Die Jugendfreizeitstätte Matrix in Königsbrunn ist gerade für männliche Jugendliche ein unkomplizierter offener Treff. Das soll sie auch für weibliche Jugendliche sein. Die Hemmschwelle ist für sie oft größer. Sie kämpfen in der Pubertät oft mit ganz anderen Dingen als Jungs. Das kennt Leonie Spieß nur zu gut. „Ich hätte mir in meiner Jugend ein Mädchenzimmer, also einen Ort der Ruhe, aber auch des Austausches gewünscht.“
Die Augsburgerin ist seit eineinhalb Jahren neben ihrem Studium zur Sozialarbeiterin im Matrix pädagogische Mitarbeiterin. Im kommenden Monat hat sie offiziell ihren Abschluss in der Tasche und wird mit 19,5 Wochenstunden künftig das Matrix-Team verstärken. Mädchenarbeit ist für Spieß nicht nur Teil der Jugendsozialarbeit, sondern auch Herzenssache. Diese Säule ihrer Arbeit beinhaltet Freizeit-, Bildungs- und Beratungsarbeit mit pädagogischer Unterstützung. Die Aufmerksamkeit und Angebote richten sich dabei gezielt an die Belange von Mädchen und jungen Frauen. Als Macherin und mit ihrer fröhlichen Art, Offenheit und klaren Kommunikation findet Spieß rasch Zugang zu Menschen. Gemeinsam mit ein paar Mädchen hat sie kurzerhand in der Matrix aus einem Abstellraum eine Wohlfühloase geschaffen – das Mädchenzimmer. Die jungsfreie Zone ist mehr als nur Rückzugsort.
Das passiert im Mädchenzimmer in Königsbrunn
Es ist ein geschützter Treffpunkt, Kreativwerkstatt und Gesprächsraum zugleich. Hier wird gebastelt, gemalt, getanzt und geredet - über Freundschaft, Körpergefühl oder den ersten Besuch beim Frauenarzt. Auch Identitätsfragen und Themen wie Rivalität, physische und psychische digitale Gewalt kommen zur Sprache. Hier heißt es: Selbstwert stärken und gegenseitige positive Wertschätzung sowie soziale Kompetenzen fördern.
Den offenen Gesprächskreis nennen die Jugendlichen liebevoll „Heulkreis“. „Hier ist ein Ort, an dem ich nicht allein bin mit meinen Problemen“, sagen sie. Sie erleben die positive Kraft von Gemeinschaft, unterstützen sich gegenseitig und schließen Freundschaften. Begeistert erzählen sie über ihr selbst erstelltes Moodboard, ein Motivations- oder Stimmungsboard, visuell dargestellt mit Bildern oder Texten zu Zielen und Freunden. Spezielle Aktiv-Angebote gibt es immer donnerstags, angekündigt über Instagram. Die unterschiedlichen Aktionen sprechen auch Doreen (14 Jahre alt) aus Bobingen an. „Ich kann hier den Alltag vergessen, die gemütliche Musik genießen und einfach ich selbst sein.“
Das Mädchenzimmer ist jederzeit geöffnet
Für die Vermittlung eines gesunden Körpergefühls stehen auch Beauty-Wohlfühlangebote auf dem Programm. Wichtig ist, der Raum ist jederzeit geöffnet, auch wenn gerade keine Aktionen stattfinden. Weibliche Jugendliche, denen der normale Betrieb in der Matrix zu laut oder unruhig ist, finden hier einen Rückzugsort. Der anfängliche Frust der Jungs über das Mädchenzimmer hat sich in volle Akzeptanz gewandelt. Einige Mädchen kommen inzwischen fast täglich. Die 15-jährige Ellie liebt es, mit Menschen zu reden, genießt die Zeit auch mal nur unter Mädchen zu sein, kommt meist zum Zeitvertreib, denn zu Hause würde sie nur allein am iPad hängen, erzählt sie. „Ich möchte die Mädchen unterstützen, das Labyrinth der Pubertät mit einer helfenden Hand zu durchqueren“, erzählt Spieß. „Sie sollen positiv gestärkt nach Hause gehen und ihr Selbstbild stabilisieren“, sagt sie weiter. Fest im Team sind auch Melanie Hagen und Mija Cvetkovic. Die beiden 18-Jährigen absolvieren ihr Freiwilliges Soziales Jahr im Jugendzentrum. Unterstützung und Ideen trug auch Semesterpraktikantin Sarah Bakare (25) bei, die inzwischen ihr Studium in Hamburg fortführt.
Um kommentieren zu können, müssen Sie angemeldet sein.
Registrieren sie sichSie haben ein Konto? Hier anmelden