Wann kommt endlich EM-Stimmung auf?
Übermorgen startet die Fußball-EM. Nur vereinzelt sieht man bislang Fahnen in Schwarz-Rot-Gold. Ein Psychologe erklärt, woran das liegt und ob die Euphorie noch kommt.
Vor fast genau zwei Jahren war alles anders. Soweit das Auge reichte: schwarz-rot-goldene Fahnen, Hüte, Trikots. Sogar die Autos der Deutschen zeigten mit Deutschlandirokesen und Carbikinis, einer schwarz-rot-goldenen Verkleidung für die Außenspiegel, dass die Euphorie im Land groß war. Vor der Europameisterschaft in Frankreich, die am Freitag beginnt, ist davon nur wenig zu sehen. Ist die Fußball-Euphorie der Deutschen verflogen?
Jens Kleinert, Professor für Sport- und Gesundheitspsychologie an der Sporthochschule Köln, sieht die EM-Stimmung nicht in Gefahr: "Üblicherweise ändert sich das ein bis zwei Tage vor dem ersten Spiel der deutschen Mannschaft. Das Gefühl der Zugehörigkeit und der Nationalstolz werden erst dann aktiviert." Dann würden die Menschen auch ihre schwarz-rot-goldenen Fanartikel aus den Schränken hervorholen.
Die Menschen würden dadurch ihre Zugehörigkeit zur Nation ausdrücken. Soziale Identität lautet das Stichwort: "So wird jeder ein kleiner Teil des Teams. Bei sportlichen Großereignissen ist die Identifikation einfacher, weil sie gesellschaftlich erwünscht ist", sagt Kleinert.
Grundsätzlich verspürten die meisten Vorfreude auf das Turnier: "Die gesellschaftlichen und politischen Problemlagen der letzten Monate können aber dazu führen, dass sich weniger mit dem eigenen Land identifizieren. Meines Erachtens sind das aber Ausnahmen." Bei vielen Menschen könne der Fußball sogar politische Schwierigkeiten verdrängen.
Was hat der WM-Titel mit der Stimmung zu tun?
Der WM-Titel von 2014 hat laut dem Psychologen keinen negativen Einfluss auf die Stimmung: "Das letzte Turnier hat gezeigt, dass Deutschland meisterliche Mannschaften hervorbringen kann. Das ist erstmal eine positive Ausgangslage." Andererseits hat sich die Mannschaft auf einigen Positionen verändert, was die Erwartung an einen vergleichbaren Erfolg relativiere.
Wenn Kleinert recht hat, dann sollten am Freitag, aber spätestens am Sonntag zum ersten Spiel der deutschen Nationalmannschaft gegen die Ukraine die schwarz-rot-goldenen Fahnen, Hüte und Trikots der Fußball-Euphorie der Deutschen Ausdruck verleihen. So wie vor zwei Jahren.
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