Für die Löwen beginnt ein Sommer des Bangens
Drastischer Umbruch für 1860 München: Der Kader muss wegen finanzieller Probleme verkleinert werden. Selbst Publikumsliebling Sascha Mölders steht zum Verkauf.
Wer es mit dem TSV 1860 München hält, hat es traditionell nicht leicht. Gerade einmal zwei Jahre ist es her, dass der Traditionsklub nach seinem Abstieg aus der zweiten Liga bis in die viertklassige Regionalliga durchgereicht wurde. Mittlerweile stehen die Löwen vor der zweiten Saison in der dritten Liga, doch auch dieser Sommer ist eine Zeit des Zitterns für die Anhänger des TSV.
Das Problem ist dasselbe, das schon früher zum sportlichen Absturz führte: Es ist mal wieder nicht genug Geld in der Löwen-Kasse. Vor rund einem Monat gab der Klub mit Präsident Robert Reisinger an der Spitze bekannt, dass in der vergangenen Saison "erneut die Haushaltsdisziplin der Gesellschaft verletzt wurde".
In der kommenden Saison zählt 1860 München zu den Abstiegskandidaten
Für die neue Spielzeit stehen laut Finanz-Geschäftsführer Michael Scharold für den Profi-Kader nur 4,25 Millionen Euro zur Verfügung. Damit gehören die Löwen normalerweise zu den Abstiegskandidaten. Zum Vergleich: Zweitligaabsteiger FC Ingolstadt wird mit knapp zehn Millionen Euro Etat kalkulieren. Immerhin: Die Lizenz für die 3. Liga wurde unter Auflagen erteilt Für den Kader bedeutet der Sparzwang: Keiner ist unverkäuflich. Manager Günther Gorenzel betonte bereits, dass jedes Angebot geprüft werde. Im Börsensprech formuliert, bedeutet das: Auch Aktien mit hoher Gewinnmarge in der Zukunft – also hoffnungsvolle Talente – könnten schon jetzt abgestoßen werden.
Selbst Publikumsliebling Sascha Mölders, mit acht Saisontoren bester Angreifer, steht im Schaufenster. Zwar gilt es als unwahrscheinlich, dass ein Klub eine millionenschwere Ablöse für den 34-jährigen Ex-FCA-Spieler zahlt. Mit seinem Gehalt dürfte der Angreifer aber zu den Spitzenverdienern bei 1860 zählen. Gorenzel sprach von schmerzhaften Entscheidungen und fügte hinzu: "Es zerreißt mich fast."
Wie die Auswirkungen der Finanzkrise aussehen, bekommen die Löwen derzeit auf dem Transfermarkt zu sehen: Während die anderen Drittligisten neue Spieler unter Vertrag nehmen, vermeldet 1860 vor allem Abgänge. Neun Spieler aus dem Kader der vergangenen Spielzeit werden in der kommenden Saison nicht mehr für die Löwen auflaufen. Von den vier feststehenden Neuen kommen zwei aus der zweiten Mannschaft, die anderen beiden sind Leihspieler die nach dem Ende ihrer Zeit bei anderen Klubs wieder zu 1860 müssen.
1860-Trainer Daniel Bierofka: "Hoffe, dass alle in diesem Verein mal aufwachen"
Vor allem die Defensive bereitet derzeit große Sorgen. Aktuell steht mit Felix Weber nur ein fitter Innenverteidiger unter Vertrag. Sehr zum Ärger von Trainer Daniel Bierofka. Der moserte, in Zukunft wohl mit nur einem zentralen Abwehrspieler planen zu müssen und fügte hinzu: "Das ist ein bisschen schwierig, denn dafür gibt es kein System." Schon die vergangene Saison lief sportlich mehr schlecht als recht: Wegen einer Schwächephase zum Schluss rutschten die Löwen gefährlich nach unten und beendeten die Spielzeit auf Rang 12, zwei Punkte von einem Abstiegsplatz entfernt.
Bierofka stellte trotz eines Vertrags bis 2022 seine Zukunft bei den Münchner infrage. Der Appell des Löwen-Idols an das Umfeld der Sechziger: "Ich hoffe, dass alle in diesem Verein mal aufwachen."
Eine Spitze, die zweifelsohne die beiden Gesellschafter des Klubs betraf: die GmbH als hundertprozentige Tochter des Vereins sowie auf der anderen Seite HAM – die Firma des jordanischen Investors Hasan Ismaik. Weil beide Seiten hoffnungslos verstritten sind, wirkt der Klub mitunter handlungsunfähig. Viele sehen in dieser Gemengelage auch den Hauptgrund für die finanzielle Krise. Einige Abschlüsse wie Sponsorendeals müssen in der Gesellschafterversammlung durchgewunken werden – und können von einem der Gesellschafter blockiert werden. Zumal Ismaik seit einiger Zeit sein finanzielles Engagement deutlich reduziert hat.
Welche Spieler am 17. Juni beim Trainingsstart die Löwen-Trikots überstreifen sollen, ist bislang unklar. Immerhin: Der Hauptsponsor der Löwen, der Versicherer "Die Bayerische", hat angekündigt, mehr Geld geben zu wollen. Für 1,1 Millionen Euro sollen in den kommenden beiden Jahren die Namensrechte des Trainingszentrums auf den Konzern übergehen. Laut Präsident Robert Reisinger bedarf dieser Deal keiner Zustimmung der Gesellschafter, weil es sich um eine Erhöhung eines Engagements und keinen neuen Abschluss handle. Fraglich ist nur, ob Ismaik das auch so sieht.
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