
Darum bleiben die Stadien bei Olympia leer

Das ach so sportbegeisterte Brasilien darf die Olympischen Spiele ausrichten - und oftmals sind die meisten Plätze unbesetzt. Warum? Die Erklärungen widersprechen sich.
Stell dir vor, es ist Olympia - und keiner geht hin. Das ist in etwa der Eindruck, den die brasilianischen Gastgeber derzeit in der Welt hinterlassen. Das Land hat über 200 Millionen Einwohner, das sind mehr als doppelt so viel wie Deutschland. Es ist auch nicht so, dass in Brasilien alle Menschen am Hungertuch nagen, wenngleich das Land wirtschaftliche Probleme hat. Und in Sachen Sportbegeisterung und Lebensfreude müssen sich die Brasilianer im weltweiten Vergleich wahrlich nicht verstecken.
Dürftige Zuschauerzahlen bei Reiten und Fußball
Und doch reitet Michael Jung in einem Stadion zu Gold in der Vielseitigkeit, das vielleicht zu einem Drittel gefüllt ist. Und beim Fußballspiel Deutschland gegen Mexiko, immerhin Weltmeister gegen Olympiasieger, waren mehr Plätze frei als besetzt. Dabei sind die Fußball-Vorrundenspiele seltene Höhepunkt für die Stadt Salvador, rund 1600 Kilometer von Rio de Janeiro entfernt. Zugegeben, zeitgleich hatte Brasilien gespielt und dort war das Stadion entsprechend voller, die Stimmung besser. Dennoch wirkt das dürftig. Eine derartige Tristesse hätte man eher bei der Fußball-WM in Katar 2022 erwartet - aber doch nicht in Brasilien.
Von offizieller Seite versucht man sich an Erklärungen - und die klingen immer wieder ein wenig anders. Über 80 Prozent der 6,1 Millionen Tickets seien verkauft, heißt es da. Der Sprecher des Organisationskomitees, Mario Andrada, erklärte: "Die Brasilianer sind Spätkäufer." Vor Beginn der Spiele seien 10.000 Tickets am Tag verkauft worden, mittlerweile seien es 100.000 täglich. "Wir sind glücklich, dass wir das Niveau an Ticketverkäufen erreicht haben, das wir brauchen."
Organisationschaos bedingt leere Ränge in Rio
Die Karten sind also verteilt. Allerdings: Viele Karten gehen an Sponsoren, die dann doch nicht zu den Wettkämpfen kommen. Und ein gewisses Organisationschaos kann auch Andrada nicht abstreiten. "Wir gehen davon aus, dass in den ersten paar Tagen Leute Probleme hatten, zu den Spielen zu kommen und dass es ein Problem mit dem Essen gegeben hat." Zuschauer hätten die Wettkämpfe verlassen müssen, um sich mit Essen zu versorgen, zitiert ihn der britische Telegraph. Das brasilianische Portal Folha de S. Paulo berichtete von 40.000 Plätzen, die allein am ersten Wettkampftag wegen Warteschlangen leergeblieben seien. Auch die Touristen strömen weniger stark in die Stadt als geplant. Statt mit einer Million rechne man in Rio nur noch mit 300.000 bis 500.000 Gästen.
Und die Preise? Die variieren stark je nach Disziplin. Auf dem offiziellen Portal der Organisatoren kosten etwa Karten für die Leichtathletik zwischen 260 und 900 brasilianische Real (75 bis 258 Euro) - am Tag. Ähnlich sind die Preise für das Aquatic Center und die Schwimmer. Wesentlich günstiger sind da die Einstiegspreise bei den Fußball- oder Hockey-Vorrundenspielen. Für 11,50 Euro konnte man den Last-Second-Sieg der Deutschen gegen Indien im Hockey oder das 10:0 des DFB gegen die Fidschi-Inseln bejubeln. Karten für das Volleyball- und Basketballfinale kosten bis zu 344 Euro, für die Abschlussfeier bis zu 861 Euro.
Es gibt allerdings auch Wettbewerbe, bei denen passt vieles - etwa Beachvolleyball, ein gerade in Brasilien beliebter Sport. "Das ist eine geile Atmosphäre", sagt Kira Walkenhorst, die mit Laura Ludwig den Gastgebern an der Copacabana die Goldmedaille wegschnappen möchte. (seak/dpa)
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