
Panther-Boss Sigl: "Wir verfallen nicht in Panik"

Plus Im Interview spricht AEV-Chef Lothar Sigl über den drohenden Abstieg für die Augsburger, den enttäuschenden Auftritt der Mannschaft in den vergangenen Wochen und die Zukunft von Trainer Peter Russell.

Mit dem 2:3 nach Penaltyschießen in Bietigheim stürzen die Augsburger Panther ans Tabellenende. Wie haben sie die Leistung der Mannschaft gesehen?
Lothar Sigl: Also das mit dem Sturz habe ich in der Schlagzeile Ihrer Zeitung gelesen. Gestürzt sind wir nicht, da haben wir uns leider über die vergangenen Wochen hin gehangelt. Das ist die normale Entwicklung, wenn man zu wenig Tore schießt und keine Punkte einfährt. In Bietigheim haben wir viel mehr als zuvor versucht, das Spiel zu bestimmen. Wir haben mehr Torschüsse als Bietigheim abgegeben, auch bei den sogenannten Expected Goals waren wir klar vorne. Man konnte aber auch sehen, dass wir uns nicht so geschickt anstellen. Wenn man nicht erfolgreich ist, verliert man das Selbstvertrauen und gerät in eine Abwärtsspirale. Auch in Ingolstadt beim 0:1 hat man gesehen, wenn auch zu spät, dass die Mannschaft willig ist und alles probiert. Wir analysieren Spieltag für Spieltag, wie wir in diese Phase mit nun fünf Niederlagen in Folge geschlittert sind.
Wie fiel die Analyse aus?
Sigl: Ich will es eigentlich gar nicht sagen, weil es nach Ausreden klingt. Aber uns sind in den vergangenen vier Wochen Training für Training und Spieltag für Spieltag die Spieler wie die Zinnsoldaten wegen Verletzungen, Corona-Infektionen, Magen-Darm-Grippe und so weiter umgefallen. Teilweise haben die Spieler angeschlagen trotzdem gespielt, was wir aber nicht kommunizieren. Momentan fehlen uns mit Dennis Endras, David Warsofsky, David Stieler und Matt Puempel gleich vier Schlüsselspieler. Wir sind in dieser schweren Phase vom Weg abgekommen und haben nicht die gewünschte Leistung abrufen können. Das kennt fast jede Mannschaft aus jeder Saison. Für uns kommt es relativ früh und geballt. Bis zur Pause beim Deutschland Cup (10. bis 13. November; Anm. d. Red.) müssen wir uns durchbeißen und hoffen, dass Spieler wieder zurückkehren. Der letzte Platz ist unerfreulich. Aber wir haben den 15. Spieltag. Das heißt, dass ein Viertel der Saison vorbei ist. Wir haben noch drei Viertel vor uns. Wir verfallen nicht in Panik, das wäre jetzt das Schlechteste. Wir werden die Mannschaft unterstützen, und sie muss die Wende schaffen. Trotz der Misserfolge sehe ich nicht, dass sich das Team aufgibt.
Alle Eishockey-Mannschaften müssen mehr oder weniger Ausfälle wegen Verletzungen und Krankheit kompensieren. Den Abwärtstrend alleine daran festzumachen, wäre zu einfach.
Sigl: Natürlich gibt es immer mehr als einen Grund für einen Negativlauf. Aber dass es uns in dieser Kompaktheit trifft und fast alle hintereinander und nebeneinander ausfallen, daran kann ich mich nicht erinnern. Es hört sich nach Ausreden an, aber in der Realität spielt es eine Rolle für eine Mannschaft, wie die der Augsburger Panther. Trotzdem hätten wir Wege finden müssen, unsere Spiele erfolgreicher zu gestalten. Wir dürfen zum Beispiel nicht ständig in Rückstand geraten. Knapp 50 Prozent der Spielzeit liefen wir einem Rückstand hinterher, das ist mit dünnem Kader und Personalsorgen zusätzlich kräfteraubend.
