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Jakob Schöffel ist der neue Chef der Outdoor-Marke

Interview

Eine „Lebensaufgabe“: Mit 26 ist Jakob Schöffel Chef der gleichnamigen Outdoor-Marke

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    Er ist der Neue: Jakob Schöffel hat zum Februar die Geschäftsführung des Schwabmünchner Familienunternehmens übernommen.
    Er ist der Neue: Jakob Schöffel hat zum Februar die Geschäftsführung des Schwabmünchner Familienunternehmens übernommen. Foto: Peter Fastl

    Herzlichen Glückwunsch zur neuen Rolle als geschäftsführender Gesellschafter der Firma Schöffel. Gab es zur offiziellen Übergabe ein Gläschen Champagner zum Frühstück?
    JAKOB SCHÖFFEL: Vielen Dank. Nein, am 1. Februar gab es Müsli. Wie so oft, denn ich bin schon seit etwa einem Jahr vor Ort in der Firma, um mich auf meine zukünftigen Aufgaben vorzubereiten. Das lief allerdings bisher etwas unter dem Radar und wurde nicht groß publik gemacht. Denn ich wollte mir sicher sein, dass ich den Job wirklich will, denn letztlich trete ich eine Lebensaufgabe an. Beim Neujahrsempfang im Januar, als wir die Mitarbeiter über den Generationenwechsel informiert haben, gab es natürlich schon ein Glas Sekt zum Anstoßen.   

    Fühlen Sie sich mit 26 Jahren in dieser herausfordernden Zeit gut gerüstet für diese Lebensaufgabe?
    JAKOB SCHÖFFEL: Ja, ich fühle mich gut gerüstet und ich habe ein ausgesprochen gutes Team an meiner Seite. Ich habe eine sehr gute Ausbildung genießen dürfen, habe in anderen hochrelevanten Branchen Erfahrungen sammeln dürfen und habe eine gewisse Unvoreingenommenheit, die es mir noch erlaubt, dumme Fragen zu stellen, die vielleicht gar nicht so dumm sind. 

    Wann fiel Ihr Entschluss, in die Fußstapfen des Vaters zu treten?
    JAKOB SCHÖFFEL: Das war in etwa in der Zeit rund ums Abitur, das ich in Schwabmünchen gemacht habe. Damals war ich 18 Jahre alt. Aber die Entscheidung hat sicherlich einiges an Zeit benötigt und war noch nicht endgültig. Ich entschied mich schließlich, Betriebswirtschaftslehre zu studieren. Perfekt, um später einmal ein Unternehmen zu leiten. Mit diesem Studiengang wäre es mir aber auch möglich gewesen, in anderen Branchen Fuß zu fassen. Ich habe mir also zunächst noch eine Tür offen gehalten, die nicht ins Familienunternehmen geführt hätte.

    Wie sind Sie mit der Firma großgeworden?
    JAKOB SCHÖFFEL: Ich hatte das Glück, dass mir die Nähe zum Unternehmen Schöffel praktisch in die Wiege gelegt wurde. Meinen ersten Job für Schöffel hatte ich mit sechs Jahren. Damals habe ich auf den Feierlichkeiten zum 200-jährigen Bestehen des Unternehmens die Kinderskikollektion auf dem Laufsteg präsentiert. In meiner Jugend habe ich immer wieder Ferienjobs im Unternehmen gemacht. Während des Studiums bin ich Mitglied im Schöffelbeirat geworden und habe für mich festgestellt, die Aufgaben im Unternehmen sind wahnsinnig spannend. Was ich im Studium auf trockenen Power-Point-Präsentationen lernte, kann ich hier in der Praxis anwenden und es interessiert mich extrem.

    Nach dem Studium ging es für Sie aber nicht direkt nach Schwabmünchen. Wie ging es weiter?
    JAKOB SCHÖFFEL: Ich habe nach dem Studium erst einmal Erfahrungen außerhalb des Familienunternehmens gemacht, habe Ausflüge in die Strategieberatung und Trendforschung unternommen, aber gemerkt, dass das nichts für mich ist. Also habe ich noch den Master in Management in Portugal und Australien draufgesattelt und internationale Erfahrungen gesammelt. Danach habe ich in München gearbeitet. Und eigentlich hatte ich die Zeitspanne noch etwas länger gesehen, in der ich außerhalb des eigenen Unternehmens arbeite. Aber dann hat mein Vater vor etwas mehr als einem Jahr bei mir angerufen. 

