Der Fluch der Titel
Der EHC München kann sich mit einem Sieg heute in Wolfsburg zum vierten Mal die deutsche Meisterschaft holen. Doch in der Vergangenheit brachte ihm das kein Glück.
Dem EHC München fehlt nur noch ein Sieg zur deutschen Meisterschaft. Gewinnt die Mannschaft von Trainer Don Jackson nach drei Erfolgen heute auch das vierte Play-off-Finale bei den Grizzlys Wolfsburg, dann gehört den Oberbayern der Pokal in der Deutschen Eishockey-Liga. Selbst bei einer Niederlage bietet sich am Sonntag in der Olympia-Eishalle die nächste Gelegenheit, den Matchball zu verwandeln. Die Euphorie ist riesig, doch in der jüngsten Vergangenheit brachte der Titelgewinn den Münchnern kein Glück. Die Eishockeyprofis mussten in der Fußballstadt mit dem dominierenden FC Bayern und 1860 München immer ums Überleben kämpfen. Den Höhenflügen folgte regelmäßig der Absturz.
Über den ersten Triumph des MTV München im Jahr 1922 ist wenig bekannt. Dafür ging es nach der zweiten Meisterschaft der Oberbayern steil bergab. Im Frühjahr 1994 feierte der EC Hedos mit Nationalspielern wie Torwart Karl Friesen, Torjäger Dieter Hegen oder Gerd Truntschka den Titelgewinn. Als im Jahr darauf die Deutsche Eishockey-Liga gegründet wurde, ging der Meister den amerikanischen Weg. Hedos benannte sich um in Maddogs. Die „verrückten Hunde“ traten zur DEL-Premiere bei den Augsburger Panthern an. Doch nur wenige Monate später war das Eishockey-Projekt tot. Am 18. Dezember 1994 stellte die Mannschaft den Spielbetrieb ein. Der Meister war Pleite. Wenig später wurde das Konkursverfahrenen des EC Hedos mit einem Schuldenstand von 15 Millionen Mark eröffnet.
Münchner Barons versuchen einen Neustart in der DEL
1999 stieg die Anschutz Entertainment Gruppe bei den Oberbayern als Großsponsor ein. Der amerikanische Milliardär kaufte die DEL-Lizenz von den verschuldeten Landshut Cannibals und fortan gingen die Münchner als Barons auf Torejagd. Höchst erfolgreich, gleich in der ersten DEL-Saison holte das von Manager Max Fedra geformte Team im Jahr 2000 den Titel. Trotz des sportlichen Erfolgs kamen zu den Punktspielen im Schnitt lediglich 2800 Zuschauer. Das änderte sich kaum, obwohl die Barone im Jahr darauf wieder die Endspiel-Serie und danach das Halbfinale erreichten. Im Sommer 2002 zog die Anschutz-Gruppe aus finanziellen Gründen nach Hamburg um, wo die „Freezers“ gegründet wurden.
In München begann ein Neuaufbau, erst 2010 kehrte der Klub als EHC in die Profiliga zurück. Doch nach nur zwei Jahren drohte wieder das Aus. Grund: Wenig Zuschauer, kaum Sponsoren. Im Mai 2012 erklärte Ex-Vereinschef Jürgen Bochanski die ganze Sportart in München für „endgültig tot“. Der Verkauf der DEL-Lizenz nach Schwenningen war verhandelt. Im letzten Moment stieg Red Bull als Sponsor ein. Im Jahr darauf übernahm der Brause-Konzern den Verein komplett. Inzwischen ist der EHC mit geschätzten 12,5 Millionen Euro der Etat-Krösus der DEL und sportlich da angekommen, wo es sich der ehrgeizige Geldgeber vorstellt.
In der Zuschauer-Statistik der Hauptrunde rangieren die Oberbayern mit 4603 Fans im Schnitt zwar nur im DEL-Mittelfeld auf Platz neun hinter Augsburg (4972) und knapp vor Straubing (4598). Das Geld von Red Bull hilft jedoch bei der Spielersuche. Der EHC leistet sich auf allen Positionen erstklassige Profis. „Der Unterschied zu den Jahren zuvor ist die Tiefe in unserem Kader“, sagt Stürmer Uli Maurer, der dienstälteste EHC-Profi. Die Statistik vor dem heutigen Duell spricht für München: In der DEL-Geschichte hat noch nie ein Team einen 0:3-Rückstand in einer Play-off-Serie aufgeholt. Es wäre die Krönung eines mit viel Geld erkauften Blitz-Aufstiegs.
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