Dominik Paris weiß, was es auf der Streif braucht
Der Italiener gewinnt zum dritten Mal das Hahnenkammrennen. Er verfügt über Fähigkeiten, die ihm in Kitzbühel helfen. Nicht dazu gehört Eleganz.
Thomas Dreßen stand Freitagmittag im Zielbereich von Kitzbühel und schaute nach oben. Vergangenes Jahr um diese Zeit hatte er auch dort gestanden und noch ein bisschen weiter nach oben geschaut. Dorthin, wo Menschen den Blick richten, wenn sie mit einer höheren Gewalt in Kontakt treten wollen. 2018 hatte Dreßen für eine der größten Sensationen des Winters gesorgt und das berühmteste Abfahrtsrennen der Welt gewonnen. Sein Dank ging damals nach ganz oben. Am Freitag waren die Emotionen deutlich gemäßigter.
Dreßen trug Jeans und musste sich damit begnügen, den Kollegen bei der Arbeit zuzuschauen. Ende des vergangenen Jahres hatte er sich das Kreuzband gerissen. Seitdem arbeitet er im Kraftraum am Comeback. Den Abstecher zum Ort seines größten Triumphes wollte er sich aber nicht nehmen lassen. "Auch wenn es mich kurz gerissen hat, als ich an die Strecke gekommen bin. Ich wäre natürlich lieber selbst gefahren, als nur zuschauen zu können."
Dominik Paris fährt so Ski, wie er in seiner Heavy-Metal-Band singt
So aber stand er im Zielbereich und verfolgte aufmerksam, wer denn sein Nachfolger würde. Es wurde Dominik Paris. Das 100-Kilo-Kraftpaket aus Südtirol holte sich seinen bereits dritten Sieg auf der Streif. Er hatte die knüppelhart präparierte Piste genauso angegangen, wie er die Lieder seiner Heavy-Metal-Band "Rise of Voltage", nun ja, singt: Kompromisslos. Brachial. Und vor allem ohne den Anspruch, einen Preis für Eleganz oder Harmonie zu gewinnen. Es ist ganz offensichtlich das richtige Rezept für die Streif. Dabei ist Paris gerade mal 29 Jahre jung. Für einen Abfahrer kommen die besten Jahre oft erst jenseits der 30, denn auf den schwierigen Strecken des Weltcups zählt Erfahrung extrem viel. Rekordsieger auf der Streif ist der Schweizer Didier Cuche mit fünf Erfolgen, beim letzten war er 37.
Bleibt Paris von schweren Verletzungen verschont, wird er diesen Rekord brechen. Noch aber schwelgt er im Glück seines jüngsten Triumphes. "Es ist schon sehr speziell, auf diesem Berg zu gewinnen." Das Gefühl danach werde sicher nicht zur Routine, sagte er am Freitag auf der Sieger-Pressekonferenz.
Josef Ferstl fehlten 1,10 Sekunden zum Sieg - das reicht für Platz sieben
Josef Ferstl hatte sich da schon längst ins Teamhotel der Deutschen zurück gezogen. Er war als Siebter der beste des DSV-Teams. Vater Sepp Ferstl hatte Ende der 1970er zweimal auf der Streif gewonnen. Seinem Sohn fehlten zum Sieg 1,10 Sekunden. Trotzdem war er hochzufrieden mit dem Ergebnis. "Wenn mir vorher jemand gesagt hätte, ich fahre hier in die Top-Ten, hätte ich das sicher unterschrieben Die Fahrt war gut, auch wenn ich schon noch einige Fehler drin hatte", sagte er. Für den Sieger Paris hatte der Deutsche nur lobende Worte übrig: "Der ist einfach der Wahnsinn. Dem gönne ich es natürlich. Aber es tut mir auch um Beat Feuz leid, der ja schon länger um einen Streif-Sieg kämpft."
Der Zweite Beat Feuz saß mit breitem Grinsen auf der Pressetribüne
Der Schweizer war am Freitag zum dritten Mal auf Platz zwei gelandet, gefolgt von dem Österreicher Otmar Striedinger Rang drei. Trotzdem saß Feuz mit einem breiten Grinsen auf der Pressetribüne im Medienzentrum von Kitzbühel. "Ich bin überglücklich mit dem zweiten Platz. Ich bin absolut am Limit gefahren und habe alles riskiert. Wenn dann jemand noch zwei Zehntel schneller ist, dann kann ich das akzeptieren und gratuliere."
Ganz hat er aber die Hoffnung auf einen Sieg in Kitzbühel noch nicht aufgegeben. "Vielleicht gibt es ja mal eine Ü40- oder Ü50-Kategorie, in der ich es dann schaffen kann. Allerdings habe ich dann auch nur zwei Jahre Zeit, denn dann kommt der da ja schon wieder", sagte Feuz und zeigte mit dem Daumen auf den neben ihm sitzenden Paris. Beide lachten. Feuz nur kurz. Im vergangenen Jahr hatten ihm ebenfalls nur zwei Zehntel zum Sieg gefehlt. Auf Dreßen. Der ist nächstes Mal auch wieder dabei.
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