Magdalena Neuner: Vom Winde verweht
Statt einer Medaille bleibt für die Goldfavoritin Magdalena Neuner nach sechs Fehlschüssen nur Platz 23. Die deutschen Biathlon-Frauen scheitern auch an den Windverhältnissen
Weg, einfach nur weg. Magdalena Neuner eilte schnellen Schrittes an den Kameras, Mikrofonen und Notizblöcken der Journalisten vorbei. Einem Betreuer drückte sie Skier, Stöcke und Gewehr in die Hand, dann verschwand sie erst einmal in den Katakomben der Chiemgau-Arena. Das Rennen lief noch, aber eines war klar: Neuners Traum von sechs Medaillen ist geplatzt. Im gestrigen Einzelrennen schoss die 25-Jährige gleich im ersten Anschlag zweimal vorbei. Das bedeutet zwei Strafminuten. Am Ende standen gar sechs Fehler und Platz 23. Ganz vorne zog die Norwegerin Tora Berger einsam ihre Kreise. Mit nur einem Fehler holte sie Gold vor Marie Laure Brunet (Frankreich) und Helena Ekholm (Schweden).
Neuners Lächeln kehrt zurück
Als sich die drei noch von dem nur mittelmäßig begeisterten Publikum feiern ließen, kehrte Neuner zurück. Mit blauer Mütze, dicker Jacke und einem zaghaften Lächeln im Gesicht. Die Enttäuschung hatte sich nicht lang gehalten. „Das klingt jetzt blöd, aber ich bin froh, dass es kein vierter Platz war. Das wäre noch doofer gewesen. Dann lieber gar nichts“, sagte sie in ihrer charmanten Art. Mit zwei Fehlern im ersten Schießen zu starten, sei für den Kopf nicht ganz einfach gewesen.
Nach einem fehlerfreien zweiten Anschlag keimte kurzfristig noch einmal Hoffnung auf, dass es vielleicht doch noch für eine Medaille reichen könnte. Im dritten und vierten Schießen allerdings kamen noch vier weitere Fehler dazu. Neuner: „Da war dann irgendwie die Luft raus und ich hatte mit dem Rennen schon abgeschlossen.“
Ähnlich dürfte es ihren Mannschaftskolleginnen schon nach dem ersten Schießen gegangen sein. Andrea Henkel (20.), Miriam Gössner (36.) und Tina Bachmann (48.) hatten gleich zu Beginn große Probleme, die Projektile im Ziel unterzubringen. Die Trainer rätselten nach dem Rennen über die Gründe. „Alle vier haben nicht auf die veränderten Windverhältnisse reagiert“, befand ein verärgerter Cheftrainer Uwe Müßiggang. Beim Anschießen sei der Wind noch von links gekommen. Kurz nach dem Start allerdings habe er gedreht und sei dann von rechts gekommen. „Das haben wir per Funk auch an die Trainer an der Strecke weitergegeben und die an die Sportlerinnen. Wie die dann reagieren, ist deren Entscheidung.“
Ricco Groß: Tag zum Abhaken
Offenbar reagierten sie falsch. Frauentrainer Ricco Groß hatte dafür nur sehr begrenzt Verständnis: „Das ist unerklärlich. Die Bedingungen waren zwar schwierig, aber beherrschbar“, kommentierte er übellaunig die Geschehnisse. „Das war ein Tag zum Abhaken.“
Ganz so drastisch wollte es Neuner nicht ausdrücken. Mit jedem der insgesamt elf TV-Interviews, das sie in der Mixed-Zone gab, wirkte sie entspannter. Bei den Radiostationen angekommen, hatte sich die gute Laune gefestigt. Und spätestens bei den schreibenden Journalisten, die traditionell ganz am Ende der medialen Verwertungskette stehen, war sie wieder bestens gelaunt. „Es hat heute einfach nicht sollen sein“, sagte sie. Und natürlich sei sie enttäuscht, „aber es geht eigentlich. Das ist halt Biathlon“. Neuner fand sogar noch Positives in ihrem Rennen. „Ich bin gut gelaufen, ich hatte zumindest einen fehlerfreien Anschlag und ich bin vor Darya geblieben – das war es aber auch.“
Letztgenannte Darya Domratschewa hatte im Vorfeld als große Konkurrentin Neuners im Kampf um Gold gegolten. Aber auch die Weißrussin schoss gleich im ersten Anschlag viermal vorbei und vergab alle Chancen auf eine Medaille. Domratschewa musste sich mit Platz 25 zufriedengeben.
Feiern durften gestern andere, Tora Berger zum Beispiel. Die neue Weltmeisterin konnte ihr Glück kaum fassen: „Ich habe mich richtig gut gefühlt, es war ein fast perfektes Rennen.“
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