Das Dasein eines Rasens kann sich gewaltig unterscheiden. Warum der SC Freiburg sich bei seinem Grün verwählt hat.
Ansäen und warten war früher. In den Kleingärten der Republik fläzt heutzutage Rollrasen. Boden platt machen, mit Nährstoffen anreichern und befeuchten. Die grünen Bahnen aneinanderlegen und ausrollen. Fertig. Wer sich nicht gänzlich ungeschickt anstellt und die ackerbaulichen Aktivitäten seiner Kinder eingrenzt, blickt über Jahre hinweg auf gepflegtes Grün vor der Terrasse. Mähen, düngen und gießen, manchmal gut zureden. Vorstadtrasen ist mit einem überschaubaren Maß an Zuneigung zufriedengestellt.
Zu glauben, damit würden sich Halme eines Bundesligastadions begnügen, irrt natürlich. Wer sich vor tausenden Zuschauern treten lässt, tiefe Furchen davonträgt und sich gar bespucken lassen muss, bedarf entsprechender Pflege. Heerscharen von Greenkeepern widmen sich daher dem Geschundenen, der jegliche Form der Wurzelbehandlung bereitwillig über sich ergehen lässt.
Einjährige handeln nicht immer nach den Mustern ihrer Ernährer
Auch in Freiburg wusste man um Bedeutung und aufwendigen Pflegestatus des Untergrunds. Nichts überließen die Herren mit dem grünen Daumen daher dem Zufall, als der Sportclub jüngst sein neues Zuhause im Wolfswinkel bezog. Vor knapp einem Jahr lieferte eine niederländische Spezialfirma das Geläuf, mit extra dafür konzipierten Maschinen wurde er ins Stadion hineingepasst. Der Platz wurde nicht nur angewalzt und gereinigt, monatelang päppelten ihn die Grasflüsterer mit Nährstoffen auf und gaben ihm Sand, wenn er danach schrie.
Mehr als ein Jahr lang war er zuvor in den Niederlanden zu einem grünen Teppich aufgezogen worden. Doch Einjährige handeln nun mal nicht immer nach Mustern ihrer Ernährer. Die Liebe, die ihm seit Geburt entgegengebracht wurde, dankte der Rasen nicht etwa mit weiterem Wachsen und Gedeihen, sondern mit Abneigung. In seinem neuen Zuhause fühlte er sich sichtlich unwohl, Ausdruck verlieh er diesem Gefühl durch Nässestau und Pilzbefall.
Und so wird der Rasen in Freiburgs Arena als jener in die Geschichtsbücher eingehen, der die kürzeste Lebensdauer aller Zeiten in einem Stadion hatte. Ein Testspiel überdauerte das Gras, ehe es auf einem Komposthaufen zum Verwesungsprozess überging.
Ein Dasein als Vorstadtrasen mag langweiliger sein. Dafür ist es aber bedeutend länger.
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Tolles Thema und echter Journalismus- unglaublich relevant! Hat der FCA nicht schon einmal kurz nacheinander den Rasen ausgetauscht im neuen Stadion? Da tritt der Neid als Glosse verpackt aus allen Poren. Schade.