Liverpool feiert die Meisterschaft: Rote Ekstase dank Jürgen Klopp
Liverpools erste Meisterschaft seit 30 Jahren sorgt bei den Anhängern für Glückszustände. Neben sportlichen Erfolgen schweißen Tragödien die Fangemeinde zusammen.
Man mag es kaum glauben, aber Jürgen Klopp hatte zu Beginn seiner knapp fünfjährigen Amtszeit in Liverpool tatsächlich Angst, gefeuert zu werden. „Ich wusste, dass ich in Liverpool auf einem anderen Level bin und wenn ich nicht schnell genug liefere, werde ich entlassen. Ganz einfach“, sagte er unlängst in einem Interview mit dem britischen TV-Sender Sky Sports. Der ehemalige Dortmund-Trainer spielte damit wohl auch auf die ruhmreiche Geschichte der Reds an, die zu den erfolgreichsten Klubs Europas zählen.
Sechs Mal gewannen die Nordengländer Champions League oder Europapokal der Landesmeister – zuletzt im vergangenen Jahr –, sieben Mal den nationalen Pokal. Am Donnerstagabend folgte die 19. Meisterschaft – die erste seit 30 Jahren. Liverpool stand dabei gar nicht selbst auf dem Platz und profitierte von Chelseas Sieg gegen Manchester City.
Liverpools Fans sehnten sich nach einem charismatischen Anführer
Während der langen Durststrecke feierte Liverpool internationale Erfolge, in der Liga blieb der Traditionsverein trotz fünf Vizemeisterschaften oft hinter den Erwartungen zurück. Was den Anhängern der Reds jedoch mindestens genauso fehlte wie sportliche Erfolge: ein charismatischer Anführer an der Seitenlinie. Auch deshalb wurden dem stets authentisch auftretenden Klopp anfängliche Schwierigkeiten verziehen. Von den Verantwortlichen bekam er Zeit, um den Spielern seinen „Vollgas-Fußball“ einzuimpfen und den Kader nach seinen Vorstellungen zu verstärken: Für Stars wie Stürmer Mohamed Salah oder Innenverteidiger Virgil van Dijk nahm der Verein viel Geld in die Hand.
Doch wie schon zu Dortmunder Zeiten holte Klopp auch aus dem restlichen Kader das Maximum heraus. Trent Alexander-Arnold und Andrew Robertson haben sich unter dem 53-Jährigen zum wohl besten Außenverteidiger-Duo der Welt entwickelt, Georginio Wijnaldum stieg 2016 mit Newcastle ab und ist jetzt unumstrittene Stammkraft.
Jürgen Klopp wird in Liverpool zur Ikone
Klopp ist bei seinen Spielern ebenso beliebt wie bei der Fangemeinde, die furchtbare Tragödien mindestens genauso sehr wie sportliche Erfolge zusammengeschweißt hat: Beim Europapokal-Finale 1985 im Brüsseler Heysel-Stadion stürmten Liverpooler Fans den Block der Juventus-Anhänger – eine Massenpanik führte zum Tod von 39 Menschen. Knapp vier Jahre später wurden beim Halbfinale des FA Cups im Hillsborough-Stadion in Sheffield zu viele Zuschauer in den Block der Reds gelassen – 96 Anhänger wurden erdrückt oder totgetrampelt. Lange machten Behörden Liverpool-Fans für die Katastrophe verantwortlich.
Wegen ihrer Berichterstattung in dem Fall ist die britische Tageszeitung The Sun in der Stadt verpönt. Erst 2016 stellte eine Untersuchungskommission schwere Fehler der Polizei, die unter anderem ein Tor unbedacht geöffnet hatte, als Auslöser fest.
Kenny Dalglish, 1989 Spielertrainer der Reds, unterstützte die Familien der Überlebenden in ihrem Kampf für Gerechtigkeit. In Liverpool wird er ebenso verehrt wie Ex-Kapitän Steven Gerrard, dessen Cousin das jüngste Opfer von Hillsborough war. Oder die Trainerlegende Bill Shankly, der mit einer Statue vor der Anfield Road verewigt ist. Nach dem Gewinn der Premier League dürfte Jürgen Klopp endgültig mit diesen Ikonen in einem Atemzug genannt werden.
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