„Da ist etwas Unglaubliches passiert“
Vor einem Jahr holte das Nationalteam Olympia-Silber und begeisterte das Land
Auf die Frage, wie er sich fühle, antwortet Torwart Danny aus den Birken mit einer Gegenfrage: „Hat Ihnen schon mal jemand ins Herz gestochen?“ Heute vor einem Jahr ließen die deutschen Eishockey-Nationalspieler im Bauch der Arena von Gangneung zunächst die Köpfe hängen. 3:2 führte das Team von Bundestrainer Marco Sturm im olympischen Eishockey-Finale gegen den haushohen Favoriten Russland. Gold war zum Greifen nahe. Doch 55,5 Sekunden vor Ablauf der regulären Spielzeit gelang Russlands Gussew das 3:3. In der Verlängerung schnappte die Sbornaja den deutschen Helden noch die Goldmedaille weg. Doch die Enttäuschung wich bei den Verlierern bald dem Jubel. In der Heimat hatten sich hunderttausende Fans, die sonst kaum etwas über Puck und Schläger wissen, den Wecker gestellt und die Daumen gedrückt.
Ein Jahr darauf ist Franz Reindl noch immer begeistert. „Da ist etwas Unglaubliches passiert. Da bekomme ich heute noch Gänsehaut“, sagt der Präsident des Deutschen Eishockey-Bundes. Der Garmisch-Partenkirchner war selbst auf dem Eis gestanden, als Deutschland bei Olympia 1976 in Innsbruck Bronze geholt hatte – dem bis 2018 größten deutschen Erfolg.
Im Nachwuchs gab es offenbar einen Olympia-Effekt. In den Jahrgängen 2008 bis 2013 gab es laut DEB bis zum vergangenen Sommer 2058 Neuanmeldungen. Bei den unter zehnjährigen Kindern stieg der Zuwachs 2018 um 14,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Auch im Sommer, wenn der DEB wieder Zahlen erhebt, wird der Trend wohl anhalten. Von der Erfolgsmannschaft 2018 ist nur mehr ein Gerippe übrig. Bundestrainer Marco Sturm, Vater des Erfolgs und Lenker, ist in die National Hockey League zu den Los Angeles Kings gewechselt. Der weitgehend unbekannte Finne Toni Söderholm bereitet die Mannschaft auf die WM ab Anfang Mai in der Slowakei vor. Der Mindelheimer Patrick Reimer ist aus der Nationalmannschaft zurückgetreten, Ex-NHL-Verteidiger Christian Ehrhoff hat seine Karriere beendet. Selbst Präsident Reindl will sich bis Mai entscheiden, ob er den DEB verlässt und 2020 für den Vorsitz beim Eishockey-Weltverband IIHF kandidiert.
Zumindest die damals gegründete WhatsApp-Gruppe „Mission Gold“ existiert noch. Wann immer eine Ehrung oder ein Auftritt ansteht, werden Details ausgetauscht. Alle bleiben dabei. „Mich würde es wundern, wenn überhaupt irgendwann einer austritt“, sagt Stürmer Patrick Hager, einer der Olympiahelden von Pyeongchang.
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