Warmlaufen für heiße EM: Deutsche Athleten in Form
Braunschweig (dpa) - Nytra schnell, Harting weit, Friedrich hoch: Anderthalb Wochen vor den EM sind die Stars der deutschen Leichtathletik schon in Medaillenform.
"Unsere Leistungsträger haben sich hier hervorragend präsentiert. Insofern ist der Blick auf Barcelona mehr als zuversichtlich", sagte Verbands-Sportdirektor Thomas Kurschilgen zum Abschluss der nationalen Meisterschaften.
In Braunschweig machte Diskus-Weltmeister Robert Harting dort weiter, wo Zwei-Meter-Springerin Ariane Friedrich und "Hammer-Frau" Betty Heidler am ersten Tag aufgehört hatten. "Wir haben hier sechs bis acht absolute Weltklasse-Leistungen gesehen", hatte Chef-Bundestrainer Herbert Czingon schon zur Halbzeit festgestellt. Bei der EM vom 27. Juli bis 1. August zählen somit gleich mehrere Asse des Deutschen Leichtathletik-Verbandes zu den Titelkandidaten. Maximal 80 Athleten sollen nach Spanien mitfliegen.
Das symbolträchtigste Zeichen für die deutschen EM-Hoffnungen kam von Carolin Nytra: Mit gold-lackierten Fingernägeln winkte sie nach ihrem Sieg über 100 Meter Hürden ins Publikum. Die 25-Jährige aus Bremen lief in 12,72 Sekunden schon die zweite Klasse-Zeit in diesem Monat. "Ich bin sehr, sehr glücklich, dass ich meine Form bestätigen konnte", meinte die Hürdenflitzerin. Sogar eine Zeit von 12,50 Sekunden glaubt sie "im Kopf und in den Beinen" zu haben.
Friedrich meisterte bei ihrem fünften DM-Titel zum zweiten Mal in diesem Jahr die magische Zwei-Meter-Marke. Damit ist sie bereit für die Fortsetzung ihres Dauerduells mit der kroatischen Weltmeisterin Blanka Vlasic. "Wer sagt, dass mich noch etwas trennt von ihr?", fragte Friedrich vor der Revanche bei der EM trotzig. "Ich denke, meine Form ist genauso gut, wenn nicht noch besser als letztes Jahr."
Auch andere Spitzenathleten reisen mit hörbarem Selbstvertrauen zum Saisonhöhepunkt. "Europameisterin war ich noch nie und würde ich gerne werden", sagte Betty Heidler, die in Braunschweig einen Meisterschafts-Rekord (75,82 Meter) aufstellte. Stabhochsprung- Meister Malte Mohr (München/5,75 Meter) klang ganz ähnlich: "Ich erwarte in Barcelona eine Medaille und hoffe natürlich auf Gold." Christian Reif (Ludwigshafen) meinte nach seinem Sieg im Weitsprung: "Ich habe jetzt drei Sprünge über 8,20 Meter und hier einen über 8,18 gezeigt: Da muss eine Medaille in Barcelona das Ziel sein."
Harting schleuderte die Zwei-Kilo-Scheibe 68,67 Meter weit - der vierte Titel in Serie für den Hünen aus Berlin war damit perfekt. "Ich bin zufrieden", meinte der Weltmeister und bedankte sich bei den 30 000 Zuschauern, die an den zwei Tagen ins Eintracht-Stadion kamen.
Nach ihren 4,65 Metern im Stabhochsprung-Krimi freute sich Silke Spiegelburg (Leverkusen) über ihren fünften Titel, aber auch Lisa Ryzih (Ludwigshafen) als Zweite und Carolin Hingst (Mainz/beide 4,60) dürften zur EM fahren. Hingst setzte alles auf eine Karte, scheiterte aber dreimal an der DLV-Rekordhöhe von 4,80 Meter. "Es hat Spaß gemacht, weil wir alle so eng beieinander waren", sagte Spiegelburg.
Während Verena Sailer (Mannheim) die deutschen Sprint-Hoffnungen nährte und die 100 Meter in 11,23 Sekunden gewann, kassierte Speerwerferin Christina Obergföll (Offenburg) eine überraschende Niederlage: Die Olympia-Dritte musste sich mit 63,13 Meter der Leverkusenerin Katharina Molitor (64,27) geschlagen geben.
Die größten Härtefälle der deutschen Leichtathletik bleiben aber Hochspringer Raul Spank (Dresden) und Sebastian Bayer (Hamburg). Der lange verletzte WM-Dritte Spank gewann zwar seine zweite deutsche Meisterschaft, verpasste mit 2,25 Metern aber genauso wie Bayer im Weitsprung die EM-Norm. Eine kleines Hintertürchen nach Barcelona lässt ihnen der DLV noch offen. Vizepräsident Günther Lohre deutete eine mögliche Sonderregelung für Athleten "mit Finalchance" an.
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