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Eisbaden als Leidenschaft: Wie ein Rentnerpaar den Winter genießt

Mittelneufnach

Rentnerpaar im Eis: Ihr kaltes Hobby im Schnerzhofener Weiher

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    Udo Leusmann und Gudrun Staudinger beim Eisbaden im Schnerzhofener Weiher.
    Udo Leusmann und Gudrun Staudinger beim Eisbaden im Schnerzhofener Weiher. Foto: Udo Leusmann

    Zwei Polarfüchse machen den Schnerzhofener Weiher in Markt Wald unsicher. Nicht aber die Tiere, sondern ein Paar aus Mittelneufnach, das sich wegen ihrer Liebe zum Eisbaden den Namen Mittelneufnacher Polarfüchse gegeben hat. Gudrun Staudinger und Udo Leusmann tauchen seit zwei Jahren in das Eis des Weihers. „Man wird süchtig und kann nicht mehr davon ablassen“, sagt der 77-Jährige. Wie das Paar zum Eisbaden gekommen ist und was es zu beachten gibt, soll aber seine Frau berichten. „Sie kann das viel besser erzählen als ich. Da kommt die Begeisterung so richtig durch.“

    Beim Eisbaden trägt das Paar immer  Neoprenhandschuhe, Neoporensocken und eine Kopfbedeckung.
    Beim Eisbaden trägt das Paar immer  Neoprenhandschuhe, Neoporensocken und eine Kopfbedeckung. Foto: Udo Leusmann

    Beide lieben das Wasser, erzählt Gudrun Staudinger. Sie vor zehn Jahren heirateten, begannen sie die Weiher in der Region zu erkunden. Nach und nach entstand die Idee, die Wasseroasen ganzjährig zu nutzen. Sie betont, wie wichtig es ihr sei, dass ihr Mann ihre Leidenschaft teile. Es gebe so viele „Männer-Muffel“, die das nie tun würden. „Aber mein Mann greift alles sofort auf und macht daraus dann etwas Tolles“, schwärmt sie. Als das Paar vom Eisbaden hörte und mit dem Gedanken spielte, es selbst auszuprobieren, schritt er gleich zur Tat. „Wir brauchen eine Ausrüstung“, soll er gesagt haben. Bevor sich die beiden ins Wasser wagten, haben sie sich informiert: „Alles, was wir darüber lesen können, wird konsumiert.“

    Vor dem ersten Eisbaden sollte man mit einem Arzt sprechen

    Unbedingt solle man zuerst ein „ärztliches-Okay“ einholen, man wisse ja nie, „was im Inneren schlummert“, sagt die ehemalige Krankenschwester und Pflegepädagogin. Außerdem sei das richtige Vorgehen entscheidend. Aktuell ist das Wasser gefroren: „Im Schnerzhofener Weiher hat das Eis derzeit vier bis fünf Zentimeter.“ Deshalb brauche man Werkzeug, um das Eis zu öffnen. „Mein Mann haut vom Steg das Loch ins Eis, damit man die Leiter runterklettern kann und dann noch ein ordentliches Stück, um sich im Wasser aufzuhalten.“

    Mit einem Gartenwerkzeug schlägt Udo Leusmann ein Loch ins Eis.
    Mit einem Gartenwerkzeug schlägt Udo Leusmann ein Loch ins Eis. Foto: Gudrun Staudinger

    Dann muss die Temperatur des Wassers gemessen werden. Aktuell seien es zwischen zwei und vier Grad. Ihre Faustregel lautet: So viel Grad, wie das Wasser hat, so viele Minuten bleibt man drin. Außerdem muss die Badekleidung passen. Sie haben immer Neoprenhandschuhe, Neoprensocken und eine Kopfbedeckung an. „Dass man die Extremitäten vor Kälte schützt“, erklärt Staudinger. „Diese können leicht erfrieren, denn der Körper hat die Eigenschaft, aus der Peripherie das Blut zurückzuziehen.“ Sie warnt, dass man nie alleine Eisbaden gehen dürfe: „Mindestens zu zweit.“ Immer nur eine Person sollte ins Wasser gehen. Trotz guter Vorbereitung könnten gesundheitliche Komplikationen auftreten.

    Der Körper muss sich langsam an die Temperatur des Wassers gewöhnen

    Wenn man dann in das Eiswasser gehe, müsse man sehr langsam über die Leiter oder vom Ufer einsteigen, sagt sie: „Es ist wichtig, dass man sich akklimatisiert, der Körper muss sich daran gewöhnen.“ Außerdem solle man sich auf die Ausatmung konzentrieren oder vor dem Badegang Atemübungen machen. „Das beruhigt den Körper und es ist wichtig, dass man ruhig ist.“ Erst dann könne man vorsichtig untertauchen. Nach dem Ausstieg sollte man schnell die Badesachen ablegen und sich ins Handtuch wickeln. „Dann bewege ich mich, schlenker meine Arme und hüpfe in der Gegend herum“, erzählt sie. „Wir haben Ingwertee in einer Thermoskanne dabei, dass man von innen raus gewärmt wird.“

    Dass beim Eisbaden Risiken bestehen, betont auch Thomas Haugg der Kreisgeschäftsführer des Bayerischen Roten Kreuzes im Landkreis Augsburg: „Die Kälte geht auf den Kreislauf.“ In den Armen und Beinen sammle sich das kalte Blut. „Wenn ich dann wieder in die Wärme komme oder bewegt werde, kommt das kalte Schalenblut – so heißt es im Fachjargon – und wird in den Körperkern gepumpt.“ Das führe zu einer verstärkten Unterkühlung. Deshalb befürwortet er die Neopren-Schutzkleidung des Eisbader-Pärchens. „Eisbaden regt den Kreislauf an und ist sicher nicht ungesund. Übertreiben sollte man es aber bitte nicht“, rät Haugg. „Und wenn man kreislauftechnisch angeschlagen ist, sollte man Abstand davon nehmen.“ Um sicherzugehen, sollte man sich ärztlich beraten lassen. Einen Einsatz des BRK habe es aber in der Gegend wegen Eisbadens bisher nicht gegeben.

    Die Faustregel bei der Dauer des Eisbadens lautet: So viel Grad, wie das Wasser hat, so viele Minuten bleibt man drin. 
    Die Faustregel bei der Dauer des Eisbadens lautet: So viel Grad, wie das Wasser hat, so viele Minuten bleibt man drin.  Foto: Gudrun Staudinger

    Das Paar hat einerseits wegen der Gesundheit mit dem Eisbaden begonnen. Das kalte Wasser soll das Immunsystem ankurbeln. „Wir waren seither nie mehr krank“, erklärt die 79-Jährige stolz. Auch bei Gelenkschmerzen soll die Kälte helfen. Andererseits tun sie es auch für den „Kick“. Nach einiger Zeit im Wasser kribble und prickle es am ganzen Körper, meint sie. Den eigenen Körper nehme man im normalen Leben sonst nicht so bewusst wahr. Außerdem werden durch die Kälte Glückshormone und Adrenalin ausgeschüttet. „Der Cocktail führt dazu, dass man sich toll fühlt.“

    Kälte genießen die beiden aber nicht nur im Weiher. Jeden Tag würden beide eine Frischlufttherapie machen „Da gehen wir nackig in unseren Garten“, kichert sie. Aber das Paar hat auch seine Grenzen: Kalt duschen geht den beiden Eisbadern dann doch zu weit.

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