Welche Chancen hat der VfL Bochum? „Besser, viel besser, als man glaubt“
Vor Saisonstart stellen wir alle Bundesligaklubs und ihre Aussichten vor. Diesmal: Aufsteiger VfL Bochum.
„Tief im Westen, wo die Sonne verstaubt“, singt Herbert Grönemeyer in seiner Liebeserklärung an die Stadt Bochum, „da ist es besser, viel besser, als man glaubt.“ Gleiches gilt natürlich auch für den dort heimischen VfL. Den Beweis lieferten Trainer Thomas Reis und seine Schützlinge mit dem überraschenden Aufstieg in die Bundesliga – oder, um es mit den Bochumer Fans zu halten, mit der längst überfälligen Rückkehr ins Oberhaus, dem der Klub immerhin bereits 34 Spielzeiten lang angehörte.
Neuland oder alte Jagdgründe?
Für den Großteil der Spieler ist die Bundesliga Neuland, doch in der sportlichen Führung sind die Glanzzeiten des VfL Bochum fest verankert. Sebastian Schindzielorz, seit 2018 Geschäftsführer Sport beim VfL, stieg von 1998 bis 2003 mit dem VfL munter auf und ab, Trainer Thomas Reis erlebte an der Castroper Straße in der Spielzeit 1997/98 an der Seite von Yildiray Bastürk und Dariusz Wosz die unvergessene Europa-Trilogie mit den Fußballfesten gegen Trabzon, Brügge und Amsterdam, Co-Trainer Heiko Butscher startete 2005 in Bochum seine Profikarriere und stieg 2006 von Liga zwei ins Oberhaus auf, und das Bochumer Urgestein Frank Heinemann spielte nicht nur schon in der Jugend beim VfL, sondern assistierte seit 1996 bereits den Bochumer Trainerlegenden Marcel Koller, Klaus Toppmöller und Peter Neururer.
Der VfL Bochum: Graue Maus oder Kult?
Das lässt sich nicht schönreden: Der VfL Bochum hat im Revier einen schweren Stand zwischen den Fanmagneten aus Schalke und Dortmund – und wird sich trotz des aktuellen Ligavorsprungs gegenüber den Knappen weiterhin in seiner Nische wohlfühlen müssen. Möglicherweise jedoch nicht mehr im (kohle)staubgrauen Gewand, sondern als Team mit hippem Kult-Potenzial. 14000 Dauerkarten verkaufte der Klub – so viel wie nie.
Möglicherweise werden sich endlich wieder junge Fans zur treuen Garde der Alt-VfLer gesellen. Warum: Weil das wunderschöne Ruhrstadion zwar einen neuen Vornamen verpasst bekommen hat, ansonsten aber allen Neubau- und Umbauplänen entronnen ist – und heute wie damals für beste Fußballatmosphäre sorgt.
„Wir haben keine Arena, sondern ein Stadion“, sagt Schindzielorz, „das ist unser Alleinstellungsmerkmal.“
Zudem kommt der VfL Bochum nach einigen unruhigen Jahren unter neuer Führung erfolgreich und entspannt daher, hat seine Fans wieder hinter sich vereint und liefert grundsoliden Ruhrgebietsfußball der besten Art und Weise – inklusive des von Herbert Grönemeyer besungenen Doppelpasses.
Machen Trikots Leute?
Eigentlich nicht. Bochum gilt zurecht nicht als Modemetropole, schon gar nicht als Trendsetter der Bundesliga. Dennoch war der VfL Ende der 1990er seiner Zeit weit voraus, als er sich von Trikotsponsor Faber Lotto zu einem gewagten und – man muss es so sagen – völlig missglückten Design hat hinreißen lassen, das aber heute wohl der letzte Schrei wäre: Denn 25 Jahre nach dem VfL hat auch der Rest der Welt die Symbolkraft des Regenbogens verstanden. Aktuell präsentiert das Team passend zur Mentalität eine unaufdringliche Malocher-Kollektion in „Flutlichtblau“.
Ist die Mannschaft des VfL Bochum reif für die Bundesliga?
Thomas Reis kann und will sich auf das Aufstiegskollektiv verlassen. Bislang hat sich lediglich ein Trio verabschiedet. Darunter allerdings auch Leistungsträger Robert Zulj, der dem Lockruf der Petro-Dollars nicht widerstehen konnte und künftig für Ittihad Kalba in den Vereinigten Arabischen Emiraten auf Torejagd gehen wird.
Der 29-Jährige Österreicher traf in der Aufstiegssaison 15 Mal und bereitete auch 15 Treffer vor – nur Torjäger Simon Zoller war ebenso erfolgreich. Diese Lücke soll unter anderem Hertha-Leihgabe Eduard Löwen stopfen, der in Berlin und zuvor in Augsburg bereits Erstligaerfahrung sammelte. Zunächst soll der neue Mann im Mittelfeld jedoch Deutschland in Tokio zu Olympia-Gold schießen.
Warum schafft der VfL Bochum den Klassenerhalt?
Weil er weiß, worauf er sich einlässt. „Die Bundesliga ist eine Qualitätsliga. Wird ein Fehler in der 2. Liga mit 50-prozentiger Wahrscheinlichkeit bestraft, sind es in der Bundesliga 80 Prozent“, sagt der Trainer. Darauf will und wird sich sein Team einstellen. Vorbilder sind dabei der SC Freiburg und Union Berlin.
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