Fußball-EM und Olympische Spiele, etliche Weltmeisterschaften: Der Sport nimmt 2021 eine Ausnahmestellung ein. Das bietet Chancen – und Gefahren.
Sport ist so viel mehr als körperliche Fitness. Sport setzt Emotionen frei, er ist wichtig für das Gemeinwohl. Beides eint ihn mit der Kultur. Wie Theater und Kinos sind Schwimmbäder und Bezirkssportanlagen geschlossen. Während es der professionelle Sport im Wehklagen dank jahrelanger Übung zu gehöriger Expertise gebracht hat, gibt sich der Breitensport zurückhaltend.
Dabei gibt es gute Gründe, gemeinsame Bewegung vor allem für Kinder und Jugendliche zu ermöglichen. Abgesehen von der körperlichen Komponente wird das soziale Verhalten in der Gruppe nirgendwo besser geschult als auf und neben den Sportplätzen. Sollten die Breitensportler Lobbyarbeit in den Staatskanzleien der Republik betreiben, machen sie das sehr unauffällig – und erfolglos.
Corona-Krise: Aus der Grenze darf keine Kluft werden
Bis auf Weiteres bleibt den Sportinteressierten nichts anderes übrig, als Gemeinschaftsgefühl am Fernsehen nachzuempfinden, alleine vor dem Bildschirm zu trauern oder jubeln, mit dem Hund auf der Couch zu fachsimpeln. Corona ist eine Zumutung und macht selbstredend auch vor dem Sport nicht Halt. Das ist Chance und Gefahr für einige Bereiche des Leistungssports. Elite-Aktive dürfen nämlich sehr wohl spielen, rennen, werfen und schwimmen. Alles andere käme einem Berufsverbot gleich und das sollte – wo immer möglich – verhindert werden. Allerdings genießen die besten Athleten des Landes eben auch Privilegien, die den Breitensportlern aus größtenteils verständlichen Gründen vorenthalten werden.
Fußball-Profis dürfen zusammen trainieren. Sich fit halten. Gemeinsam Spaß haben. Gleiches gilt für Kader-Athleten vieler anderer Sportarten. Sie sind so gut, dass sie ihr Hobby zum Beruf machen konnten. Hier verläuft die Grenze zwischen Breiten- und Leistungssport. Büroangestellte, Jugendliche, Ärztinnen und Friseure dürfen nicht kicken, nicht gemeinsam schwimmen, laufen oder radfahren – teilweise nicht einmal arbeiten. In den kommenden Monaten geht es darum, dass aus der Grenze keine Kluft wird.
Sportarten können während der Corona-Krise für sich werben
Der sportliche Terminplan im Jahr 2021 ist so eng gesteckt, dass der Fokus permanent auf den Athleten liegt. Eine Fußball-Bundesliga, die im Schnelldurchlauf durchgezogen wird, um rechtzeitig vor der EM fertig zu werden. Olympische Spiele kurz darauf als zweites Großereignis, die nordische Ski-WM im Frühjahr in Oberstdorf, zuvor noch die Handball-Weltmeisterschaft. Es ist die große Möglichkeit zahlreicher Sportarten, für sich zu werben. Es existiert allerdings kein Automatismus, der steigende Aufmerksamkeit garantiert, nur weil das Volk gerade über viel zu füllende Freizeit verfügt. Eine Erfahrung, die die Fußball-Nationalmannschaft gemacht hat. Die TV-Quoten sanken zuletzt auf Tiefststände. Das Volk findet Brot und Spiele schon gut – dafür aber muss das Brot schmecken und die Spiele sollten unterhalten.
Die Terminhatz wird sich negativ auf die Qualität auswirken. Zusätzlich werden immer wieder Sportler oder auch komplette Mannschaften wegen positiver Corona-Tests aus dem Wettbewerb genommen werden. Das wird Turniere verwässern. Trotzdem haben die Sportler die Möglichkeit zu begeistern. Weil Fans sich gerne begeistern lassen. Weil spannende Spiele fesseln. Weil wir uns mit den Aktiven freuen und ärgern. Sport ist viel mehr als körperliche Fitness. Mögen Milliarden Euro ins Fußballgeschäft gepumpt werden, sind die Olympischen Spiele auch eine Leistungsschau der Pharma-industrie: Im Sport finden wir immer noch zusammen. Derzeit vor dem Fernseher. Bald aber wieder in Hallen und Bädern und auf morschen Holzbänken. Hoffentlich.
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Ich empfinde den Vergleich Profisport, Breitensport als ausgesprochen unglücklich, Herr Mehl. Sie betonen ja selbst, dass es im ersten Fall um Berufsausübung geht. Aber das ist gar nicht das Entscheidende, schließlich werden andere Berufsgruppen an der ihrigen auch ausgebremst bis gehindert (Künstler, die auftreten wollen, Gastronomie, die bewirten will, Friseure, Nagel- und Fitnesstudios etc.).
Das Entscheidende ist, dass die Profisportler permanent getestet werden und ihre Quarantäne, so sich doch einer infiziert, auch eingehalten wird, schon im eigenen Interesse, weil die Ansteckung der Mannschaftskameraden einen immensen Schaden bedeuten könnte. Gut zu sehen war das beim polnischen Skispringerteam, das beinahe einem falschpositiven Test zum Opfer gefallen wäre. Aber der Fall macht deutlich, wie konsequent da vorgegangen wird. Auch beim Giro d'Italia wurden Mannschaften mit infizierten Fahrern aus dem Rennen genommen.
