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Nach der Flut: Pflichtversicherung soll kommen

Hochwasser 2024

Ein Jahr nach der Flutkatastrophe: Koalition plant Pflichtschutz für Gebäude

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    Die im Juni 2024 überschwemmte bayerische Ortschaft Reichertshofen. Nur die Hälfte der deutschen Wohngebäude ist gegen Elementarschäden versichert, die neue Bundesregierung will daher eine Pflichtversicherung einführen.
    Die im Juni 2024 überschwemmte bayerische Ortschaft Reichertshofen. Nur die Hälfte der deutschen Wohngebäude ist gegen Elementarschäden versichert, die neue Bundesregierung will daher eine Pflichtversicherung einführen. Foto: Sven Hoppe, dpa

    Ein Jahr nach der Juni-Hochwasserkatastrophe in Süddeutschland kündigt die Bundesregierung eine neue Versicherungspflicht für Wohngebäude an. „Wir brauchen eine bessere Absicherung vor Naturkatastrophen, dazu gehört auch ein breiter Versicherungsschutz gegen Elementarschäden“, sagte die neue Justiz- und Verbraucherministerin Stefanie Hubig unserer Redaktion.

    „Die Folgen von Hochwasser und Starkregen sind oft ein Albtraum für die Betroffenen“, betonte die SPD-Politikerin. „Vor einem Jahr hat es weite Teile von Bayern und Baden-Württemberg heftig getroffen: Die Bilder von den Hochwassern im Juni 2024 haben sich uns eingebrannt“, sagte Hubig. „Der Klimawandel macht solche Extremwetterereignisse wahrscheinlicher und heftiger“, fügte sie hinzu. „Im Koalitionsvertrag haben wir deshalb vereinbart, den Versicherungsschutz gegen Elementarschäden auszuweiten.“

    Hochwasser in Dirlewang
Hochwasser Juni 2024 in Dirlewang
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    Ende Mai und Anfang Juni 2024 erlebte Bayern eine Hochwasserkatastrophe – besonders Schwaben und das angrenzende Oberbayern traf es mit voller Wucht. Hier haben wir die eindrücklichsten Bilder gesammelt.

    Offen ist, ob Privatbesitzer auf den Versicherungsschutz verzichten können

    Den Koalitionsplänen zufolge gilt die Pflicht zunächst für die Versicherungswirtschaft: Bei Neuverträgen sollen Wohngebäudeversicherungen nur noch mit Elementarschadenabsicherung angeboten werden und im Bestandsgeschäft sollen sämtliche Wohngebäudeversicherungen zu einem Stichtag um eine Elementarversicherung erweitert werden. Eine staatliche Rückversicherung soll die Kostenrisiken für die privaten Versicherungsunternehmen und die Prämien für Hausbesitzer im Griff halten. Offen ist noch, ob Privatbesitzer unter bestimmten Voraussetzungen auf den Versicherungsschutz verzichten können.

    „Das Vorhaben ist anspruchsvoll“, sagte Ministerin Hubig. „Weder die Hauseigentümerinnen und Hauseigentümer noch die Mieterinnen und Mieter dürfen finanziell überfordert werden, aber Nichtstun ist keine Option“, betonte sie. „Noch in dieser Wahlperiode wollen wir handeln: mit einem Gesetz, das schützt, vorsorgt und solidarisch absichert“, kündigte die Justizministerin an. „Der Klimawandel schreitet voran, ohne besseren Versicherungsschutz wird es in Zukunft nicht gehen.“ Bislang komme oft der Staat mit Steuergeld zu Hilfe, wenn das Wetter ganze Landstriche verwüste. „Hilfe für die Betroffenen darf aber nicht von Ad-hoc-Entscheidungen der Politik abhängen“, so Hubig.

