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Essen für Bedürftige: Schwabmünchner Tafel sucht Helfer und unterstützt Familien

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Einen ganzen Blumenkohl gibt es nur für Familien

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    Ein Teil des Dienstags-Teams der Schwabmünchner Tafel.
    Ein Teil des Dienstags-Teams der Schwabmünchner Tafel. Foto: Carmen Janzen

    Die Rente ist zu knapp, das Bürgergeld reicht nicht, alleinerziehend, geflüchtet – die Gründe zur Tafel zu kommen, sind vielfältig. Vor 32 Jahren wurde die erste in Deutschland gegründet – als Provisorium, um Obdachlose zu versorgen. Mittlerweile sind die Tafeln zu einer festen Institution geworden, für Menschen, die ein gewisses Einkommen unterschreiten. Mittlerweile gibt es circa 960 Tafeln im Land und etwa 54.000 Ehrenamtliche, die sich darum kümmern, dass pünktlich alles bereitsteht, wenn die Kunden kommen.

    Gegründet wurde die Schwabmünchner Tafel im Jahr 2001 und ist damit eine der ältesten in Schwaben. Pro Ausgabetag werden etwa 70 Kunden versorgt. Insgesamt besitzen derzeit 176 Personen einen Berechtigungsausweis. Sie versorgen in ihren Haushalten 408 Menschen mit den Lebensmitteln der Tafel, davon 158 Kinder und 45 Rentner. Es gäbe noch mehr Menschen, die die Hilfe der Tafel in Anspruch nehmen dürften. Vor allem Rentnerinnen und Rentner. Doch Peter Wyss, der Leiter der Schwabmünchner Tafel, weiß: "Oft ist es ein falsches Schamgefühl, weshalb die Menschen nicht zu uns kommen."

    Mit dem Beginn des Ukrainekrieges steigen die Zahlen rasant an

    Ein Besuch bei der Schwabmünchner Tafel zeigt, wie viel Aufwand hinter der Organisation steckt. Insgesamt 60 Ehrenamtliche sorgen dafür, dass Kunden zweimal pro Woche Lebensmittel erhalten: dienstags und freitags. Sie packen an, damit andere etwas zu essen haben. Früher war nur einmal pro Woche offen, doch der Ansturm wurde im Jahr 2022 mit den Ukraineflüchtlingen zu groß. „Um niemanden abweisen zu müssen, haben wir die Ausgabe auf zwei Tage pro Woche erhöht und sind dabei geblieben“, sagt Wyss. Damals mussten von Spendengeldern zahlreiche Waren zugekauft werden, da das Angebot zu knapp wurde. Mittlerweile habe sich die Lage wieder entspannt: 248 Ukrainer wurden im Juni 2022 von der Tafel versorgt, das war der Höchststand. Aktuell sind es noch 109.

    Heute ist Dienstag, 15 Uhr. In der Ferdinand-Wagner-Straße hinter dem Caritas-Laden „Klamotte“ herrscht reger Betrieb. Tische werden aufgebaut und Kisten mit Kühlakkus vorbereitet, denn bald kommt der Transporter mit den Waren. Die beiden Fahrer sind schon seit mittags unterwegs. Die Lebensmittel stammen aus zwölf Supermärkten, vier Bäckereien, einer Molkerei und der Augsburger Tafel. Einige Helfer sind schon vorher in den Supermärkten damit beschäftigt, die Waren für die Tafel vorzusortieren und Unbrauchbares auszusortieren. Auch einen Bringdienst bietet die Tafel für bedürftige Menschen an, die nicht mobil sind.

    Kisten stapeln sich bis unters Fahrzeugdach

    Dann rollt er an, der große Transporter, die Türen gehen auf, die Kisten stapeln sich bis unters Fahrzeugdach. „Heute scheint ein guter Tag zu sein“, sagt Peter Wyss. Er notiert alles auf Listen und behält den Überblick: Welcher Supermarkt hat wie viele Kisten gespendet, welche Helfer sind im Einsatz, welche Kunden dürfen heute zum Einkaufen kommen. So ist es wenig verwunderlich, dass er genaue Zahlen parat hat: Im Jahr 2024 bekam die Tafel Schwabmünchen zum Beispiel 9683 Kisten gespendet, das sind etwa 121 Tonnen Lebensmittel.

    Kaum hat der Transporter die Hofeinfahrt erreicht, stehen viele Helfer parat, um auszuladen. In den Räumen der Tafel gibt es unterschiedliche Abteilungen, wie im Supermarkt. Vorne am Eingang nach der Einlasskontrolle stehen Wurst, Käse, Eier und Milchprodukte, hinten rechts sind die Kisten mit Gemüse, hinten links gibt es Obst und daneben Backwaren. Die Kisten müssen sortiert werden, Wurst und Milchprodukte kommen in die Kühlkisten. Rolf Tiedemann koordiniert die Helfer und behält den Überblick. Er ist der Teamleiter der Dienstagsschicht und wird später in der Gemüseabteilung die Waren an die Kunden verteilen.

