Angriff auf den Mannschaftsbus
Im Vorfeld des argentinischen Cup-Endspiels eskaliert die Gewalt. Spieler werden verletzt, die Polizei ist machtlos
Die zerborstenen Scheiben des Mannschaftsbusses der Boca Juniors sind das jüngste Sinnbild für das größte Problem des argentinischen Fußballs. Der Skandal um die Hooligan-Gewalt von Buenos Aires und die Farce um die Verschiebung des Endspiels um die Copa Libertadores werfen ein Schlaglicht auf das Versagen von Verbänden, Sicherheitskräften und Politik. Am Dienstag muss Südamerikas Dach-Organisation Conmebol nun zunächst entscheiden, ob und wann das Final-Rückspiel zwischen den tief verfeindeten Rivalen River Plate und Boca Juniors nachgeholt wird.
2000 Sicherheitsleute hatten am Samstag offenbar nicht gereicht, um die unversehrte Ankunft des Boca-Teams zur Partie zu gewährleisten. Steine und andere Gegenstände prasselten auf den Bus, einige Profis erlitten Schnittwunden. Im Nebel von Pfefferspray und Tränengas fiel der Boca-Fahrer in Ohnmacht, ein Funktionär steuerte den Bus die letzten 200 Meter bis zum Stadion. Spieler klagten über Übelkeit.
Es folgten heftige Debatten zwischen den Klubs und den an TV-Verträge gebundenen Organisatoren über die Austragung des Spiels. Erst nach Stunden folgte am Samstag die Verlegung auf Sonntag. Am Tag darauf begannen die Diskussionen aufs Neue. Geht es nach der Boca-Spitze, wird River Plate für die Krawalle am Grünen Tisch bestraft und Boca nach dem 2:2 im Hinspiel kampflos zum Copa-Sieger.
Eher wahrscheinlich aber ist, dass das Rückspiel nachgeholt wird. Als Termin ist der 8. Dezember im Gespräch. Vorher ist eine Neuansetzung nicht möglich. Am 30. November und 1. Dezember tagt in Buenos Aires der G20-Gipfel. Die Gegend um das Stadion wird daher von Donnerstag an strikt abgeriegelt sein.
Die bestürzenden Geschehnisse vom Wochenende weckten allerdings Zweifel, wie das politische Großereignis sicher über die Bühne gehen soll, wenn der Polizei schon der Schutz eines Fußballspiels entgleitet. Der ehemalige Sicherheitssekretär Sergio Berni geißelte bereits „die operative Unbeholfenheit unserer Sicherheitskräfte“. Vor einigen Jahren sollten britische Experten mit ihren Erfahrungen im erfolgreichen Kampf gegen Hooligans auf der Insel dabei helfen, einen ähnlichen Plan für Argentinien zu entwerfen. Sie zogen bald frustriert ab. Die „Barra Bravas“, die lokalen Hooligans, sind zu sehr mit der Politik und anderen Mächtigen vernetzt. Sie sind Politikern bei Wahlkampagnen behilflich. Privat betreiben sie den Weiterverkauf von Tickets zu den Spielen, aber auch den Drogenvertrieb um und im Stadion.
Bei einer Hausdurchsuchung am Freitag beschlagnahmte die Justiz 300 Eintrittskarten für das Copa-Finale. Der Eigentümer der Wohnung ist einer der Führer der River-Ultras, der normalerweise rund 300 „Barra Bravas“ ins Stadion einschleust. (dpa)
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