Radokis Rückkehr
Als Kind kam er nach Deutschland. Nun zieht es den Trainer nach Ungarn – auch wegen Viktor Orbán
Seine Eltern verließen mit ihm im Kinderwagen Ungarn und siedelten in die Bundesrepublik über. Jetzt kehrt János Radoki, der mit seiner Familie in Biberbach (Kreis Augsburg) wohnt, in sein Geburtsland zurück. Seit dem 1. Januar ist der 46-Jährige Cheftrainer des Erstligisten Puskás Akadémia FC (AFC), der im Heimatort von Ministerpräsident Viktor Orbán, in Felcsút (1800 Einwohner) beheimatet ist. Der Klub spielt in der ersten Liga (12 Klubs) und ist derzeit auf Rang neun platziert. Das Abstiegsgespenst schwebt über dem Puskás AFC. Mitte Dezember wurde deshalb der Trainer entlassen.
Radoki traf dieses Schicksal im August 2017 bei der SpVgg Greuther Fürth. In der Saison 2016/17 rettete er die Mittelfranken noch vor dem Abstieg aus der zweiten Liga, einige Monate später wurde er beurlaubt. „Für mich ist das Engagement natürlich eine Riesenchance“, sagt Radoki, der einen Kontrakt bis zum 30. Juni 2021 unterzeichnete. Benannt ist der Verein nach Ferenc Puskás, der größten Fußballlegende des Landes. Ursprünglich war der 2005 gegründete Klub als reine Nachwuchsakademie geplant.
Radoki, der unter Heiner Schuhmann bei den A-Junioren des FC Augsburg auf sich aufmerksam machte und als Profi in der ersten und zweiten Bundesliga für Greuther Fürth, Ulm 46, Oberhausen kickte, wurde auch sieben Mal ins Aufgebot der ungarischen Nationalmannschaft berufen. Jetzt erinnerten sich die Verantwortlichen in der Talentschmiede vor den Toren Budapests an den Deutsch-Ungarn.
Vor Weihnachten gab es erste Gespräche, auch mit dem Ministerpräsidenten, der aus dem Hintergrund die Geschicke der Puskás Akadémia lenkt. Radoki zeigte sich von der Infrastruktur beeindruckt. „Da können manche deutsche Erstligisten nur träumen“, erklärt der Fußball-Lehrer.
Elf Rasen- und Kunstrasenplätze, eine eigene Fußballhalle mit künstlichem Grün sowie ein Internat für die Nachwuchskicker sind vorhanden. Dort, wo früher ein Bolzplatz war, steht ein Prachtbau aus Holz, Stein und Kupfer. Ein Stadion für 4500 Besucher. Es gilt als das schönste im ganzen Land.
Allerdings hat der Fußball in Ungarn schon lange nicht mehr die Bedeutung wie einst. „Es fehlt den Spielern an der nötigen Mentalität“, hat Radoki erkannt. Daran hatte und hat auch die deutsche Trainerriege an der Donau zu knabbern. Bernd Storck etwa, der als Nationaltrainer agierte. Aber auch Vereinstrainer kamen aus Deutschland: Michael Oenning (Vasas Budapest) oder Werner Bürger (MTK Budapest) und natürlich Thomas Doll und Ralf Zumdick, die mit Ferencváros Meister wurden.
Am morgigen Donnerstag tritt János Radoki, der ordentlich Ungarisch spricht, seinen Dienst bei seinem neuen Arbeitgeber an.
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