Nach Löw nun Zwanziger: Großbaustelle DFB
Frankfurt/Main (dpa) - Nach der ungeklärten Zukunft von Bundestrainer Joachim Löw tut sich beim Deutschen Fußball-Bund eine zweite Großbaustelle auf. Präsident Theo Zwanziger hat Zweifel an seiner Zukunft an der DFB-Spitze bestätigt.
"Jeder Mensch, dessen Amtszeit zu Ende geht, hat das Recht, sich auch darüber Gedanken zu machen, ob er noch einmal für eine dreijährige Amtszeit zur Verfügung stehen will. Genau in diesem Entscheidungsfindungsprozess befinde ich mich im Moment", ließ Zwanziger über seinen Sprecher sagen.
Der Prozess werde "bis zur Präsidiumssitzung am 30. Juli 2010 abgeschlossen sein und dass dabei auch private Dinge eine Rolle spielen können, wird man mir nicht verübeln", erklärte Zwanziger. Für den Fall, dass Zwanziger nicht mehr kandidiert, ist noch kein Nachfolger in Sicht.
In der Liga riefen die Äußerungen des DFB-Chefs prompt Unverständnis hervor. "Wir sind alle mindestens einmal in der Woche amtsmüde", sagte Heribert Bruchhagen, Vorsitzender von Eintracht Frankfurt und Vorstandsmitglied der Deutschen Fußball Liga, dem "Tagesspiegel". Daher nehme er die Abschiedsgedanken nicht zu ernst, "denn erstens macht er seinen Job gut und zweitens gerne".
Gut möglich, dass sich der mit 6,7 Millionen Mitgliedern größte Sportfachverband der Welt noch in diesem Sommer einen neuen Präsidenten suchen muss. Denn die nächste Wahl steht bereits beim Verbandstag am 21./22. Oktober in Essen an. Einen Zusammenhang zwischen den Fragezeichen hinter Löw und der Ungewissheit um Zwanziger wies dessen Sprecher Stephan Brause zurück.
"Seine Zukunft wird er nicht an die Vertragsverlängerung von Joachim Löw knüpfen", sagte Brause über Zwanzigers Gedankenspiele. "Aber klar ist, dass die erste Priorität in den nächsten Wochen die Vertragsverlängerung mit dem Bundestrainer hat. Erst danach wird er sich Gedanken über seine persönliche Zukunft als DFB- Präsident machen."
Der 65 Jahre alte Spitzenfunktionär hatte am Wochenende beim Verbandstag des Fußballverbandes Rheinland in Altenkirchen erklärt: "Ich verspüre eine tiefe Sehnsucht nach dem Privaten." Auf die Frage, ob er amtsmüde sei, sagte er der "Rheinzeitung": "Ja, das kann man so sagen. Die Amtsmüdigkeit, die gibt es." Es sei "momentan völlig offen", ob er erneut kandidiere. Zwanziger würde sich vor allem gerne mehr um seine drei Enkel kümmern.
Dem DFB-Chef macht aber auch die Kritik an seiner Amtsführung zu schaffen: In der Schiedsrichter-Affäre um Manfred Amerell und Michael Kempter warf man Zwanziger vor, sich voreilig auf die Seite des jungen Bundesliga-Referees Kempter geschlagen zu haben.
Zudem machten ihn viele für die geplatzte Vertragsverlängerung mit Löw vor der WM verantwortlich. Jetzt muss der Jurist aus Altendiez zuschauen, wie sich der beliebte Bundestrainer mit der Entscheidung weiter Zeit lässt.
Löw hatte am Wochenende in Rust bei seinem ersten öffentlichen Auftritt in der Heimat nach der Weltmeisterschaft in Südafrika seine berufliche Zukunft offen gelassen. "Ich brauche Ruhe, um Kraft und Gedanken zu sammeln", sagte er am Rande der Feier zum 20-Jährigen Jubiläum der 90er Weltmeister. Die WM sei anstrengend und kräftezehrend gewesen. Es sei nicht die Zeit für öffentliche Statements.
Zuletzt hatte eine Zeitung während der Schiedsrichter-Affäre vom "Zickzack-Zwanziger" geschrieben. "Das trifft mich sehr, da ich bei aller Kritikfähigkeit vieles als absolut ungerecht empfunden habe", hatte Zwanziger vor der WM in einem dpa-Interview gesagt. "Da gab es Dinge, die man - ich bin da ganz offen - nicht so leicht wegsteckt."
Als er nun von "seinem" Landesverband Rheinland als Ehrenpräsident ausgezeichnet wurde, beklagte er sich in einer Rede vor den Delegierten: "Unsere Aufgabe ist es, die Balance zu halten. Aber unsere Öffentlichkeit kennt keine Balance mehr, es geht nur noch um Sieg oder Niederlage, Macht oder Ohnmacht, Genie oder Wahnsinn."
Seit 2004 steht Zwanziger an der Spitze des DFB, zunächst gemeinsam mit Gerhard Mayer-Vorfelder, seit dem 8. September 2006 als alleiniger Präsident. Hermann Korfmacher, der als 1. Vizepräsident des DFB die Amateure vertritt, glaubt noch nicht an einen Rückzug. "Ich hoffe für den Amateurfußball, dass Theo Zwanziger uns als Präsident erhalten bleibt. Und davon gehe ich auch aus", sagte Korfmacher.
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