RB Leipzig kommt auf denkbar einfachem Weg zum Schuldenerlass. Weil man natürlich nicht als abhängiger Satellit des Red-Bull-Imperiums erscheinen will, wird an einer Legende gestrickt.
Ein Problem, das jeder kennt: Es ist einfach nicht genug Geld in der Kasse, um sich alle Wünsche zu erfüllen. Am Ende gibt es statt zwei Wochen auf den Seychellen zehn Tage auf dem Campingplatz, statt des Porsche Cabriolet steht ein Nissan Micra in der Garage. Oder, um im Fußballterminus zu bleiben: Statt eines teuren Supertalents reicht die Kohle nur für einen fußkranken Hackstock mit erheblichen Konditionsproblemen.
Es ist ein Problem, mit dem sich die meisten Bundesligaklubs herumschlagen müssen – nicht aber RB Leipzig. Der 2009 aus der Taufe gehobene ist der mit 17 stimmberechtigten Mitgliedern zwar kleinste aller 18 Bundesligavereine, aber auch der findigste, wenn es um Finanzfragen angeht.
Wie nett von Red Bull, auf 100 Millionen Euro zu verzichten
Zu sehen war das erst kürzlich, als die Sachsen ihren Jahresabschluss für die Saison 2018/19 veröffentlichten. Darin ist die Rede davon, dass "eine Umwandlung von Gesellschafterdarlehen in Höhe von 100 Millionen Euro in die Kapitalrücklage" stattgefunden habe.
Übersetzt vom Finanz- ins Gebrauchsdeutsch heißt das nichts anderes, als dass ein gewisser Gesellschafter namens Red Bull dem aufstrebenden Fußballverein 100 Millionen Euro Schulden erlässt. Clever, oder? Nimm das, Finanzplan!
Offiziell verzichtet der Getränkehersteller auf die Rückforderung des Kredits und legt die 100 Millionen auf den Kaufpreis für RB drauf. Gewusst wie! Wer den Leipzigern nun unfaires Finanzgebahren vorwirft, offenbart nur seinen Neid und sein mangelndes Verhandlungsgeschick. Schließlich hat jeder, der keine Lust darauf hat, die Raten für den Hauskredit weiterzuzahlen, dieselbe Chance: Einfach mal bei der Hausbank auf einen Kaffee vorbeischauen und drüber reden, ob die einem den Kredit nicht doch lieber schenken will.
Wenn Recht und Moral aufeinandertreffen, ist der Sieger klar
Klar, das werden harte Verhandlungen werden. Aber da zeigt sich eben der findige Finanzplaner. Der Leipziger Geschäftsführer Oliver Mintzlaff hatte darauf stets hingewiesen. Noch im April hatte er betont: "Bei uns wird immer kolportiert, dass ich Herrn Mateschitz (Eigentümer Red Bull, Anm. d. Red.) anrufe und dann direkt das Geld überwiesen wird. Das kann ich ins Reich der Fabel verweisen." Kurz darauf fügte der listige Schuldenjongleur mit einem verschwörerischen Grinsen hinzu: "Viele Kritiker, die uns vorgeworfen haben, dass wir die Liga finanziell auf den Kopf stellen, haben wir eines Besseren belehrt. Ich glaube, dass viele diesen nachhaltigen und kontinuierlichen Weg anerkennen."
Tatsächlich ist das Vorgehen von Red Bull rechtlich in Ordnung. Auch beim HSV hatte Geldgeber Klaus-Michael Kühne in der Vergangenheit schon auf offene Kredite verzichtet. Und Mintzlaff, dieser Fuchs, hat sogar noch ein weiteres Ass im Ärmel: Aktuell liegt die Schuldenlast von Leipzig bei Red Bull noch bei 86 Millionen. Wenn diese noch weiter ansteigt, könnte es gut möglich sein, dass er sich bald wieder mit Mateschitz trifft. Auf eine Dose Brause – und zu bestimmt knallharten Verhandlungen.
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