Eine Impfpflicht für Fußballer: Überhöht den Fußball jetzt nicht!
Oke Göttlich, Präsident des FC St. Pauli, fordert dass alle Fußball-Profis geimpft sein müssen und begründet das mit der Vorbildfunktion. Das geht zu weit.
Auf der Suche nach Optimierung kam Bundestrainer Hansi Flick auf die pfiffige Idee, das Bewusstsein seiner Spieler zu schärfen. Unter dem eingängigen Titel "Nationalspieler 365" will er Mitgliedern seines Kaders vermitteln, dass sich ihre Tätigkeit nicht auf die Zeit begrenzt, in der sie ein DFB-Trikot tragen, sondern dass sie rund um die Uhr, also jeden Tag des Jahres, den Status eines deutschen Auswahlspielers haben. Zu den Anforderungen zählt nicht nur Sportliches wie die tagtägliche Bereitschaft, die beste Leistung abzurufen. Verankert ist ebenso das Verhalten neben dem Platz. Thomas Müller erklärte etwa, ein Nationalspieler solle nicht über die Stränge schlagen, schließlich habe man eine Vorbildfunktion.
Grundsätzlich hat er damit recht. Mitglieder eines Nationalteams sind Vertreter eines Landes. Menschen identifizieren sich mit ihnen, orientieren sich an ihnen und eifern ihnen mitunter sogar nach. Weltmeister und Olympiasieger erhalten silberne Lorbeerblätter oder sogar Bundesverdienstkreuze vom Bundespräsidenten. Sport, speziell der Fußball, besitzt ungemeine Strahlkraft. Eines sollte man aber lassen: den Sport zu überhöhen. Genau das findet aber teilweise statt.
Laut der DFL sind 95 Prozent der Profi-Kicker bereits geimpft
Wenn Oke Göttlich, Präsidiumsmitglied der Deutschen Fußballliga (DFL) und Präsident des FC St. Pauli, fordert, alle Profis müssten geimpft sein, und dies mit der Vorbildfunktion begründet, macht er den Fußball wichtiger, als er gesellschaftspolitisch ist. Zudem sind laut DFL knapp 95 Prozent aller Spieler immunisiert. Träfe dieser Prozentsatz in der Gesamtbevölkerung zu, dort lag die Quote zuletzt bei 67 Prozent, wäre die Pandemie in Deutschland längst im Griff und die vierte Welle würde nicht so verheerend durchs Land schwappen. Solang sich Angestellte in Pflegeberufen, im Schulwesen oder in Bereichen mit viel zahlreicheren Kontakten zu anderen Menschen nicht impfen müssen, sollten Fußballer ausgenommen sein. Ihr Einfluss auf das Infektionsgeschehen ist verschwindend gering.
Ungeachtet dessen, können Nationalspieler und deren Bundesligakollegen einen Beitrag leisten, den Impffortschritt zu beschleunigen. Ebenso wie es Hubert Aiwanger kann, der sich nach langem Zögern das Vakzin spritzen ließ. Das schafft Vertrauen und hilft, Zögernde zu überzeugen. Impfen mag nicht die eine Lösung gegen Corona sein, aber sie ist Teil davon.
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