Karriereende von Totilas: Endlich haben die Menschen verstanden
Totilas darf in Rente - endlich. Der Hengst ist das prominenteste Opfer einer fehlgeschlagenen Kommunikation zwischen Mensch und Tier, sein Karriereende eine Erlösung.
Menschen, die behaupten, Pferde können nicht sprechen, haben keine Ahnung. Pferde können sich sehr wohl mitteilen, nur tun sie das ohne Worte, sondern meistens mit Gesten. Mit Bewegungen der Ohren, des Schweifs und des Körpers. Non-verbal, wie der Wissenschaftler sagt. Um ein Pferd zu verstehen, sollte der Mensch also selbst weniger reden, dafür aber mehr beobachten. Das würde die Kommunikation erleichtern.
Totilas ist das prominenteste Opfer einer fehlgeschlagenen Kommunikation. Was haben die Menschen nicht alles über den Popstar unter den deutschen Dressurpferden gesagt, geschrieben und verkündet: Wunderhengst, Millionen-Investition, Goldesel, Medaillensammler.
Auch ein „Wunderhengst“ wie Totilas kann nicht zur Mitarbeit gezwungen werden
Darüber haben sie vergessen, ihn zu beobachten. Zu verstehen, warum er seit Jahren immer wieder verletzt ist. Warum er sich regelmäßig seinem Reiter widersetzt hat. Hätten vor allem die Eigentümer das getan, wäre es in Aachen wohl nicht zu jenem Eklat gekommen, der nun zum Karriereende von Totilas geführt hat.
Aus Sicht des Pferdes müsste man sagen: Endlich haben die dummen Menschen begriffen. Endlich haben sie verstanden, was Totilas ihnen schon lange sagen will. Nämlich, dass auch ein „Wunderhengst“ wie er nicht zur Mitarbeit gezwungen werden kann. Dass Knochen und Sehnen der Belastung des kräftezehrenden Leistungssports nach 15 Jahren nicht mehr standgehalten haben und dass zwischen ihm und Reiter Matthias Rath die Chemie nicht stimmt – und vermutlich nie gestimmt hat.
Bei seinen seltenen Auftritten haben Pferdefreunde durchaus gesehen, was Totilas zu erzählen hat. Nur die Beteiligten nicht. Bis sie nun durch den öffentlichen Druck gezwungen wurden, zu verstehen.
Totilas darf in Rente - mit viel Tamtam
Jetzt darf das Pferd in Rente. Natürlich wieder mit viel Tamtam. Mit Pressemitteilungen, Interviews und Facebook-Kommentaren. Kein anderes Sportpferd vor Totilas wurde je mit so viel Dramatik verabschiedet.
Andere Pferdelegenden vor ihm verließen die Sportbühne still und leise. Wie etwa Halla, die Wunderstute von Hans-Günther Winkler. 1960 ging sie mit 19 Jahren in den Ruhestand, brachte nach ihrer Springkarriere noch acht Fohlen zur Welt und starb erst im gesegneten Pferdealter von 34 Jahren.
Oder Deister von Paul Schockemöhle. Der hatte in den 80er Jahren ein Preisgeld von damals einmaligen 1,5 Millionen Mark ersprungen. Der Wallach durfte danach noch elf Rentenjahre auf der Koppel genießen. Genauso lange wie Rusty, das Goldmedaillen-Pferd von Dressurreiterin Ulla Salzgeber.
Ein ruhiger, unaufgeregter Lebensabend. Das wäre nun auch Totilas wirklich zu wünschen.
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