Große Freude trotz des Ohlbrecht-Schocks
Ulmer sind nach dem Coup in München weiter unbesiegt. Verantwortliche machen aus der Verletzung des Centers ein Geheimnis.
Von Stefan Kümmritz
Für den fantastischen 87:79-Sieg am zweiten Weihnachtsfeiertag beim FC Bayern München, mit dem das Team weiterhin ungeschlagen die Bundesligatabelle anführt, mussten die Basketballer von Ratiopharm Ulm wie berichtet einen hohen Preis bezahlen. In der dritten Minute des zweiten Viertels verletzte sich Center Tim Ohlbrecht schwer im linken Kniebereich, als er unglücklich mit dem Münchner Nihad Djedovic zusammenprallte. Umso beachtlicher, wie die Ulmer, die schon ohne den verletzten Spielmacher Per Günther angetreten waren, den Gegner in die Knie zwangen. Klar, dass sie sich nachher über den Coup mächtig freuten. Karsten Tadda beispielsweise vergaß bei aller Freude aber auch seinen verletzten Teamgefährten nicht: „Nach dem Ausfall von Tim haben wir erst recht angefangen zu kämpfen. Wir haben den Sieg für Tim geholt.“ Trainer Thorsten Leibenath hatte dann auch für sein Team großes Lob übrig: „Wir haben ein sehr intensives Spiel gesehen, bei dem wir viele schwierige Situationen verarbeiten mussten. Uns haben über weite Strecken drei ganz wichtige Spieler in der Rotation nicht zur Verfügung gestanden. Die Mannschaft hat trotzdem gegen eine sehr gute Münchner Mannschaft dagegengehalten und immer wieder die richtigen Lösungen gefunden.“
Am Dienstag wurde Tim Ohlbrecht von Spezialisten gründlich medizinisch untersucht, die Diagnose möchten die Verantwortlichen des Vereins aber nicht veröffentlichen, wenn sie feststeht. Trainer Thorsten Leibenath sagte am Dienstag nur: „Wir gehen im Moment von einer schwereren Verletzung aus. Möglicherweise fällt Tim länger aus. Wir müssen erst abwarten, was bei den Untersuchungen genau herauskommt.“ Schon vorher hatte er sich beim FC Bayern bedankt, der sich mit seinem Mannschaftsarzt sofort um Ohlbrecht gekümmert hatte, nachdem ihn seine Mannschaftskameraden vom Feld geführt hatten.
Sollte der Ulmer 2,10-Meter-Mann – befürchtet wurde von Anbeginn an eine Kreuzbandverletzung, vielleicht sogar ein Kreuzbandriss – tatsächlich länger, unter Umständen sogar für den Rest dieser Saison fehlen, müssten sich die Verantwortlichen von Ratiopharm Ulm überlegen, wie sie dieser Situation begegnen wollen. Thorsten Leibenath gibt zu bedenken: „Einen Spieler nachzuverpflichten, ist sehr schwer. Der deutsche Markt gibt jetzt nichts her.“ Und einen Ausländer zu holen, würde das Problem aufwerfen, dass wieder einer zu viel an Bord ist, ein Ausländer also immer pausieren muss. Diese Situation gab es in der laufenden Runde schon, als Dominique Sutton noch im Team und Augustine Rubit nach seiner Verletzung wieder einsatzfähig war. Sutton verließ Ulm dann. Ein bisschen rächt sich jetzt vielleicht auch, dass die Ulmer im Oktober den Vertrag mit Center Philipp Neumann aufgelöst und ihn nach Vechta haben ziehen lassen.
Von allen Seiten, auch von vielen Fans, wurden an Tim Ohlbrecht auf allen möglichen Wegen Genesungswünsche geschickt. Nach der Partie beim FC Bayern meinte dessen Trainer Aleksandar Djordjevic gleich: „Ich wünsche Tim Ohlbrecht alles Gute. Ich hoffe, dass die Verletzung nicht zu schwerwiegend ist.“ Zuvor hatte er zugegeben: „Die Ulmer haben diesen Sieg verdient. Sie haben hier heute gespielt, um zu gewinnen.“ Und das ist ihnen ja auch gelungen. Rein statistisch waren sie den Bayern kaum überlegen. Hatten sie die bessere Dreierquote, trafen die Münchner die Zwei-Punktewürfe und Freiwürfe etwas besser. Die Ulmer angelten sich drei Rebounds mehr, hatten zwei Ballverluste weniger und zwei Ballgewinne mehr. Das sind eher kleine Vorteile, aber deren Summe machte es doch aus, dass das Team von Thorsten Leibenath in der entscheidenden Phase im letzten Viertel die Nase so klar nach vorne bekam, dass den Bayern der Wind aus den Segeln genommen war. Letztlich ergaben sie sich in ihr Schicksal.
Am Freitag steht für die Ulmer die nächste Aufgabe an. Im letzten Spiel des Jahres haben sie um 19 Uhr den Tabellenzehnten BG Göttingen zu Gast. Gewinnen sie erneut, haben sie etwas ganz Seltenes geschafft: Dann waren sie die gesamte Vorrunde ungeschlagen. Tim Ohlbrecht dürfte sicher fehlen, hinter dem Einsatz von Per Günther steht noch ein Fragezeichen.
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