Nur 28 Treffer sind ligaweit der schwächste Wert. Ist die Mannschaft im Sturm zu schwach besetzt?
Sigl: Dass 28 Tore in 14 Einsätzen, das sind zwei Treffer pro Spiel, nicht ausreichen, wissen wir alle. Dazu haben wir auch die wenigsten Stürmertore der Liga. Die Anzahl der Torschüsse ist dabei gar nicht unbedingt das Problem, allerdings muss die Qualität der Abschlüsse besser werden. Aber die Spieler wissen, dass es an ihnen liegt. Und sie haben ja auch schon gezeigt, dass sie in der Liga mithalten können. Aber die Torproduktion muss natürlich besser werden.
Man hat das Gefühl, dass die Mannschaft erst zu spielen beginnt, wenn ihr das Wasser bis zum Hals steht, sie also in Rückstand geraten ist. Wie ist das zu erklären?
Sigl: Das war teilweise so, da gebe ich Ihnen Recht. Wir waren nach 20 Minuten noch nicht einmal in Führung, so auch zuletzt in Bietigheim. Wir haben dort aber von Anfang an alles versucht, sind viele Angriffe gefahren und haben geschossen. Wir haben dank unseres statistisch eigentlich immer guten 3. Drittels zumindest einen Punkt erkämpft. Der Auftritt war insgesamt offensiver und mutiger als zuvor, leider belohnten wir das nicht mit einem Sieg.
Ein Klub steigt sicher ab, vielleicht sogar zwei. Wie schätzen sie die Stimmung in der Mannschaft ein, ist ihr der Ernst der Lage bewusst?
Sigl: Ich rede nicht jeden Tag mit den Spielern, aber ich treffe sie oft. Selbstverständlich ist ihnen die Lage bewusst. Jeder kann eine Tabelle lesen und seine eigene Statistik bewerten. Dass die Leistung bisher nicht ausreicht, ist jedem bewusst. Sie verstecken sich nicht hinter einer Verletzungs- und Krankheits-Welle, wie wir sie jetzt hatten. Ich habe Vertrauen in die Mannschaft, dass sie den Trend dreht.
Die Möglichkeiten, die Mannschaft personell zu verstärken, sind begrenzt. Zwei Ausländerpositionen sind noch offen, gibt es noch Optionen?
Sigl: Sobald die Saison läuft, ist es schwierig, hier noch große Korrekturen vorzunehmen. Ja, wir haben noch zwei Lizenzen offen. Aber wenn Matt Puempel nach seiner Verletzung zurückkehrt, werden wir ihn als Ausländer lizensieren. Und die letzte Ausländerposition lassen wir uns immer offen, falls sich einer unserer Torhüter schwerwiegend verletzen sollte. Auf dem Ausländersektor haben wir keine Alternativen mehr.
Der Kanadier Matt Puempel besitzt, wie unschwer am Namen zu erkennen ist, deutsche Wurzeln. Sein Einbürgerungsverfahren soll laufen. Kehrt er als deutscher Stürmer aufs Eis zurück?
Sigl: Das ist ein persönliches Verfahren. Wir als Klub sind nicht beteiligt und haben auch keinen Einfluss darauf. Wenn das passieren sollte, ist das gut für Puempel und für uns als Klub, aber auf das können wir nicht bauen, weil wir es nicht in der Hand haben.
Die Zuschauer im Stadion unterstützen trotz der wenig berauschenden Leistungen die Mannschaft noch immer leidenschaftlich. Wie schätzen sie die Stimmung unter den Anhängern ein?
Sigl: Das Eishockey-Publikum in Augsburg ist gewachsen und sachkundig. Die Zuschauer sehen das Bemühen der Mannschaft, sie erkennen, dass das Team mit einer schwierigen Phase fertig werden muss. Gegen Köln am Sonntag werden uns wieder über 5000 Fans unterstützen, Sitzplätze sind bereits nahezu ausverkauft. Der Zuspruch ist, auch verglichen mit anderen Standorten, sehr gut. Wir sind darüber sehr dankbar, das Team möchte seinen Fans dafür auch gerne etwas zurückgeben.
