Kann Fritz Keller den DFB endlich befrieden?
Vom Präsidenten des SC Freiburg zum Chef des DFB: Hinter der überraschenden Nominierung von Fritz Keller steckt der Wunsch, den Verband aus der Krise zu führen.
Der gute Geschmack ist Fritz Keller nicht abzusprechen. Wer mit seinen Restaurant am Kaiserstuhl in Vogtsburg-Obergergen seit einem halben Jahrhundert einen Michelin-Stern führt und von dem Weinguide Gault & Millau als "Winzer des Jahres" ausgezeichnet wird, der bedient die Gaumenfreuden offenbar bestens. Weggefährten erzählen zudem, dass es kaum einen charmanteren Gastgeber gibt als den 62-Jährigen, der in dritter Generation das Weingut Franz Keller führt.
Doch künftig wird der Hausherr häufiger durch Abwesenheit glänzen müssen: Am Donnerstag hat der Deutsche Fußball-Bund (DFB) publik gemacht, dass sich die Findungskommission auf Keller als einzigen Kandidaten zum vakanten Amt des DFB-Präsidenten geeinigt hat.
Keller gilt als Konsenskandidat des DFB
"Es hat in den vergangenen Wochen sehr gute Gespräche mit der Findungskommission gegeben", wurde Keller in einer Mitteilung zitiert. Er selbst will sich erst nach der Vorstellung bei den DFB-Delegierten ausführlicher zu seiner neuen Aufgabe äußern. Der Fahrplan sieht vor, dass sich der amtierende Präsident des SC Freiburg, der 2010 die Führung des Bundesligisten übernommen hatte, am nächsten Mittwoch in Berlin zunächst der Konferenz der Regional- und Landesverbände sowie der Generalversammlung der Deutschen Fußball Liga (DFL) vorstellt und anschließend nominiert wird.
Theoretisch könnten die Landesfürsten, die mit ihren Amateurvertreter ein klares Stimmenplus haben, einen eigenen Kandidaten für den DFB-Bundestag am 27. September aufstellen, doch dazu wird es nicht kommen. Das letzte, was der krisengeschüttelte DFB noch braucht, ist eine Kampfabstimmung. Alles andere als eine einstimmige Wahl Kellers wäre in Frankfurt eine Überraschung. Die Aufgabe: den Verband aus seiner tiefen Sinn- und Vertrauenskrise führen.
Besonders ist die fußballerische Verbindung in der Familiengeschichte des neuen Oberhaupts: Weil Kellers Vater enge Kontakte zu den 54er-Helden von Bern pflegte, wurde Weltmeisterkapitän Fritz Walter sein Patenonkel – und so wurde aus Friedrich Walter Keller eben Fritz Keller. DFB-Vizepräsident Rainer Koch lobt ihn als "außergewöhnliche Persönlichkeit mit allen Qualitäten für das Amt".
DFB-Vize Koch: "Amt in bisheriger Form nicht auszuführen"
Allerdings sollte er sich seine im Freiburger Zirkel durchaus bekannten cholerischen Ausbrüche nicht allzu häufig leisten – dafür war schon sein gescheiterter Vorgänger Reinhard Grindel berüchtigt. Nach einer Satzungsänderung schied Keller im Vorjahr beim Sportclub aus dem Vorstand aus und verlor den Zugriff aufs operative Geschäft, was einem macht- und kontrollbewussten Menschen wie ihm nicht gefallen konnte. Intern werden ihm durchaus zwei Gesichter nach gesagt: höflich, nett und verbindlich nach außen, mitunter schwierig, impulsiv und kontrovers nach innen.
Dass ihm eine bislang sehr auf den Breisgau beschränkte Strahlkraft vorgehalten werden könnte, dagegen muss der Südbadener ankämpfen. Aber letztlich hat die Heimatverbundenheit des aus Altendiez stammenden Theo Zwanziger oder des bekennenden Schwaben Gerhard Mayer-Vorfelder bei der Ämterausübung wohl am wenigsten geschadet. Generell wird die bodenständige Lösung begrüßt, zumal sich Keller gar nicht um alles kümmern soll. Die wirtschaftlichen Belange steuert künftig die ausgelagerte DFB GmbH, und nicht mal mehr bei der A-Nationalmannschaft soll der 13. DFB-Präsident mitreden.
Koch hatte zuletzt freimütig eingeräumt, "dass unter den alten Rahmenbedingungen die Interessen zu unterschiedlich waren und das Amt unmöglich auszuführen war". Die doch ziemlich mühselige Präsidentensuche hatte die Personalberatung Egon Zehnder begleitet. Auch wenn es jetzt hieß, mit Keller sei als einzigem Kandidat intensiv gesprochen worden, soll es angeblich Absagen vom ehemaligen Adidas-Chef Herbert Hainer und dem ehemaligen Commerzbank-Aufsichtsratschef Klaus-Peter Müller gegeben haben.
Der ins Spiel gebrachte Aufsichtsratschef des SV Werder, Marco Bode, hatte wie so viele andere kein Interesse an dem Amt, an dem so viele unterschiedliche Interessen zerren. Um Konflikte zu vermeiden wäre es besser, wenn Keller nicht die Posten im Uefa-Exekutivkomitee und Fifa-Council besetzt.
Keller auch im Frauenfußball respektiert
Dem Winzer und Gastronom wird die jahrzehntelange Erfahrung "mit enger Verbindung zum Profi- und Amateurfußball, auch zum Frauenfußball und der Jugendarbeit, sowie eine große unternehmerische Leistung" (Koch) als Pluspunkt angerechnet. "Ausgestattet mit einem klaren Wertekanon und großer Bodenständigkeit, hat er sich immer zur gesellschaftlichen Verantwortung des Fußballs bekannt", betont Reinhard Rauball, der als Liga-Präsident kommende Woche aus dem Amt scheidet.
Dass die sechsköpfige Findungskommission – besetzt mit den Interimspräsidenten Koch und Rauball, DFB-Schatzmeister Stephan Osnabrügge, DFB-Vize Ronny Zimmermann sowie den DFL-Chefs Christian Seifert und Peter Peters – es bis zuletzt schaffte, sogar die Namen der Short List geheim zu halten, ist nicht minder überraschend wie die Nominierung eines Mannes, der sich allein wegen der örtlichen Nähe bestens mit Bundestrainer Joachim Löw versteht und – nicht ganz unwichtig – aus der Fraktion des Frauenfußballs ungeteilte Zustimmung erfährt.
"Fritz Keller ist eine starke Persönlichkeit, die auch den Frauenfußball im Blick haben wird", sagt Siegfried Dietrich, Manager des 1. FFC Frankfurt und designierter Vorsitzender des neuen DFB-Ausschusses Frauen-Bundesliga. Dass es übrigens mindestens eine Frau in den engeren Kandidatenkreis schaffte – wobei es sich nicht um die häufig genannte Katja Kraus handelte –, ist verbürgt. Letztlich aber bleibt das Präsidentenamt weiter Männersache. Vielleicht hat sich der Verband eine weibliche Lösung für die nächste Epoche aufgehoben.
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