Wer ist der fränkische Strippenzieher beim IOC?
Thomas Bach hat es als Fechter gelernt zu taktieren. Als IOC-Präsident steht er vor großen Problemen. Der Fall Russland ist nur eines.
Es gab Zeiten, da konnte Thomas Bach dem unangenehmen Thema noch humorvoll begegnen. Auf die Frage „Womit dopen Sie sich persönlich?“ antwortete der Wirtschaftsanwalt aus Tauberbischofsheim zwischen Heilbronn und Würzburg 1991 hintergründig- süffisant. „Mit roten Burgunderweinen.“ Damals war Bach gerade im Alter von 37 Jahren als einfaches Mitglied ins Internationale Olympische Komitee (IOC) eingezogen und gab noch lächelnd Einblick in sein Privatleben.
Inzwischen ist der 62-Jährige der neunte Präsident in der 122-jährigen IOC-Geschichte und erlebt gerade die schwierigste Phase seiner knapp dreijährigen Amtszeit. Kurz vor den Sommerspielen in Rio de Janeiro muss er zur Kenntnis nehmen, dass es in Russland viele nicht so genau nahmen mit Werten wie Fair Play. Von Staatsdoping ist sogar die Rede.
Komplettausschluss kam für IOC nicht infrage
Die russischen Leichtathleten sind schon ausgesperrt, andere werden folgen. Darüber müssen die Fachverbände entscheiden. Ein Komplettausschluss kam für das IOC nicht infrage. Der Jurist Bach verwies auf das Prinzip der Unschuldsvermutung. Kritiker werfen ihm vor, dass er es sich mit dem russischen Staatspräsidenten Wladimir Putin nicht verscherzen wollte.
Bach fühlt sich als Diplomat und ist nach den vielen Jahren in der Sportpolitik ein Meister des Taktierens. Das hat der junge Mann, der bereits mit 14 Jahren seinen Vater verlor, früh gelernt. Er konnte sich zwar auch für Fußball und Tennis begeistern, Tauberbischofsheim ist aber in erster Linie Fechtzentrum. Während die Mutter mit einem Textilladen die Familie ernährte, griff Bach zum Florett. 1976 gewann er im kanadischen Montreal olympisches Gold mit der deutschen Mannschaft. Vier Jahre später sollte die nächste Krönung folgen, doch es war der Tiefpunkt seiner Laufbahn. Aktivensprecher Bach konnte nicht verhindern, dass der Westen die Spiele in Moskau boykottierte.
Bach promovierte "magna cum laude"
Der Fechter trieb seine juristische Laufbahn voran, promovierte „magna cum laude“ und baute als FDP-Mitglied seine politischen Kontakte aus. Auch in seiner zweiten sportlichen Karriere bewies der Mann, der seine Ehefrau Claudia auf dem Gymnasium kennengelernt hatte, jenes Gespür für Angriff oder Abwarten, das ihn im Fechten ausgezeichnet hatte.
Bach hatte immer weniger Zeit für die Skatrunden in der Heimatstadt. Von Tauberbischofsheim und seinem zweiten Wohnsitz in der Nähe von Herzogenaurach aus arbeitete er konsequent an seinem Aufstieg im IOC. Am 10. September 2013 in Buenos Aires ist er am Ziel. Als Präsident zieht er nach Lausanne in der Schweiz und wird zum einflussreichsten Strippenzieher des Sports. Sein größtes Problem: Das Interesse an Olympia schwindet, es gibt immer weniger Bewerber.
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