    Was haben Sie Ihrem Sohn gesagt?
    PETER SCHÖFFEL: Ich habe ihm gesagt, dass es mit Blick auf meinen Ruhestand jetzt die Chance ist, dass wir einige Zeit gemeinsam arbeiten. Und ich hatte eine spannende Aufgabe für ihn – die Zusammenlegung der Verwaltung unserer drei Markteinheiten Sport, Pro und Tec. Es ist gut angelegte Zeit, gemeinsam ein paar Jahre sprichwörtlich im Maschinenraum des eigenen Unternehmens zu stehen, anstatt später mit viel Fremderfahrung von oben einzufliegen. Zudem stehen nach einigen Krisenjahren herausfordernde Zeiten an. Wir müssen neu denken und da wollte ich ihn dabei haben, speziell zum Thema Digitalisierung.

    Wenn der Vater mit dem Sohne: Seniorchef Peter Schöffel (links) hat an seinen Sohn Jakob übergeben.
    Wenn der Vater mit dem Sohne: Seniorchef Peter Schöffel (links) hat an seinen Sohn Jakob übergeben. Foto: Peter Fastl

    Wie wollen Sie das Unternehmen in die Zukunft führen?
    JAKOB SCHÖFFEL: Ich sehe unsere Kompetenz ganz klar im textilen Bereich, in der Premiumtextilie. Der Fokus auf Textilien steht uns sehr gut an, das machen wir seit mehr als 200 Jahren und da bleiben wir bei unseren Leisten. Meine Aufgabe wird es unter anderem sein, die Bereiche Pro und Tec auszubauen und in eine relevante Größenordnung zu bringen. Mit der Sparte Tec, die auf staatliche Ausschreibungen ausgerichtet ist und so beispielsweise wasser- und feuerfeste Bekleidung für Polizisten und Soldaten herstellt, und der Sparte Pro, die Arbeitskleidung unter anderem für Handwerker macht, stellen wir uns breiter auf. Denn der Outdoorbereich ist sehr konjunkturabhängig. Darüber hinaus werde ich die familiäre Atmosphäre im Unternehmen weiterhin pflegen, sowie mein Vater und Großvater. Da mache ich sicher keine Kehrtwende.  

    Wie würden sie sich privat beschreiben? Party machen oder lieber allein einen Fisch angeln?
    JAKOB SCHÖFFEL: Ich habe früher tatsächlich gerne geangelt. Allerdings hat sich das mittlerweile erledigt. Ich bin seit einigen Jahren Vegetarier. Aber die Liebe zur Natur, die Liebe zum Draußensein, zum Sport und ehrlicherweise auch die Liebe zum Alleinsein ist nach wie vor groß. Ich bin tendenziell ein eher introvertierter Mensch. Wir haben gerade ein wirklich gutes Gespräch, aber Interviews zu geben, ist ebenfalls nicht gerade meine Lieblingsaufgabe, da komme ich ganz nach meinem Opa. Aber das ist eben Teil des neuen Jobs. Und das ist okay.

    Nachhaltigkeit, Work-Live-Balance, New Work, Vier-Tage-Woche: Da sind Begriffe, mit denen Ihre Generation groß geworden ist. Was halten Sie davon?
    JAKOB SCHÖFFEL: Nachhaltigkeit und faire Arbeitsbedingungen sind im Unternehmen schon lange etabliert und mir persönlich auch sehr wichtig. Die billigsten Klamotten unter den schlechtesten Arbeitsbedingungen herzustellen, damit könnte ich mich nicht abfinden. Was die anderen Begriffe angeht, so habe ich schon einen hohen Leistungsanspruch. Es ist sicherlich wichtig, in der schnelllebigen und stressigen Zeit, seine Auszeiten zu haben, dafür steht Schöffel schließlich mit dem Slogan „Ich bin raus“. Aber Leisten und Arbeiten ist ebenfalls wichtig und sollte Spaß machen. Das ist in der aktuellen Situation nicht einfach. Das ist wie beim Fußball, wenn ich jeden Samstag verliere, bleibt der Spaß auf der Strecke, aber wenn sich die Erfolge wieder einstellen, macht es Spaß. Doch die Erfolge sind aktuell in vielen Branchen rar. 

