Ein passender Abschluss
Lange Zeit spielt die deutsche Mannschaft stark gegen die Niederlande und führt 2:0. Dann verspielt sie den Vorsprung und beendet das Jahr mit einem enttäuschenden Unentschieden
Nicht einmal der letzte Eindruck war dann mehr ein guter. Die deutsche Nationalmannschaft lieferte beim 2:2 gestern Abend gegen die Niederlande lange Zeit ein ausgezeichnetes Länderspiel ab, belohnte sich aber letztlich nicht dafür. Sie verspielte in der Schlussphase einen 2:0-Vorsprung und musste sich mit einem Remis im abschließenden Spiel des Jahres zufriedengeben. Ein Ergebnis, das aber auch besser zu einem Jahr passt, das geprägt war durch die missratene Weltmeisterschaft. Die WM immerhin hat dazu geführt, dass Bundestrainer Joachim Löw schneller die Neuausrichtung der Mannschaft vorangetrieben hat, als er das zu Beginn des Jahres selbst geglaubt hätte.
Die Partie gegen die Niederlande lieferte trotz des unbefriedigenden Resultats zahlreiche Indizien, dass sich das Team auf einem guten Weg zurück in die Weltspitze befindet. Neben den personellen Umschichtungen ist die taktische Umorientierung am augenscheinlichsten. Anders als noch im verkorksten Sommer, lädt die Mannschaft ihren Gegner nun nicht mehr durch Hochrisiko-Pressing zu schnellen Kontern ein. Es waren die Holländer, die in Gelsenkirchen weitestgehend optisch überlegen waren – allerdings lange Zeit nur selten zum Abschluss kamen. So wie die deutsche Elf vor nicht einmal einem halben Jahr in Russland.
Die empfing ihren Gegner nun in der eigenen Hälfte und ärgerte ihrerseits den Rivalen mit schnellen Angriffen. Einer der ersten davon führte zum 1:0. Serge Gnabry leitete einen Pass von Toni Kroos direkt auf Timo Werner weiter. Annahme, Schuss, Tor (9.). Ein Tor, das besonders Löw gefallen haben dürfte, der von seiner Mannschaft „mehr Killerinstinkt“ gefordert hatte.
Bereits beim 3:0 gegen Russland vergangenen Donnerstag schossen seine Spieler einen beruhigenden Vorsprung zur Halbzeit heraus. Ein Muster, an dem sie offenbar Gefallen gefunden haben. Denn auch gegen die Niederlande beließen es die Deutschen nicht bei einem Treffer. Nummer zwei entsprang einem sehenswerten Ball von Kroos in die Spitze. Diesmal war es Leroy Sané, der ihn verarbeitete (20.). Somit war Kroos an beiden Treffern beteiligt und lieferte Argumente für die von Löw vertretene These, dass es auch erfahrene Kräfte braucht, um erfolgreich zu sein.
Im Vergleich zum Erfolg gegen Russland verzichtete der Coach auf den hochveranlagten Kai Havertz sowie Matthias Ginter und setzte stattdessen auf Kroos und Mats Hummels. Beide überzeugten durch Ruhe und Übersicht. Nico Schulz wiederum, der für Jonas Hector auf der linken Seite spielte, hatte sichtbar Gefallen daran, in die Räume zu sprinten, die ihm die Holländer gewährten. Der nun wieder herrschende Konkurrenzkampf zeigte sich auch daran, dass mit Marco Reus der aktuell aufregendste Spieler der Bundesliga erst in der zweiten Halbzeit eingewechselt wurde.
Ihm folgte Thomas Müller, der für Gnabry kam und seinen 100. Einsatz in der Nationalmannschaft feierte. Die beiden Neuen mussten aus der Nähe erleben, wie in der Schlussphase der Sieg noch leichtfertig vergeben wurde. Qunincy Promes sorgte mit einem schönen Schlenzer für das 1:2 aus Sicht der Holländer (85.). Mit dem Ablauf der regulären Spielzeit setzte Virgil van Dijk den Ball zum Ausgleich ins Netz. Die deutschen Anhänger unter den 42186 Fans in der 55000 Zuschauer fassenden Arena verstummten, die Holländer jubelten.
Zwar stand der Abstieg aus der höchsten Klasse der Nations League schon vor dem Spiel fest. So allerdings verabschieden sich die Deutschen auch noch mit einer Enttäuschung aus diesem Jahr. Letztlich passend.
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