Trainer Russell will temporeiches, aggressives Eishockey spielen lassen. Hat er das richtige Personal für seine Vorstellung von Eishockey?
Sigl: Das werden wir im Laufe der Saison hoffentlich noch erleben. Ich glaube an die Spieler. Wir haben aktuell eher ein mentales Problem. Die Mannschaft braucht auf irgendeine Weise ein Erfolgserlebnis, muss sich Selbstvertrauen holen. Es war ein schmerzhafter Weg, wie wir auf den letzten Platz abgefallen sind. Daraus müssen wir uns wieder nach oben kämpfen. Das wird mühsam, aber das geht nur mit unserem augenblicklichen Personal. Ich bin zuversichtlich, dass wird das schaffen.
Iserlohn hat im Abstiegskampf mit Greg Poss einen neuen Trainer verpflichtet. Ist ein Trainerwechsel auch in Augsburg eine Option?
Sigl: Nein, das ist aktuell kein Thema für uns. Blicken wir auf die letzte Saison. Der neue Coach Serge Pelletier hatte keinen eklatant besseren Punkteschnitt als Pederson. Ich sehe den Auftritt der Mannschaft als engagiert. Ich denke, dass viele Faktoren zu der jetzigen Entwicklung beigetragen haben. Ich sehe nicht, dass sich die Mannschaft hängen lässt. Ich sehe keine Alibi-Auftritte, sondern im Gegenteil noch viel Feuer. Wir sind weit entfernt von Panik-Reaktionen. Die Situation kann nur die Mannschaft gemeinsam mit dem Trainer reparieren.
Im vergangenen Jahr ersetzten die Panther im Februar den glücklosen Trainer Mark Pederson. Was müsste passieren, dass sie wieder den Coach entlassen?
Sigl: Das wird immer dann passieren, wenn ich sehe, dass ein Trainer die Mannschaft nicht mehr erreicht. Aber an diesem Punkt sind wir bei weitem nicht. Die Indikatoren aus der Mannschaft heraus sind ganz andere. Sie nehmen die Verantwortung an. Sie sagen: Wir sind gut vorbereitet, sind gut trainiert, haben kein Fitness-Problem. Wir in Augsburg sind bekannt dafür, dass wir nicht durchdrehen, sobald der erste Gegenwind kommt.
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Was für naive Durchhalteparolen. Als ob Herr Sigl nicht wüsste, was alles in die Torschuss-Statistik eingeht. Darauf zu bauen, überhaupt einen Blick zu verschwenden, ist lächerlich. Wir spielen in in fast jedem Spiel mit vier(!!) Sturmreihen und 7 Verteidigern. Wieviele mehr sollen denn aufs Eis drauf?? Es fehlen lediglich meist ein Verteidiger und ein oder zwei Stürmer - wie bei jeder anderen Truppe auch. Wahrscheinlich werden IMMER ein, zwei oder drei Spieler fehlen, völlig normal. Das ist doch nicht annähernd ein Grund, dass die Mannschaft sich dermaßen hilf- und wehrlos präsentiert. Diese Truppe weiß nicht annähernd, wie sie sich gegen einen aggressiven Gegner zu Wehr setzen soll, geschweige denn, wie sie selbst einen Gegner unter Druck setzt. Es ist weder in der Abwehr noch im Sturm ein Konzept, ein Plan zu erkennen, wie man ein Spiel eigentlich gewinnen will. Es fehlt jegliches Kratzen, Beißen, Zweikampfverhalten. Der Einzige der wirklich mal einen Check zu Ende fährt, ist der junge Länger. Nein, es sind keine Alibi-Auftritte. Es sind saft-, kraft-, und hilflose Auftritte, mit unglaublich vielen Stockfehlern und Punktegarantien für den Gegner. Aber es ist ja schön, wenn die Zuschauer trotzdem zahlreich kommen.