RB Leipzig sucht den neuen Torjäger: Das Jahr eins nach Werner
Nach dem Abgang des Top-Torjägers müssen die selbstbewussten Leipziger an der Statik arbeiten
Das Marketing-Projekt von Red Bull polarisiert. Daran wird sich kurzfristig auch nichts ändern. Sportlich betrachtet hat sich RasenBallsport Leipzig nicht nur prächtig in der Bundesliga etabliert, sondern klopft auch in der Beletage des europäischen Vereinsfußballs an. In Sachen Fan-Folklore hinkt der Klub hinterher, außerhalb Sachsens sind Anhänger handverlesen, RB taugt weiter zum Bundesliga-Feind Nummer eins. Nicht nur bei Puristen sorgt die 100-Millionen-Euro-Spritze durch Red Bull für das nächste Kopfschütteln, mit der aus Verbindlichkeiten unlängst Eigenkapital gebildet wurde.
Kann es einen neuen Timo Werner geben?
Sportdirektor Markus Krösche zweifelte das an, als er im Kicker sagte: "Wir haben immer gesagt, dass wir Timo nicht eins zu eins ersetzen." 53 Millionen Euro spült der Transfer des Nationalspielers zu Chelsea London in die gar nicht mal so klammen Kassen der Leipziger, 21 Millionen folgen durch die Weiterverpflichtung von Jean-Kevin Augustin durch Leeds United. Hee-Chan Hwang von RB Salzburg und Ademola Lookman dürften die ersten Anwärter auf die Werner-Nachfolge sein. Vom gleichen Kaliber wie Timo Werner spricht man da nicht. Zumal Lookman in der vergangenen Saison torlos blieb und ziemlich enttäuschte.
Wird Julian Nagelsmann mit RB auch Titel gewinnen?
Der Ehrgeizling unter den deutschen Fußballlehrern lässt keinen Zweifel daran, obwohl nach dem Durchmarsch der Bayern in der zweiten Saisonhälfte auch bei ihm Demut angesagt ist. Unter Nagelsmann wurde RB Bundesliga-Dritter und stand im Halbfinale der Champions League, mit Tottenham Hotspur und Atlético Madrid wurden in der Königsklasse Schwergewichte aus dem Weg geräumt. Aber der 33-Jährige kratzt im Corona-Sommer nicht vorlaut am Sonderstatus der Bayern, was eine Titelansage wäre. Nein, Bayern ist der Topfavorit und Leipzig will wieder in die Champions League. Nun muss Nagelsmann eine neue Statik nach dem Werner-Transfer sowie dem Abgang Patrick Schicks zu Bayer Leverkusen formen, glücklicherweise bleibt der französische Defensivmann Dayot Upamecano RB erhalten. Die Defensive wird durch den deutschen Nationalspieler Benjamin Henrichs entschieden verstärkt.
Willi Orban als Kapitän abgewählt, ist das eine Revolution?
Nein, eher nicht, das ist keine Politik. Vielmehr zollt Nagelsmann der Entwicklung des österreichischen Nationalspielers Marcel Sabitzer Tribut. Der 26-Jährige wurde zum zentralen Defensivanker umfunktioniert und hat geliefert, Orban war letzte Saison kein Faktor mehr.
Wieso darf Leipzig 8500 Zuschauer ins Stadion lassen?
Die sächsische Corona-Verordnung macht es möglich. Die Sars-CoV-2- Nachweise pro 100000 Einwohner dürfen nicht über 7,0 liegen. Rund eine Woche vor dem Saisonstart pendelt der Wert um 6,0 – Leipzig darf deshalb 20 Prozent der Plätze im Stadion besetzen, also gut 8500. Die Karten sollen unter den 25000 Dauerkarten-Inhabern verlost werden. Eine "Lex Leipzig" ist dadurch nicht wirklich abzuleiten.
Wie viele Mitglieder hat der Verein denn nun?
Die Mitgliederzahl beläuft sich auf 750 bis 990, je nach Quelle. Stimmberechtigt aber sind weiterhin nur 17 oder 19, je nach Lesart – womit bei praktisch jedem Männergesangsverein in Sachsen die Mitbestimmungsquote höher sein dürfte.
Prognose der Sportredaktion
Trotz der Erfolge auf europäischer Ebene zeigte die Rückrunde, dass Leipzig auf Strecke nicht mit den Bayern mithalten kann. Nach dem Abgang von Timo Werner ist nicht mehr als Platz drei drin.
Zugänge Hee-Chan Hwang (15 Mio. Euro, RB Salzburg), Benjamin Henrichs (1 Mio. Leihgebühr, AS Monaco)
Abgänge Timo Werner (Chelsea London, 53 Mio. Euro), Jean-Kevin Augustin (Leeds United, 21 Mio. Euro), Hannes Wolf (Borussia Mönchengladbach, Leihe 1,5 Mio. Euro), Mads Bidstrup (0,5 Mio. Euro, FC Brentford), Patrick Schick (Leihe beendet von AS Rom, jetzt Bayer Leverkusen), Yvon Mvogo (PSV Eindhoven, Leihe)
Dieser Artikel ist Teil unserer Bundesliga-Vorschau. In 18 Teilen beleuchten wir das Geschehen bei den einzelnen Vereinen und wagen eine Prognose. Im Rahmen dieser Serie ist bislang erschienen:
- Borussia Mönchengladbach: Die Eckpfeiler sind unverkäuflich
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