    54 Prozent verfügen über eine Elementarschadenversicherung

    Bundesweit verfügen 54 Prozent über eine Elementarschadenversicherung, wie aus Daten des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) hervorgeht. In Bayern liegt die Quote mit 47 Prozent noch niedriger, in Baden-Württemberg, wo jahrzehntelang eine Versicherungspflicht galt, sind es 94 Prozent. Das Problem ist: Vor allem in Risikogebieten, wo die Gefahr für Hochwasser groß ist, sind die Aufschläge nach dem bisherigen Modell immens. Das Vergleichsportal Check24 hat errechnet, dass die Kosten, je nach Lage, für ein Einfamilienhaus ohne Keller um bis zu 1600 Euro im Jahr steigen könnten.

    „Eine Pflichtversicherung verhindert keine Wetterextreme“, sagt Anja Käfer-Rohrbach, stellvertretende GDV-Hauptgeschäftsführerin. Der Verband befürwortet den Vorschlag der Bundesregierung, allerdings komme es auf die Ausgestaltung an. „Unser gemeinsames Ziel muss es sein, bezahlbaren Versicherungsschutz für alle Hausbesitzenden langfristig zu sichern.“ Zudem müsse es ein gesetzliches Bauverbot in Überschwemmungsgebieten geben. Sonst kämen zu den bestehenden, enormen Risiken weitere dazu.

    Die Hochwasserkatastrophe von Anfang Juni 2024 traf viele Orte an kleineren Flüssen und Bächen und richtete in Süddeutschland Schäden in Höhe von 4,1 Milliarden Euro an. Davon war nach Angaben der Versicherungswirtschaft die Hälfte nicht versichert.

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    7 Kommentare
    Johannes Decker

    Vor die Politik nach einer Pflichtversicherung schreit, sollte erstmal dafür gesorgt werden, dass wenigstens die bestehenden Dämme und Deiche so instandgehalten werden, dass sie einem Hochwasser wie letztes Jahr trotzen können. Zusum und Hamlar bei uns im LK sind nicht überflutet worden, weil die HQ100 Marke überschritten wurde, sondern weil an den Hochwasserschutzanlagen 30 Jahre nichts mehr gemacht wurde. Obwohl man wusste, dass es irgendwann kommen musste. Und Auchsesheim ist auch nur wegen des Engagements der Einwohner und Hunderter Helfer trocken geblieben. Höhere Stellen haben den Ort schon am 2. Hochwassertag aufgegeben und wollten die Menschen evakuieren. Hier könnte Herr Söder endlich zeigen, dass er auch etwas anderes kann, als nur Volksfeste eröffnen.

    Gabriele Schuster

    Hier in Frankreich muss jede Immobilie versichert sein, auch gegen Elementarschäden. So entsteht eine hohe Versicherungsdichte, was die Kosten für den Einzelnen überschaubar macht

    Felix Strobel

    Wie wäre es mal damit, dass die Koalition Dinge vereinbart um solche Katastrophen nicht noch schlimmer zu machen. Klimaschutzmaßnahmen z.B. Nene, lieber die Bürger*Innen selber machen lassen.

    Martin Kappelmaier

    Durch Tarife mit einer Selbstbeteiligung lassen sich die Prämien deutlich senken. Wer glaubt, in einer sicheren Gegend zu wohnen, sollte Tarife mit bis zu 20.000€ oder auch mehr Selbstbeteiligung angeboten bekommen. Dadurch würde dann niemand mehr in seiner Existenz bedroht. Die Vollkaskoversicherung für zwei Autos lassen sich viele auch gerne 1.500€ im Jahr kosten. Bei einem Bruchteil des Wertes eines Hauses …

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    Peter Zimmermann

    Das Problem dabei ist, dass für bestimmte Gebiete gar keine Versicherungen mehr angeboten werden, zu großes Risiko. Diese Risiken werden allerdings auch zunehmen und weitere Bereiche erfassen

    Johannes Decker

    Der Vorschlag ist an sich nicht schlecht, aber dadurch zahlen Menschen in sicheren Gebieten nur relativ wenig in die Versicherung ein. In Hochrisikogebieten wird die Versicherung immer noch sehr teuer sein.

    Martin Kappelmaier

    Das ist bei der Autovollkasko aber genauso: Manche müssen da das 3-5 - fache für das gleiche Auto bezahlen. Stört auch niemanden 🤔 Und bei den Regionalklassen werden ganze Landkreise gleich bewertet …

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