Der Fall Evi Sachenbacher-Stehle: Irgendwo zwischen tragisch und dumm
Der Fall der Evi S. ist irgendwo zwischen tragisch und dumm anzusiedeln. Und er endete mit dem Rücktritt einer großen Sportlerin.
Der Fall der Evi S. ist irgendwo zwischen tragisch und dumm anzusiedeln. Tragisch, weil es eine Tasse Tee war, die eine große Karriere beendete. Dumm, weil gerade jene Sportler, die eine große Karriere geschafft haben, wissen sollten, welche Risiken in einer solchen Tasse lauern können.
Die Biathletin Evi Sachenbacher-Stehle war bei den Olympischen Spielen in Sotschi positiv auf das Stimulanzmittel Methylhexanamin getestet worden. Dieses soll in einem Teekonzentrat gewesen sein. Es folgte eine zweijährige Dopingsperre, die auf sechs Monate verkürzt wurde. Sachenbacher-Stehle hätte also wieder starten dürfen, trotzdem beendete sie ihre Karriere.
Der einzig vernünftige Schritt
Vermutlich war das der einzig vernünftige Schritt. Mit 34 Jahren neigte sich die Karriere der Biathletin ohnehin dem Ende entgegen. Im Sommer durfte sie wegen der Sperre nicht an Trainingsmaßnahmen des Verbandes teilnehmen, was vor allem das Schießen betraf. Ihren letzten Schuss habe sie in Sotschi abgegeben, sagte sie am Sonntag in einem TV-Interview. Diesen Rückstand hätte sie als vergleichsweise schlechte Schützin in dieser Saison nicht mehr aufgeholt. Dazu kommt, dass ihre Rückkehr ein öffentlicher Spießrutenlauf geworden wäre. Die Kraft, sich diesem Kampf zu stellen, hatte Sachenbacher-Stehle nicht mehr.
Das alles mag mancher als grausam empfinden, die Frau hat doch nur ein Tässchen des falschen Tees getrunken. Zumal das darin enthaltene Mittel nur im Wettkampf verboten ist und keinesfalls mit hartem Stoff wie beispielsweise Epo zu vergleichen ist.
Allen Warnungen zum Trotz
Trotzdem: Methylhexanamin steht auf der Dopingliste. Seit 2010 warnt die Nationale Dopingagentur davor, dass Nahrungsergänzungsmittel damit verunreinigt sein können. Der Deutsche Skiverband weist seine Sportler ebenfalls regelmäßig auf diese Gefahr hin. Im Internet gibt es deshalb die „Kölner Liste“, die getestete Nahrungsergänzungsmittel auflistet. Umso unverständlicher, dass eine derart erfahrene Sportlerin ein dubioses Konzentrat trinkt, ohne sich der Gefahr bewusst zu sein – noch dazu bei Olympischen Spielen.
Sachenbacher-Stehle gilt als Fan von Nahrungsergänzungsmitteln und soll ein ganzes Sammelsurium genommen haben. Bei positivster Deutung des Falls hat sie schlicht den Überblick darüber verloren, was sie sich da so alles einverleibt.
Im Bayerischen Fernsehen präsentierte sich Sachenbacher-Stehle als Opfer, man habe sie menschlich schlecht behandelt. Reue oder Einsicht? Fehlanzeige. Ein bisschen (unfreiwillige) Ironie gab es auch noch zu sehen. Der Moderator fragte Sachenbacher-Stehle, was sie jetzt machen wolle. Studieren, lautete die Antwort. Was? Ernährungswissenschaften. (ako)
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