Paris-Roubaix: Bahn erstattet Anzeige gegen Fahrer
Am Tag nach dem Radklassiker Paris-Roubaix bewegten zwei Dinge die Gemüter: Die Freude des Siegers und eine Bahnschranke. Letztere hatte sich während des Rennens geschlossen.
Am Tag nach dem Radklassiker Paris-Roubaix gab es zwei Dinge, die die Gemüter bewegten: Die Freude des Siegers und eine Bahnschranke. Bestenfalls Schmunzeln kann man als Beobachter über die Aktion der französischen Eisenbahngesellschaft SNCF, denn die hat rechtliche Schritte gegen einen Teil des Feldes eingeleitet. Grund: Mehrere Fahrer hatten einen Bahnübergang trotz geschlossener Schranke überquert. "Millionen TV-Zuschauer haben dieses extrem gefährliche und unverantwortliche Handeln, das tragisch hätte enden können, live gesehen", hieß es in der Mitteilung der SNCF. Und weiter: "Wenige Sekunden danach fuhr ein TGV (französischer Schnellzug, Anm. d. Red.) über diesen Abschnitt und hätte das Peloton treffen können."
Abgesehen von dieser Posse steht aber vor allem John Degenkolb im Zentrum des Interesses - dabei hatte der ein ganz spezielles Problem: Wohin mit dem Siegerpokal? Der hat es nämlich in sich, besteht er doch aus einem massiven Pflasterstein, "und der ist doch sehr schwer. Vielleicht muss ich erst noch ein Regal bauen", sagte Degenkolb, der am Sonntag bei dem gefürchteten Frühjahrsklassiker für den ersten deutschen Sieg seit 119 Jahren gesorgt hatte.
Lob von allen Seiten für John Degenkolb
Zeit für den Regalbau hätte der 26 Jahre alte Radprofi. Bis zum 1. Mai beim Rennen in seiner Wahl-Heimat Frankfurt ist eine Pause angesagt. Bis dahin kann er auch die ganzen Gratulationen nach seinem Erfolg abarbeiten. Die früheren deutschen Ausnahmefahrer von Olaf Ludwig bis Didi Thurau waren hellauf begeistert. "Man muss in die Superlativen gehen. Das war sensationell", sagte Ludwig und gab Degenkolb einen Ratschlag mit auf den Weg: "Diese Saison ist nicht mehr zu toppen. Was jetzt noch kommt, ist Zugabe. Er sollte es genießen. Es ist noch viel Zeit für weitere Heldentaten."
Ludwig war in seiner Karriere nicht in diesen Genuss gekommen, 1992 wurde er Zweiter. Auch Thurau fuhr 1980 aufs Podium, zum Sieg reichte es aber nicht. Der frühere Radstar prophezeit Degenkolb eine große Zukunft. "Er ist ein Siegfahrer, kann die Rennen lesen und hat einen guten Instinkt. Da wird noch einiges kommen", sagte Thurau.
"Ich hoffe, dass er auf dem Boden bleibt"
Mit gerade einmal 26 Jahren gewann Degenkolb am Sonntag nur drei Wochen nach seinem Erfolg bei Mailand-Sanremo ein weiteres Rennen der fünf Radsport-Monumente. "Er hat alles, um solche Rennen zu gewinnen, ähnlich wie früher De Vlaeminck", sagte Rolf Wolfshohl, der einst als Erster auf die alte Betonpiste im Velodrome von Roubaix eingebogen war, dann aber eingeholt wurde. "Ich hoffe, dass er auf dem Boden bleibt. Bescheidenheit ist die Grundlage zum Erfolg."
Die Gefahr, dass Degenkolb nun abheben könnte, ist aber wohl gering. Dafür hat er viel zu hart für diese Siege gearbeitet. "Ich bin weiter hungrig", sagte der gebürtige Thüringer unmittelbar nach dem Rennen. Die Ziele gehen Degenkolb vorerst nicht aus. Insbesondere bei der Tour de France hat er noch eine Rechnung offen, nachdem er im vergangenen Jahr mehrmals an einem Premieren-Sieg vorbeigeschrammt war. (ako/dpa)
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