    In den Kisten liegt alles Mögliche: Milchshakes, Garnelen in Knoblauchsoße, Bio-Kräuterquark, Marken-Joghurt, Austernpilze, französischer Weichkäse, spanischer Serrano-Schinken, grüner Spargel und vieles mehr. Ein Tante-Emma-Laden auf dem Dorf könnte neidisch werden, ob des Angebots. Wyss‘ Stellvertreter Hubert Pfandzelt weiß, dass das Sortiment durchaus vielseitig ist und manchmal auch erstaunlich: „Ich habe hier schon Produkte kennengelernt, die ich vorher noch nie gesehen habe. Eine japanische Wollmispel, zum Beispiel. Das ist ein Obst, aber ich musste erst mal googeln, worum es sich handelt.“

    Das Angebot in der Milchprodukt-Abteilung ist reichhaltig.
    Das Angebot in der Milchprodukt-Abteilung ist reichhaltig. Foto: Carmen Janzen

    Die fleißigen Helfer haben alles im Nu sortiert und verräumt. Einige Männer aus der SKM-Wärmestube packen mit an. Zweimal die Woche, freiwillig. Sie sind gleichzeitig Helfer und Kunden. Vor dem Caritaszentrum tummeln sich mittlerweile viele Menschen jeglichen Alters. Sie warten auf Einlass. Einige haben Kinder dabei. Um etwas Ordnung in den Ablauf zu bringen, bekommen die Wartenden farblich sortierte Einlasskarten. Wer zuerst drankommt, hat Glück, denn dann ist die Auswahl noch groß.

    Die erste Station der Kunden ist Tiedemanns Ehefrau Hanni. Sie sitzt am Eingang, versorgt erst einmal jedes Kind mit einem Schokoriegel und kontrolliert dann die Berechtigungsscheine. Denn zur Tafel darf nur, wer nachgewiesenermaßen bedürftig ist. Gut 60 Personen dürfen heute bei der Tafel vor Ort einkaufen, acht werden beliefert. Auf jedem Schein steht vermerkt, für wie viele Personen der Kunde berechtigt ist, Lebensmittel zu erhalten. Davon hängt wiederum ab, wie viel Ware die Kunden in den Abteilungen bekommen. „Einen ganzen Blumenkohl bekommt nur ein Mehrpersonenhaushalt“, erklärt Teamleiter Tiedemann. Ähnlich verhält es sich in der Backwaren-Abteilung gegenüber, bei seiner Tochter Silke Ziegler. Ein großes Brot für einen Single ist nicht drin. Stattdessen dürfen sich Einzelpersonen ein kleines Brot oder mehrere Semmeln und Brezen aussuchen. Dort gibt es auch Gebäck und Kuchen, beides ist heiß begehrt, weil es beim Bäcker recht teuer ist. Und so klappert Kunde für Kunde jede Abteilung ab. Die einen sind forsch fordernd, wollen unbedingt noch eine zweite Gurke, die anderen sind demütig dankbar, wenn sie eine Extra-Brezel bekommen. Harte Regeln, wer wie viel bekommt, gibt es nicht. Die Ehrenamtlichen entscheiden selbst – meist sehr wohlwollend, aber mit Augenmaß. „Wir kennen die meisten unserer Kunden und können den Bedarf einschätzen“, sagt Silke Ziegler.

    Nach gut zwei Stunden ist der Trubel vorbei, der letzte Kunde verlässt die Räume der Tafel und die meisten Kisten sind leer. Was jetzt noch an verderblichen Lebensmitteln da ist, wird sofort von anderen Hilfsorganisationen abgeholt. Haltbares kommt ins Lager und steht am Freitag wieder zum Mitnehmen für die Kunden bereit. Das Dienstagsteam räumt bis nach 19 Uhr auf und dann ist Feierabend. Ein anstrengendes Ehrenamt. „Aber es ist sinnstiftend“, sagt Tafel-Vize-Chef Hubert Pfandzelt, der extra jedes Mal von Mering nach Schwabmünchen fährt, um zu helfen. Ein anderer Ehrenamtlicher sagt: „Ich war selbst einmal in der Situation, zur Tafel gehen zu müssen. Jetzt möchte ich etwas zurückgeben.“

    Obwohl das komplette Helferteam in Schwabmünchen aus rund 60 Personen besteht, sucht die Tafel weitere Ehrenamtliche vor allem im Fahrdienst oder zum Vorsortieren im Supermarkt. Wer Interesse hat, kann sich per Mail unter tafel.smue@caritas-schwabmuenchen.de melden.

    Wer darf zur Tafel?

    Berechtigt sind alle einkommensschwachen Haushalte, also Personen, die folgende Leistungen erhalten und einen gültigen Bescheid vorlegen: Bürgergeld, Sozialhilfe, Grundsicherung, Wohngeld oder Kinderzuschlag. Ebenso Asylbewerber und Flüchtlinge. Berechtigt sind auch Personen mit einem geringen Nettoeinkommen oder einer geringen Rente. Die Grenzen:

    • Einzelpersonenhaushalt: bis 1500 Euro
    • Zweipersonenhaushalt: bis 2060 Euro
    • Dreipersonenhaushalt: bis 2370 Euro
    • Vierpersonenhaushalt: bis 2680 Euro
    • Fünfpersonenhaushalt: bis 3000 Euro
    • ab sechs Personen: bis 3310 Euro.
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