Schmidts Glaube versetzt Berge
Ein Erfolg gegen Leverkusen würde den Klassenerhalt bedeuten. Der Schweizer Trainer steht beim FC Augsburg für Aufbruchstimmung. Warum eines seiner ersten Ziele in Augsburgs Innenstadt der Dom war
Seit rund zwei Wochen wirkt Martin Schmidt als Trainer des FC Augsburg. Glaubt man seinen Ausführungen, so hat sich der Schweizer innerhalb weniger Stunden dazu entschlossen, seine malerische Heimat im Wallis zu verlassen, um die Tätigkeit beim Fußball-Bundesligisten zu übernehmen. Schmidt liebt die Berge, als Kind hütete er auf der Alp seines Großvaters Kühe.
Vorerst muss Schmidt jedoch auf Gipfel und Almen verzichten, die ihm als Rückzugsort dienen. Der Fokus liege komplett auf dem FCA, erklärt der 52-Jährige, Feierabende und Freizeit seien knapp bemessen. Auf der Suche nach alternativen Orten der Besinnung ist Schmidt am Ostermontag im Augsburger Dom gelandet. Er lauschte den Klängen des Orchesters und des Chores. Schmidt schöpfte Kraft in der Kirche. „Das hat mich unheimlich inspiriert und gibt mir eine Ruhe“, erzählt er. Der Trainer zieht Parallelen zu seiner Arbeit mit den Fußballprofis des FCA. Der bibelfeste Schmidt betont: „Diesen Einklang und diese Perfektion – da haben wir noch viel zu tun.“ Spieler hätte er keine gesehen, merkt Schmidt mit einem Schmunzeln an und fügt hinzu: „Die waren wahrscheinlich im Gebetsstuhl.“
Göttlicher Beistand allein wird dem FC Augsburg wohl nicht genügen, will er den Klassenerhalt in der Bundesliga endgültig perfekt machen. Vier Spieltage vor Saisonende beträgt der Vorsprung auf den Relegationsplatz zehn Punkte. Mit einem eigenen Erfolg würden die Augsburger letzte Zweifel beseitigen, vor dem Heimspiel gegen Bayer Leverkusen (Freitag, 20.30 Uhr, Eurosport Player) sprechen Kapitän Daniel Baier und Trainer Schmidt von „vier Matchbällen“. Allzu gerne würde der FCA-Coach bereits die erste der vier Gelegenheiten nutzen. Wobei: Selbst bei einer Augsburger Niederlage könnte sich der direkte Abstieg nach diesem Wochenende erledigt haben – sollte der VfB Stuttgart sein Heimspiel gegen Mönchengladbach nicht gewinnen.
Schmidts Aufmerksamkeit gilt wenig überraschend ausschließlich seiner Mannschaft. Auf dem Fußballplatz bahnt sich Schmidts Energie, die er sich dieser Tage in Spaziergängen oder Gotteshäusern holt, ihren Weg. „Das will ich ausleben“, beteuert der ehemalige Extremsportler. Er tritt als Motivator auf, packt die Spieler emotional mit seiner positiven Ansprache. Diese sind empfänglich.
Voller Zuversicht geht Schmidt in die Partie gegen Leverkusen. Die Gäste und deren Trainer Peter Bosz stehen unter Druck, benötigen Punkte für eine Teilnahme am Europapokal. Dass der FCA in der Bundesliga den Werksklub noch nie bezwingen konnte, schreckt Schmidt nicht ab. Im Gegenteil: „Ich liebe solche Herausforderungen“, sagt er.
Erneut kommt der Schweizer auf den Glauben zu sprechen. Weniger auf den religiösen, eher auf den an die eigene Stärke. „Nur der Glaube macht etwas wahr“, predigt Schmidt geradezu, unterbewusst erhebt er dabei die Stimme. „Wenn wir den Glauben auf den Punkt hin steigern können, haben wir eine große Chance, die Quote ändern zu können.“
In den Begegnungen mit Frankfurt (3:1) und Stuttgart (6:0) haben die FCA-Profis ihr Selbstvertrauen wachsen lassen. Dieses half ihnen über den personellen Engpass hinweg, der weiterhin besteht. Für Alfred Finnbogason (Sehnenanriss in der Wade), Sergio Córdova (Schambeinentzündung), Felix Götze (Hüftprobleme) und Raphael Framberger (Kreuzbandriss) ist die Saison bereits beendet, ausfallen werden Fredrik Jensen (Sprunggelenk) und Dong-Won Ji (Knieprobleme).
Mit Gregor Kobel und Ja-Cheol Koo kehren zwei Profis in den Kader zurück. Torhüter Kobel hatte sich in Frankfurt eine leichte Gehirnerschütterung zugezogen, musste ausgewechselt werden und fiel gegen Stuttgart aus. Trainer Schmidt stellt klar: Ist Kobel fit, muss Andreas Luthe seinen Platz zwischen den Pfosten räumen. „Ich halte nichts davon, während der Saison die Statik zu verändern“, sagt Schmidt. Heißt: Kobel bleibt die Nummer eins.
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