Der Kreis der - wie Sie es nennen - Elitesportler, ist eben ein bekannter, überschaubarer, kontrollierbarer. Infektionsketten sind nachvollziehbar. Alles Unterschiede zu normalen Breitensportlern. Das 'Gemeinschaftserlebnis' bei diesen bringt die Gefahr mit sich, dass Ansteckung erfolgt, die nicht mehr nachvollziehbar ist. Und diese ist unbedingt zu vermeiden.
Ich finde es nicht gut, dass mit dem Herauskehren von angeblichen 'Privilegien' Neid geschürt wird. Es gibt jetzt schon genügend Leute, die genau das nicht sehen wollen, dass unterschiedliche Verhältnisse eben unterschiedliche Regelungen rechtfertigen.
Außerdem bringt der Berufstand der Berufssportler doch wenigstens so ein bisschen etwas wie 'Normalität' ins heimische Wohnzimmer. Es mag nicht dasselbe sein, wie wenn vor Zuschauern gespielt wird, aber die Bundesliga, die CL findet statt. Man hat diesbezüglich einen gewohnten Unterhaltungsrahmen, wie jetzt auch beim Wintersport, bei der Vierschanzentournee etc. Wem wäre damit gedient, wenn diese ausfallen müssten? Wie viele Ansteckungen weniger würde das bewirken.?Am Ende würden sich die Sportler frei gestellt für die nächsten Monate, viel häufiger infizieren (und ihr Umfeld) als im Wettbewerbsbetrieb.
Etwas anderes mag es bei den Massenveranstaltungen wie den Olympischen Spielen sein, wie Sie ja auch unken. Ob sich die so werden kontrollieren lassen oder ob dann reihenweise positiv getestete Sportler ausscheiden müssen, so dass der Wettbewerb verzerrt wird, wird sich zeigen müssen. Aber vllt. sind bis dahin ja alle geimpft.
Für mich ist es ein Unding, daß alle Sportmillionäre ihren Sport ausüben dürfen und der Freizeitsportler nicht. Vergeht doch kdei8n TRag an dem nicht irgendeiner infiziert wurde.
Nein, das ist es ganz und gar nicht. Es geht auch gar nicht um 'Millionäre', die die Skispringer und Eishockeyspieler der DEL ganz sicher nicht sind. Es geht bei diesen Sportlern um die Berufsausübung. Das hat man Ihnen auch schon ein paarmal versucht nahe zu bringen, aber Sie sind für logische Argumente leider nicht zugänglich, sondern verbreiten regelmäßig Ihr Mantra von der großen Ungerechtigkeit und Diskriminierung.
Ja, auch bei den Berufssportlern kommt es zu Infektionen oder zumindest positiven Tests. Aber sie werden immerhin beinahe täglich getestet und wenn ein positives Ergebnis auftaucht separiert, in Quarantäne geschickt, die auch überprüft und eingehalten wird. Das ist bei Breitensportlern überhaupt nicht leistbar und nicht gewährleistet.
Und das ist der Unterschied, der die unterschiedliche Behandlung von Sportlern eben rechtfertigt. Auch wenn das Ihnen vermutlich niemals einleuchten wird.
Ja - Beruf! Und wie viele dürfen ihren Beruf, der weit weniger Kontaktmöglichkeiten hat, nicht ausüben? Deutschland hatr unbegrenzt Geld - so scheint es zumindest. Da könnte man diesen Beruf auch unterstützen. Und die Volksgesundheit, da denke ich an die Freizeitsportler, ist nicht nur finanziell(Gesundheitskosten!!!) bestimmt genauso hoch anzusiedeln. Das sit so einleuchtend, daß ich da keine Belehrung benötige.
"Für mich ist es ein Unding, daß alle Sportmillionäre ihren Sport ausüben dürfen und der Freizeitsportler nicht."
Sagen Sie mal, wie oft wollen Sie diesen Schmarrn eigentlich noch wiederholen? Selbstverständlich ist Individualsport (Joggen, Radfahren, Langlaufen, ...) weiterhin erlaubt.
Die Profisportler sind eine Berufsgruppe, die in einer Blase lebt, trainiert - arbeitet. Deshalb ist so gut wie ausgeschlossen, dass sie Außenstehende anstecken. Das ist bei vielen anderen Berufsgruppen nicht so. Durch den Ausschluss von Zuschauern haben auch Profisportler starke Verluste hinzunehmen, die bis zur Existenzgefährdung gehen (wenn sie die beispielsweise die Berichterstattung über den Eishockeysport mitverfolgt haben). Das entspricht dem nicht Bewirtendürfen in der Gastronomie. Die dürfen aber sehr wohl noch weiter kochen und ausliefern, obwohl dort niemand auf Corona getestet wird.
Warum der Freizeitsportler ausgerechnet diesen einen Sport ausüben muss, der gerade nicht möglich ist und sich nicht anders fit halten kann, müsste auch noch erklärt werden. Regelmäßig gehört laufen oder radfahren an der frischen Luft zu den Grundlagen für andere Sportarten. Kräftigende Übungen kann man auch in den eigenen vier Wänden machen, dazu muss man nicht in ein Fitnessstudio.
Und ja, es ist eine himmelschreiende Ungerechtigkeit, dass sich Karl Geiger in Kürze von der Schanze in Garmisch stürzen darf, aber nicht Wolfgang B.
Ich würde das unbedingt vor dem VerfG einklagen. Sie bekommen bestimmt recht.