Mark Warnecke: "Es hat sich was getan"
Bei der WM zeigen die deutschen Schwimmer einen Aufwärtstrend. Dafür gibt's Lob von Ex-Weltmeister Mark Warnecke. Beim Thema Doping allerdings "kommt es mir hoch".
Vor zehn Jahren krönte sich Mark Warnecke zum ältesten Schwimm-Weltmeister aller Zeiten. Mit 35 Jahren gewann er die 50 Meter Brust. Gestern ging die WM in Kasan zu Ende. Die deutsche Mannschaft hinterließ einen positiven Eindruck, findet auch Warnecke, obwohl sein persönliches Projekt (noch) nicht erfolgreich war.
Mit drei Medaillen, darunter Gold von Marco Koch, kehren die deutschen Beckenschwimmer von der WM in Kasan zurück. Wie hat Ihnen die deutsche Mannschaft gefallen?
Warnecke: Gut. Es hat sich was getan und man kann schon deutlich optimistischer sein, als noch 2012 (bei den Olympischen Spielen in London gab es für die deutschen Beckenschwimmer keine Medaille, Anm. d. Red.). Insgesamt war das schon sehr gut.
Bei der WM wurden zwölf neue Weltrekorde aufgestellt. Wie bewerten Sie diese Entwicklung?
Warnecke: Für jemanden, der diese Rekorde nicht schwimmt, natürlich kritisch. Aber die Entwicklung ist eben so. Immer wenn man meint, es geht nichts mehr, gibt es ganz offensichtlich doch noch was. Das ist das Problem in diesem Sport. Wenn man als Nation einmal den Anschluss verloren hat, ist es tierisch schwer, wieder ranzukommen, weil sich die anderen ständig weiterentwickeln.
Nach dem Verbot der Plastikanzüge im Jahr 2009 hieß es, dass die Zeit der Weltrekorde vorbei sei. Jetzt werden sie im Dutzend gebrochen. Worauf führen Sie das zurück?
Warnecke: Das ist schwer zu sagen. Dafür bin ich international zu wenig drin im Thema. Ich sehe nur, dass die Entwicklung bei uns in Deutschland stetig ist. Wir haben sehr viele Steigerungen gehabt von den deutschen Meisterschaften zur WM, was zuletzt nicht immer so war. Mehr kann man erst einmal nicht machen. Wir müssen vor unserer eigenen Tür kehren. Was die anderen machen, können wir nicht beeinflussen. Es gibt aber natürlich Themen, die man am besten verdrängt, dass man kein Problem damit hat.
Ihr persönliches Projekt heißt Dorothea Brandt. Sie wollen die Kraulsprinterin mit einem ausgeklügelten Plan bis nächstes Jahr zu den Sommerspielen in Rio zur Medaillenkandidatin machen. In Kasan hat sie allerdings das Finale verpasst ...
Warnecke: Das Risiko sind wir eingegangen. An unserer Planung hat sich dadurch nichts verändert. Sie ist kaputt zu der WM gefahren. Wir haben sie im Training wirklich ganz, ganz hart ran genommen.
Was macht das Projekt aus?
Warnecke: Dass dabei viele Faktoren zusammen kommen. Doro ist 31, ist also komplett austrainiert. Wir wollen aber die Chance auf eine Medaille 2016 haben. Und um auf dieses Level zu kommen, haben wir diese Saison geopfert für Training. Wir haben alles radikal verändert und voll auf 2016 ausgerichtet. Doro soll 2016 aus dem Wasser steigen und wissen: Mehr ging nicht – außer mit verbotenen Mitteln und das machen wir nicht. Wir haben alles umgekrempelt: Psychologie, Ernährung, Krafttraining, Schwimmtechnik, Unterwasserphase, Anschläge. Wir haben alles bis aufs Maximum getrieben. Es gibt nächstes Jahr keinen Stein mehr, den wir nicht umgedreht haben. Dann sehen wir, ob wir es geschafft haben, sie auf ein neues Niveau zu heben.
Stichwort neues Niveau: Sie holten vor zehn Jahren den WM-Titel über 50 Meter Brust. Auf dieser Strecke wurde der Weltrekord in Kasan gleich zweimal verbessert. Was ist da los?
Warnecke: Ich habe keine Ahnung, wie das geht. Das ist schon sehr krass, was die da machen. Auch die 200 Meter werden mit Zeiten angegangen, da bist du vor nicht allzu lange Zeit Olympiasieger geworden. Was sich im Brustschwimmen getan hat, ist abartig, das gibt es momentan in keiner anderen Schwimmlage.
Das Thema Doping geistert durch Kasan. Auslöser sind Sperren für überführte Stars, die auf wundersame Weise kurz vor der WM zu Ende gingen. Was halten Sie davon, wie der Weltverband Fina mit Doping umgeht?
Warnecke: Wir blenden das alles in unserer Arbeit komplett aus. Natürlich schaue ich mir das an – und hier und da kommt es mir dabei schon hoch. Aber Doro sagt dann zu mir, dass ich sie mit diesem leidigen Thema in Ruhe lassen soll. Das ist auch der richtige Umgang damit. Denn die Suche nach Ausreden hat keinen Sinn. Es ist nun mal so. Was ich nur anmerken kann, ist, dass man darum kämpfen muss, dass die Dopingkontrollen überall gleich streng durchgeführt werden. Das gilt auch für die Strafen. Wo ich auch ein Problem sehe, ist, wenn man irgendwo in der Pampa lebt und in Ruhe trainiert. Da kommt natürlich seltener ein Kontrolleur vorbei, als wenn du hier im Ruhrpott bist. Wir müssen uns dafür einsetzen, dass es überall die gleichen Standards gibt – oder lassen Sie es mich so sagen: Ich glaube, dass wir eigentlich gar nicht so schlecht sind.
Interview: Andreas Kornes
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