    Wie geht es Schöffel wirtschaftlich?
    PETER SCHÖFFEL: Wir befinden uns immerhin wieder fast auf Vor-Corona-Niveau, bei knapp 100 Millionen Euro Umsatz, Tendenz leicht steigend. Mit dem Lockdown kam damals die erste große Delle, danach kam der Ukraine-Krieg, mit dessen Beginn wir uns aus dem russischen Markt zurückgezogen haben. Inflation, steigende Handelsbeschränkungen und Lieferschwierigkeiten haben uns das Leben ebenfalls schwer gemacht.  

    Sind Sie froh, dass Jakob das Familienunternehmen in die Zukunft führt?
    PETER SCHÖFFEL: Sehr. Wir sind schließlich das älteste Outdoor-Bekleidungsunternehmen der Welt und eines der ältesten familiengeführten Unternehmen in Bayern. Es ist ein epochaler Moment für Schöffel, dass das Unternehmen nach mehr als 220 Jahren die Chance bekommt, weitere 30 Jahre in einer klaren Inhaberstruktur arbeiten zu können. Das gibt auch den rund 200 Mitarbeitern Sicherheit. Aber, und jetzt spreche ich auch für meine Frau Andrea, wir sind vor allem dankbar und demütig, dass uns der Generationenwechsel nicht familiär um die Ohren geflogen ist. Das ist alles andere als selbstverständlich. Ich kenne Familien, die daran zerbrochen sind. Wir haben zwei Kinder. Unsere Tochter Johanna hat sich schon früh entschieden, dass sie die Firma und die damit verbundene unternehmerische Verantwortung nicht übernehmen möchte. Das hat die Entscheidung einfacher gemacht. Dass Jakob diese Aufgabe nun übernimmt, freut uns wirklich. Er hätte ja auch ein Start-Up in den USA gründen können. 

    Zu Ihnen passt der unternehmenseigene Slogan „Ich bin raus.“ jetzt eigentlich gut. Bereits vor einigen Jahren haben sie sich aus dem Tagesgeschäft vermehrt zurückgezogen. Aber eigentlich sind sie doch noch da. Welche Rolle nehmen Sie künftig ein?
    PETER SCHÖFFEL: Ich gebe Ratschläge, wenn es gewünscht ist, und unterstütze. Ich sehe mich als Mentor und Coach für Jakob. Ich mische mich aber definitiv nicht in Entscheidungen ein. Jakob und ich können uns hinter verschlossenen Türen alles sagen und auch diskutieren, aber nach draußen gilt sein Wort und ich stehe hinter seinen Entscheidungen. Ansonsten bin ich schon noch häufig in der Firma, trete aber gleichzeitig etwas kürzer. Ich schlafe morgens etwas länger, lese länger die Zeitung, gehe länger mit dem Hund spazieren, bevor ich arbeite. Das ist Luxus pur. Ansonsten erfreut mein Auge der Anblick meines nur mäßig gefüllten E-Mail-Eingangs am Montagmorgen. Die Mails gehen jetzt fast alle an Jakob. 

    Was bedeutet es für Sie, dass der Vater Sie auf Ihrem Weg noch eine Weile begleitet?
    JAKOB SCHÖFFEL: Ihn an meiner Seite zu haben, ist unheimlich wertvoll, weil er enorm viel Erfahrung mitbringt, die ich in den nächsten 30 Jahren erst sammeln kann. Ich weiß, er möchte mich gut beraten und will für mich nur das Beste, wie das ganze Team. 

    Zum Unternehmen

    Von Socken zur Outdoor-Bekleidung

    Die Anfänge des Hauses Schöffel, das heute zu den ältesten Familienunternehmen Bayerns zählt, liegen im Jahr 1804. Damals im Angebot: Strümpfe, Socken, Nachthauben und schwäbische Zipfelmützen. Der Strumpfhändler Georg Schöffel erhält dafür die Konzession. Schwabmünchen ist in jenen Tagen die Hochburg der Stricker.

