Olympia und Fußball-EM absagen? Es gibt nur eine richtige Lösung
Für den kommenden Sommer sind zwei sportliche Großereignisse geplant. Derzeit scheint es unmöglich, sie durchzuführen. Trotzdem wäre eine Absage falsch.
Die einfachste Lösung wäre: alles absagen. Keine Olympischen Spiele, keine Fußball-Europameisterschaft. Ein Sommer ohne sportliches Großereignis. Der SPD-Politiker Karl Lauterbach ist beispielsweise ein Anhänger dieser Forderung. Sie ist verhältnismäßig leicht umzusetzen und bei der derzeit wackeligen Pandemielage schlüssig. Prävention vor Risiko. Nicht immer aber ist die einfachste und nächstliegende Lösung die richtige.
In diesem Fall muss sie anders lauten. Die Organisatoren sollen so lange wie nur irgendwie möglich mit einer Durchführung planen. Nur, weil nicht bekannt ist, wie die Situation im Hochsommer ist, bedeutet es nicht, dass allein vom schlechtesten Fall auszugehen ist. Die Sportler haben in den vergangenen Monaten schon häufiger positiv überrascht. Die Fußball-Bundesliga zog ihren Spielbetrieb trotz anfänglicher Skepsis bis heute ohne größere Probleme durch. Gerade erst wurde die Handball-WM beendet. Zwei Mannschaften mussten kurzfristig absagen, eine dritte wurde während des Turniers ausgeschlossen. Corona. Bitter für die drei Teams, dafür konnten aber 31 andere Auswahlmannschaften den Weltmeister ermitteln.
Olympia 2021 in Tokio: Viele Japaner lehnen die Austragung der Olympischen Spiele ab
Sport ist – auch im Profibereich – so viel mehr als lediglich ein Unterhaltungsbetrieb. Er ist immer ein Symbol: in diesem Sommer möglicherweise eines der Hoffnung. Der Sport kann auch anderen Bereichen den Weg weisen, welche Lockerungen trotz einer weltumspannenden Pandemie möglich sind.
In Japan, wo am 23. Juli die Olympischen Sommerspiele eröffnet werden sollen, dürfen jetzt schon unter strengen Sicherheitsvorkehrungen und bei stark reduzierter Kapazität Zuschauer zu Wettkämpfen. Obwohl der Corona-Inzidenzwert im globalen Vergleich eher gering ist, lehnen derzeit rund 80 Prozent der Japaner die Olympischen Spiele ab . Der Großteil wegen der Sorge, das Virus samt seinen Mutationen könnte von den rund 20.000 Sportlern und Betreuern eingeschleppt werden. Eine verständliche Sorge, vor allem im größten weltweiten Ballungszentrum. In der Metropolregion Tokio leben über 35 Millionen Menschen. Massen-Schnelltests bei Sportlern, Trainern und Zuschauern könnten Angst nehmen und dafür sämtlichen Beteiligten Freiheit und Gewissheit schenken.
Dass die Fußball-Europameisterschaft wie geplant über den Kontinent verteilt in 12 Ländern stattfindet, scheint vor allem vor dem Hintergrund der derzeitigen Einreisebeschränkungen kaum vorstellbar. Selbstverständlich befasst sich die austragende Uefa auch mit alternativen Szenarien. Es gibt Gedankenspiele, das Turnier stattdessen doch in lediglich einem Land stattfinden zu lassen. Ob ausländische Fans einreisen dürfen, wie viele Anhänger überhaupt in die Stadien dürfen: Es ist das einzig Richtige, sich die Beantwortung noch offen zu halten.
Es braucht eine Perspektive: Da tut sich der Sport leichter als andere Bereiche
Die Sportler – und das gilt hauptsächlich für die Olympiateilnehmer – haben finanziell nicht ausgesorgt. Sie führen oft ein entbehrungsreiches Leben. Die Olympischen Spiele sind das große Ziel, auf das sie teilweise über ein Jahrzehnt lang hingearbeitet haben. Sportler brauchen Ziele, benötigen Perspektiven – so wie alle anderen auch. Die Corona-Müdigkeit hat zu einem großen Teil auch damit zu tun, dass nie klar über mögliche erkennbare Ziele gesprochen wird. Da hat es der Sport leichter.
Die Olympischen Spiele sind die erstrebenswerteste Perspektive für Athleten. Fans können möglicherweise im Sommer in kleinen oder – mit viel Optimismus – größeren Gruppen die Spiele der deutschen Nationalmannschaft verfolgen. Eine schöne Vorstellung. Sie darf nicht vorschnell aufgegeben werden.
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