Ein Projekt gegen die Wegwerfgesellschaft
Das Repair-Café in Wertingen zeigt, wie das mit der Nachhaltigkeit geht. Hier werden defekte Geräte auf freiwilliger Spendenbasis repariert.
Es ist 14.30 Uhr und die Türen des Jugendhauses haben seit einer halben Stunde geöffnet. Bereits jetzt hat sich eine Menschenschlange gebildet. Jung und Alt haben ihre technischen, defekten Geräte mitgebracht, um sie auf freiwilliger Spendenbasis reparieren zu lassen.
Darunter auch Gerhard Burkard. Der Schalter seiner Dekupiersäge, einer elektrischen Laubsäge, funktioniert nicht mehr und soll hier repariert werden. „Eine tolle Sache“, sagt er schwärmend. Gerhard Burkard hat in der Zeitung vom Repair-Café hier in Wertingen gelesen und ist begeistert.
Warten ist nicht schlimm
Wegen der vielen Besucher dauert es ein bisschen, bis man an der Reihe ist. Das ist aber nicht schlimm. Für die Wartenden oder auch für diejenigen, die nur einen Kaffee genießen möchten, stehen selbst gebackene Kuchen und Kaffee bereit – auch auf Spendenbasis.
Thomas Buberl, der sich ehrenamtlich für das Jugendhaus engagiert, holt noch zwei Tische und mehrere Stühle, damit jeder einen Platz findet.
Joachim Keil und Tobias Kolb eröffnen Repair-Café
Ende Mai 2017 wurde das Repair-Café von Joachim Keil, Geschäftsführer des Mehrgenerationenhauses, und Tobias Kolb, Stadtjugendpfleger in Wertingen, ins Leben gerufen. Feststehende Termine gibt es nicht, allerdings hat sich ein zweimonatlicher Rhythmus herauskristallisiert und bewährt.
„Bereits bei der Eröffnung waren viele Menschen gekommen und wir hatten ein hohes Feedback“, so Joachim Keil, der gerade dabei ist, ein Radio auseinander zu schrauben. „Damals war auch ein Mitarbeiter des Radiomuseums hier und hatte ein altes Tonband mitgebracht. Man lernt selbst so vieles dazu und ist mit den unterschiedlichsten Sachen konfrontiert“, berichtet er.
Rohstoffe erhalten
Joachim Keil hat schon immer gern gebastelt und geschraubt. Wie er auf die Idee kam, ein Repair-Café in Wertingen zu eröffnen? „Im Fernsehen habe ich immer wieder mal davon gehört und in einer Zeitschrift einen Bericht darüber gelesen. Ich wollte unbedingt so ein Café aufmachen. Ich finde es unmöglich, defekte Geräte gleich wegzuwerfen und sich neue zu kaufen. Mit dem Repair-Café möchten wir Menschen einen Anreiz geben, Rohstoffe zu erhalten. Manchmal ist das Gerät gar nicht kaputt, sondern es liegt an Bedienfehlern der Nutzer. Dann zeigen wir ihnen, wie’s geht“, erzählt Keil.
Werkzeug dank Spenden
Von der Idee bis zur Gründung hat es nur kurze Zeit gedauert. Tobias Kolb war sofort Feuer und Flamme und innerhalb von drei Monaten hatten die Tore geöffnet. Erst einmal hatte Joachim Keil sein eigenes Werkzeug mitgebracht. Durch die Spenden konnten nun nach und nach Werkzeug, Lötgeräte und Arbeitsmatten gekauft werden. „Wir versuchen, einfach alles zu reparieren.
Allerdings gibt es immer Wissens- und Erfahrungsgrenzen. Beispielsweise konnte ich die defekte Mechanik eines Plattenspielers nicht wieder instandsetzen“, erzählt Keil, Experte für Handys, Laptops und Akkus.
Feste Expertengruppe
Das Repair-Café hat eine feste Expertengruppe von fünf bis zehn Personen, „aber gerne mehr!“, sagt Keil lachend. Die Vorteile für die Besucher, wie auch für die Experten, sieht er im Erfahrungs- und Wissensaustausch, Geld sparen und natürlich im Umweltschutz. Auf die Frage, ob er ein Visionär ist und wo er das Café in zehn Jahren sieht, antwortet der begeisterte Initiator: „Gerne und das Repair-Café sehe ich noch an derselben Stelle wie heute, immer noch erfolgreich. Unser Projekt ist sinnhaft und die Idee soll weitergetragen werden.“
„Wir brauchen den Mut, größer zu denken“
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