    Schon kurz nach der Gründung muss Georg Schöffels Sohn Josef in den Krieg ziehen. Bei den Kämpfen rettet er dem bayerischen Kronprinzen Ludwig das Leben. Die Folge: eine lebenslange Leibrente, die er in seinen Handel mit Strümpfen investiert. Später wird er in Schwabmünchen sesshaft mit dem Textilhandel, der von Generation zu Generation weitergereicht und erweitert wird.

    Nach dem Zweiten Weltkrieg beginnt ein neues Kapitel in der Familiengeschichte: Da Ludwig Schöffel, der designierte Firmenchef, in Russland gefallen ist, übernimmt sein jüngerer Bruder Hubert (1930-2018) seinen Platz. Zunächst setzt der damals 28-Jährige einen ehrgeizigen Plan um: Er lässt ein neues, modernes Bekleidungshaus bauen. 1960 wird es eröffnet und von Ehefrau Lydia, die 1999 stirbt, über Jahrzehnte umsichtig geleitet.

    Hubert Schöffel, Kaufmann in sechster Generation, strebt nach neuen Ufern. 1961, dem Geburtsjahr von Sohn Peter, bleibt eine Lederhosenfabrik in Schwabmünchen auf der Strecke. Hubert Schöffel zögert nicht lange und betritt Neuland. Bereits im September rattern in der Fertigungshalle drei Nähmaschinen. Straßenhosen sind nun das zweite Standbein der Schöffels. Schon bald nähen 40 Mitarbeiter Herren- und Kinderhosen.

    Dann kommt das Wandern in Mode. Hubert Schöffel erkennt den Trend und fasst im Jahr 1967 den Entschluss, in den Bau einer neuen Fabrik zu investieren. Ziel ist die Spezialisierung auf Sportbekleidung. Dieser Entschluss markiert einen Meilenstein in der Geschichte des Unternehmens, denn Hubert Schöffel trifft den Nerv der Zeit und hat Erfolg: Vier Jahre später wird Schöffel Marktführer im Bereich Bundhosen und 1975 ebenso für Anoraks und Wanderbekleidung. Auch die Idee, die Skihose über dem Stiefel zu befestigen, erblickt als Jethose in Schwabmünchen das Licht der Welt.

    Ende der 70er Jahre bestimmen neue Materialien, neue Beschichtungsverfahren und neue Trends die Textilwirtschaft. Auch Hubert Schöffel sucht stets nach Alternativen. Eine heißt „Gore-Tex“, eine wind- und wasserdichte, strapazierfähige Membran. Doch schon 1981 scheint dieses Kapitel beendet, technische Mängel verunsichern Kunden und Hersteller. Nur Schöffel und die Firma Gore setzen gemeinsam eine als richtig erkannte Vision um. Um bei einer bevorstehenden Werbekampagne durch Gore ausreichend Ware bereitstellen zu können, ordert Schöffel Materials für 24.000 Jacken - ohne ein Stück in den Auftragsbüchern zu haben. Der Start erfolgt 1983 zweigleisig: Sport Schuster in München bestellt 70 Berganoraks, Gore schaltet eine ganzseitige Tageszeitungsanzeige. Bereits am Mittag des Erscheinungstages sind alle Anoraks verkauft. In den nächsten Monaten werden es Tausende sein. Der Siegeszug von Gore-Tex und Schöffel hat begonnen. Es folgen Jahre des Booms, die mit dem nächsten Generationenwechsel im Hause Schöffel einhergehen. 1986 steigt Peter Schöffel ins elterliche Unternehmen ein und übernimmt nach Lehrjahren in Marketing und Vertrieb Anfang der 1990er Jahre die Geschäftsleitung.

    In den folgenden Dekaden entwickelt sich Schöffel zur Premiummarke und zu einem der führenden Hersteller funktioneller Ski- und Outdoorbekleidung im deutschsprachigen Raum und spielt auch in weiten Teilen Europas eine maßgebliche Rolle.

    Die Unternehmensgruppe gliedert sich seit 2022 in drei Sparten, Schöffel Sport (Outdoor, Ski, Fahrrad), Schöffel Tec (Funktionsbekleidung für Behörden und Motorradsport) sowie Schöffel Pro (Premium-Arbeitsbekleidung). Schöffel beschäftigt etwa 200 Mitarbeiter.

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