Bundestags der Berichterstatter für die Belange der Luftwaffe. Welche anderen süddeutschen Standorte noch im Rennen sind, möchte er nicht sagen. Für Kaufbeuren spricht laut Schmid, dass dort bereits die Luftwaffe stationiert ist und dass die Bundeswehr Rückhalt bei den Bewohnern und in der Kommunalpolitik genieße. Der Fliegerhorst würde aus seiner Sicht durch eine Arrow-Stationierung aufgewertet.

Aufbau des System könnte in drei bis vier Jahren starten
Vermutlich noch in diesem Jahr soll die Entscheidung über den Standort fallen, sagt Schmid. Da das Flugabwehrsystem ab dem Jahr 2030 Deutschland schützen soll, würde in den kommenden drei bis vier Jahren mit dem Aufbau des Systems in Kaufbeuren begonnen werden - sollte die Entscheidung für die Region fallen. Das Verteidigungsministerium selbst hält sich bedeckt, was das Thema Arrow-Stationierung angeht. Die potenziellen Standorte in Bayern würden noch überprüft - und zwar in Zusammenarbeit mit der Staatskanzlei. Letztere will sich auf Anfrage auch nicht dazu äußern.
Besteht eine Gefahr für Anwohner?
Würde durch eine Stationierung der Raketenabwehr eine Gefahr entstehen? Etwa weil Feinde das System ausschalten wollen? Das Bundesverteidigungsministerium antwortet: Eine potenzielle Gefährdung militärischer Standorte sei grundsätzlich nicht auszuschließen - unabhängig davon, welche Waffensysteme dort stationiert sind.
Ob eine eventuelle Ansiedlung einer Raketenabwehr ein potenzielles Angriffsziel darstellen kann, vermag Untermeitingens Bürgermeister Simon Schropp nicht zu bewerten. Klar sei aber, dass allein die Liegenschaften der Bundeswehr, der Nato-Ausweichflugplatz und die damit verbundenen Liegenschaften, im Fokus liegen könnten. Schropp dreht die Frage nach einer möglichen Gefährdung weiter: „Gibt eine derartig deutschlandweit gespannte Flugabwehr auch einen Schutz für uns als Gesamtbevölkerung?“. Seine Antwort: „Es bleibt nur zu hoffen, dass keine der Systeme jemals eingesetzt werden müssen. Egal, wo sie stehen. Hinter allen Waffen oder Abwehrraketen stehen Menschen mit ihren Familien und Teile der zivilen Bevölkerung.“
Für Rudolf Schneider, den Bürgermeister von Klosterlechfeld, ist klar: „Wir haben seit 1958 einen militärischen Flugplatz auf dem Lechfeld, der heute als Nato-Flugplatz und Drehscheibe insgesamt eine herausragende Bedeutung besitzt.“ Sein Kollege Schropp sagt: „Dass unser Lechfeld hierbei geografisch und strategisch eine wichtige Rolle spielen kann, zeigt allein ein Blick in die Geschichtsbücher.“ Trotzdem seien sämtliche Aussagen über mögliche Standorte zum jetzigen Zeitpunkt sehr spekulativ und nicht belastbar. Die weltpolitische Sicherheitslage werde die nächsten Wochen und Monate sicherlich mehrere Standortentscheidungen deutschlandweit bedeuten, meint Schropp.
Standort wäre mit Arrow 3 dauerhaft gesichert
Bernhard Pohl (Kaufbeuren), stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler im Bayerischen Landtag, hatte im März 2024 in einem Schreiben an Verteidigungsminister Pistorius Kaufbeuren als Standort für Arrow 3 vorgeschlagen. Dort gebe es eine „hochqualifizierte technische Ausbildung“. So sei der Fliegerhorst „bestens geeignet, einen wesentlichen Beitrag zur Landes- und Bündnisverteidigung zu leisten“, sagte er. Dann wäre der Standort dauerhaft gesichert.
Feindliche Raketen können im Weltall abgefangen werden
Das Arrow-System wurde in Israel und in den USA entwickelt. Nach Angaben der Bundeswehr kann es Raketen und andere Flugkörper in einer Höhe von bis zu 100 Kilometern abfangen, heißt es bei der Bundeswehr. Also dort, wo der Weltraum beginnt. Dadurch werde die Gefahr einer feindlichen Rakete frühzeitig beseitigt. Zudem sinke das Risiko, dass Trümmer oder Sprengstoff in bewohnten Gebieten einschlagen.

Arrow hat eine Reichweite von 2400 Kilometern und könnte somit auch Nachbarländer sichern. Die drei deutschen Standorte sollen Teil der Nato-Luftverteidigung werden, so plant es Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD). Zum Vergleich: Von der Region in die nördlichste deutsche Stadt - Flensburg - sind es Fluglinie etwa 750 Kilometer. Nach Brest im westlichsten Teil Frankreichs sind es 1120 Kilometer und nach Malta südlich von Italien 1370 Kilometer.
Der erste Arrow-Standort ist fast einsatzbereit
Der erste Standort, der mit dem Arrow-System bestückt wurde, ist Holzdorf/Schönewalde zwischen Berlin und Leipzig. Die Luftabwehr wird dort noch dieses Jahr einsatzbereit sein. Ein weiterer Standort soll im Norden Deutschlands, mutmaßlich an der Nordsee, aufgebaut werden. Das System Arrow 3 wird auch in Israel angewendet. Zusätzlich hat das Land das Abwehrsystem Iron Dome. Damit werden beispielsweise Kurzstreckenraketen und Drohnen abgefangen. Arrow 3 kann Mittel- und Langstreckenraketen abfangen, die unter anderem von Russland eingesetzt werden.
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