Vettel-Show nach Pannen-Start - Doch Webber siegt
Selbst eine sensationelle Aufholjagd hat nichts genutzt: Ein schlechter Start, ein wütender Teamkollege und ein Plattfuß haben Sebastian Vettel zum großen Verlierer am WM-Wochenende in Silverstone gemacht.
Der Formel-1-Pilot aus Heppenheim musste seine Pole Position schon wenige Meter nach dem Start zum Großen Preis von Großbritannien an Sieger und Red-Bull-Rivale Mark Webber abgeben. Am Ende kämpfte sich der Heppenheimer acht Tage nach seinem 23. Geburtstag vom zwischenzeitlich letzten auf den siebten Platz vor und rettete im erbitterten Kampf um den WM-Titel wenigstens noch sechs Punkte. "Wenn man gewinnen kann, dann ist das natürlich kein Trost". sagte der sichtlich frustrierte Vettel. Entscheidend war sein verpatzter Start und ein platter Reifen: "Viel denken tut man da nicht. Man begreift genauso schnell wieder Zuschauer, wenn nicht sogar schneller, dass da nichts mehr geht."
Während er die erstmalige WM-Führung erneut verpasste, freute sich Landsmann Nico Rosberg im Mercedes über den dritten Rang hinter Lokal-Held Lewis Hamilton im McLaren. Er sorgte mit dem dritten Podiumsplatz in dieser Saison zwei Wochen vor dem Heimrennen auf dem Hockenheimring für einen Silberstreif für die Silberpfeile. "Der dritte Platz ist natürlich gigantisch für uns hier", sagte Rosberg.
Mercedes-Motorsportchef Norbert Haug war erleichtert nach dem Valencia-Debakel zuvor: "Das war schon sehr, sehr viel besser als letztes Mal. Nico hat absolut rausgequetscht, was möglich war. Jetzt kommt unser Heimrennen, und wir sind wieder halbwegs im Geschäft"
Rosbergs Teamkollege Michael Schumacher, den Vettel bei seinem Husarenritt ebenfalls noch hinter sich ließ, kam nicht über Rang neun hinaus. "Nico hat heute unser Potenzial gezeigt", sagte der Rekordweltmeister, der eigene Fehler im Rennen einräumte. Vor dem 41-Jährigen lag noch Adrian Sutil im Force India, hinter ihm Nico Hülkenberg im Williams als Zehnter.
Vettels Teamkollege Webber war indes nach seinem Coup am Start nicht mehr zu stoppen. "Nicht schlecht für einen Nummer-zwei-Fahrer", giftete der Australier über Boxenfunk Richtung Teamchef Christian Horner. Der zeigte sich unbeeindruckt: "Mark ist ganz stark gefahren." Vettel meinte zur Webber-Bemerkung nur: "Ich habe meine Meinung dazu, und die behalte ich lieber für mich."
Webber fühlt sich im Team schon lange gegenüber dem jungen Deutschen benachteiligt. Nach 52 Runden auf dem umgebauten 5,891 Kilometer langen Traditionskurs und 306,747 Kilometer holte er sich in 1:24:38,200 Stunden seinen dritten Saisonsieg und brachte sich vor über 100 000 Zuschauern im Mekka des Motorsports zurück ins Titelrennen. "Das hat Spaß gemacht", sagte er mit Genugtuung.
Hamilton erkannte die Überlegenheit von Webber an. "Mark ist fantastisch gefahren", sagte er. Nach zehn von 19 Rennen behielt der Ex-Weltmeister mit 145 Punkten dennoch die Gesamtführung. Gefolgt von seinem Landsmann, Teamkollegen und Titelverteidiger Jenson Button (133), der in Silverstone von Startplatz 14 noch Rang vier rettete. Webber (128) zog wieder an Vettel (121) im Klassement vorbei.
Für Vettels erstmaligen Sturm auf die WM-Spitze war alles angerichtet. Wie im vergangenen Jahr wollte er erst die Pole und dann den Sieg holen. Doch sein Katastrophen-Start beendete alle Hoffnungen: Webber und Hamilton griffen schon in der ersten Kurve an. Zweimal rutschte der Deutsche von der Strecke. Bei einer Berührung mit Hamilton holte er sich einen Plattfuß hinten rechts.
Vettel musste sofort an die Box, wechselte auf die harten Pneus und reihte sich mit großem Abstand am Ende des Feldes wieder ein. Dann blies er zur Aufholjagd. In der Folgezeit setzten sich Webber und Hamilton vom Feld beinahe mühelos ab. Nachdem zwischen der zwölften und 18. Runde die meisten Piloten zum Reifenwechsel bei ihrem Team vorbeigeschaut hatten, blieb die Situation an der Spitze unverändert. Hamilton jagte Webber, kam aber nicht an ihn heran.
Spannend wurde es noch einmal, als das Safety-Car auf den Kurs ging. Teile vom Sauber-Heckflügel des Spaniers Pedro de la Rosa mussten von der Strecke geholt werden. Beim Re-Start verteidigte Webber seine Führung. Hamilton begnügte sich mit Platz zwei.
Nach der Safety-Car-Phase lieferte aber Vettel die Show ab. "Das war noch amüsant", sagte er. In der vorletzten Runde krönte er seine Jagd nach vorn mit einem Überholmanöver gegen Sutil. Der Gräfelinger beklagte sich: "Wenn Sebastian fair gewesen wäre, wäre er nicht an mir vorbeigekommen."
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