Japanisch gelernt habe sie noch nicht, erklärt Tina Rupprecht. „Aber ich denke, im Ring müssen wir auch nicht viel reden“, sagt sie auf der Pressekonferenz vor dem Duell mit der Japanerin Sumire Yamanaka. Drei Weltmeister-Titel hat sich Rupprecht bereits erkämpft. Mit einem Sieg am Samstagabend würde sie den vierten und letzten wichtigen WM-Titel gewinnen – und damit Historisches schaffen. Trotzdem zeigt sich die Augsburgerin vor dem größten Kampf ihrer Karriere gelassen.
Rupprecht kann „Undisputed Champion“ werden
Vier große Boxverbände gibt es auf der Welt. Die Titel der Verbände WBO, WBC und WBA hat Rupprecht bereits gewonnen. Den verbliebenen vierten Weltmeisterschaftsgürtel des Verbands IBF trägt mit Yamanaka die kommende Gegnerin der Augsburgerin. Daraus ergibt sich eine große Chance: Gewinnt Rupprecht am Samstagabend in Potsdam gegen Yamanaka (22.30 Uhr, MDR), würde sie alle vier Weltmeistergürtel vereinen und „Undisputed Champion“, also unumstrittene Boxweltmeisterin, werden. Das ist der größte Erfolg, den ein Boxprofi erlangen kann.
In Deutschland ist das noch keinem Boxer und keiner Boxerin gelungen, Rupprecht wäre somit die erste. Damit würde sie ihre ohnehin schon außergewöhnliche Karriere noch einmal krönen. „Wenn ich ‚undisputed‘ höre, bekomme ich immer Gänsehaut“, sagt Rupprecht dazu im Interview beim MDR. „Es ist ein hohes Ziel. Ich habe mein ganzes Leben darauf hingearbeitet, jetzt will ich gewinnen.“
Gegnerin ist sechs Zentimeter kleiner als Rupprecht
Der Kampf bietet eine Besonderheit. So ist Sumire Yamanaka mit 1,46 Metern ganze sechs Zentimeter kleiner als Rupprecht. Für die 1,52 Meter große Augsburgerin eine Seltenheit. Da es für sie schwierig ist, in dieser Größe geeignete Trainingspartnerinnen in Deutschland zu finden, reiste sie zuletzt sogar mit ihrem Trainer Alexander Haan nach Usbekistan. Boxen spielt in dem Land eine immense Rolle. Dort gebe es deutlich mehr Boxerinnen, die ihre Größe hätten oder wie Yamanaka sogar ebenfalls etwas kleiner seien, erklärte Rupprecht. Bereits vor dem Kampf gegen die Japanerin Eri Matsuda, bei dem die Augsburgerin im November den WBA- und WBO-Titel gewann, trainierte sie in Zentralasien.

Während der Vorbereitung in Usbekistan habe Trainer Haan, bei dem Rupprecht schon seit ihrem 15. Lebensjahr trainiert, auch eine geeignete Taktik für das Duell mit Yamanaka entwickelt. „Er macht den Plan, ich führe aus“, sagt sie. Gleichzeitig sei es wichtig, während des Kampfes flexibel zu bleiben und auf einen unvorhersehbare Attacken der Gegnerin zu reagieren. „Es ist Boxen, da kann alles passieren“, erklärt Rupprecht. „Wir schauen in der ersten Runde, was passiert, und dann geht es los.“
Boxerin Tina Rupprecht musste für den Kampf vier Kilogramm abnehmen
Neben dem Training und der richtigen Taktik spielt das Gewicht eine entscheidende Rolle bei der Kampfvorbereitung. Bis vor zwei Jahren kämpfte Rupprecht im Minimumgewicht, entschied sich nach einer Niederlage in einem WM-Kampf Anfang 2023 aber zu einem Wechsel in die leichteste Gewichtsklasse Atomgewicht. Das Maximalgewicht beträgt dort 46,2 Kilogramm.
Das Essen sei daher zuletzt sehr mager gewesen, so Rupprecht. Vier Kilogramm Körpergewicht musste sie bis zum offiziellen Wiegen am Freitagnachmittag verlieren. „Vor allem in der Woche vor dem Kampf muss man schon sehr darauf achten, wie viel Gramm man noch isst.“ Das erfordere sehr viel Disziplin.
Rupprecht: „Wir wollen uns auf die Fresse hauen“
Insgesamt fühlt sich Rupprecht für den Kampf super fit. „Ich freue mich, dass es endlich losgeht. Ich will sogar sagen, das wird ein geiler Fight“, sagt die Augsburgerin, die sich kurz vor dem Duell locker und entspannt zeigt. Auffällig ist auch, dass Rupprecht und Yamanaka trotz der Bedeutung des Kampfes sehr höflich miteinander umgehen. Gut gelaunt präsentieren die beiden auf einem Pressetermin im Filmpark Babelsberg in Potsdam ihre Weltmeistergürtel, verbale Spitzen oder andere Provokationen – Teil der Show bei den Männern – gibt es bislang nicht.
„Es war sehr respektvoll“, lautet Rupprechts Einschätzung nach der Pressekonferenz. Genau das sei für sie wichtig. „Wir wollen uns nicht umbringen. Wir wollen uns auf die Fresse hauen, aber es ist Sport“, sagt Rupprecht, die neben ihrer Boxkarriere als Sportlehrerin an einer Realschule in Zusmarshausen arbeitet. Dafür erhielt sie zuletzt Lob von Bayerns Kultusministerin Anna Stolz (Freie Wähler). „Mit ihrer einzigartigen Kombination aus sportlicher Höchstleistung und pädagogischem Engagement ist Tina Rupprecht ein echtes Vorbild für Schülerinnen und Schüler“, so Stolz.
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