Der Schießstand mit der Nummer 29 brachte Franziska Preuß kein Glück. Die Biathletin lag auf Goldkurs im Einzelrennen über 15 Kilometer bei der Weltmeisterschaft in Lenzerheide. Dreimal hatte die derzeit erfolgreichste Athletin des Deutschen Skiverbandes alle fünf Scheiben abgeräumt. Es lief alles wie automatisch bei der Weltmeisterin in der Verfolgung. Doch dann unterliefen ihr zwei Fehler im letzten Schießen und damit waren die Medaillenränge nicht mehr in Reichweite.
Preuß landete auf dem zehnten Platz als beste Deutsche. „Es ist natürlich schon ärgerlich, aber das kann man jetzt auch nicht mehr ändern“, sagte die DSV-Starterin. „Ich habe irgendwie die Konzentration verloren und habe es nicht mehr geschafft, den Schalter umzulegen.“
Franziska Preuß bei der Biathlon-WM: Am freien Tag viel Zeit im Bett verbracht
Die Vorbereitung auf die zweite WM-Woche der Franziska Preuß klang verlockend. Den freien WM-Tag am Montag hatte die Athletin des Skiclub Haag aus Oberbayern entspannt verbracht, mit „wenig Sport und viel Zeit im Bett, um möglichst viele Körner zu sparen“. Die erste WM-Woche im „Heidiland“ im Kanton Graubünden war märchenhaft für sie verlaufen. Einen kompletten Medaillensatz hat sich die Führende im Gesamt-Weltcup erkämpft. Am vergangenen Sonntag freute sich Preuß mit Tränen in den Augen über WM-Gold. Zuvor hatte sich die 30-Jährige Silber im Sprint und Bronze in der Mixed-Staffel erkämpft.
Preuß konnte demnach locker ins ihr viertes WM-Rennen starten. Das Einzel-Rennen ist ein Wettkampfformat, in dem es extrem auf gute Schießleistungen ankommt. Denn jeder Fehlschuss am Schießstand wird mit einer Strafminute geahndet. Bedeutet: Wer zu viele Scheiben stehen lässt, hat keine Siegchance. Preuß zeigte im Verfolgungsrennen vom Sonntag besonders am Schießstand gute Nerven und ein noch besseres Auge. Sie traf alle 20 Scheiben. Zwei Tage später lief es nicht mehr perfekt.
Preuß in der Konzentration gestört
Sie wusste vor dem letzten Schießen, dass wieder ein Sieg möglich war. Das habe sie in der Konzentration ein wenig gestört. „Ich wollte es eigentlich nicht wissen. Das hat mich von meinem Plan abgebracht. Ich habe es nicht mehr aus meinem Kopf gebracht“, sagte die Oberbayerin nach dem Rennen und fügte an. „Ich habe gekämpft und habe lange gewartet auf den ersten Schuss, aber die letzte Konsequenz hat gefehlt und dann passieren schnell zwei Fehler.“ Am Ende hatte sie 1:53,3 Minuten Rückstand auf die siegreiche Julia Simon. Die Französin verwies trotz eines Fehlschusses die fehlerfreie Schwedin Ella Halvarsson um 37,8 Sekunden auf den Silberrang.
Als einzige DSV-Skijägerin blieb WM-Debütantin Johanna Puff (22) fehlerfrei, sie wurde 22. Julia Tannheimer (19) schoss viermal daneben und landete auf Rang 33. Tränen flossen im Zielraum bei Tannheimer, nachdem beim letzten Schießen bei ihr die Beine wackelten: „Ich habe die Nähmaschine bekommen.“ Das Gewehr geht dabei vor dem Körper rauf und runter. Selina Grotian erwischte einen gebrauchten Tag. Nach fünf Schießfehlern und fünf Strafminuten landete sie lediglich auf Rang 46. Sie war zumindest mit ihrer läuferischen Vorstellung zufrieden. Für Grotian läuft es nach Mixed-Bronze in den Einzelrennen noch nicht wie erhofft. „Ich kann mir das nicht erklären“, sagte die 20-Jährige im Zielraum.
Deutsche Biathleten ohne Selbstvertrauen
Am Mittwoch schultern die Männer ihre Gewehre für das Einzelrennen, unter ganz anderen Vorzeichen als die Frauen. Medaillen sind kein Thema für den DSV. Es geht nur um Schadensbegrenzung. Philipp Nawrath ist nicht mehr im Einsatz. Wie der DSV mitteilte, ist der Gesamtweltcup-Elfte angeschlagen und bislang nicht wieder im Vollbesitz seiner Kräfte. Am Mittwoch (15.05 Uhr/ARD und Eurosport) wird David Zobel anstatt des 32-jährigen Allgäuers aus Nesselwang an den Start gehen. Zobel reiste extra in die Schweiz an und nahm am Dienstag am offiziellen Training teil. „Ich habe nichts zu verlieren, deswegen sind die Erwartungen nicht riesig“, sagte Zobel nach seiner Ski-Runde in der Roland Arena. Der 28-Jährige hatte sich durch seine Leistungen im Weltcup ursprünglich nicht für die WM qualifiziert. Im Rennen über 20 Kilometer treten neben Zobel auch Philipp Horn, Johannes Kühn und Danilo Riethmüller an.
Für Kühn wird es der erste Einsatz bei dieser WM. Er startet für Justus Strelow, der nach drei Starts eine Pause bekommt. Kühn strotzte am Dienstag Mittag vor den Journalisten im Pressezentrum von Lenzerheide nicht gerade vor Selbstvertrauen: „Dieses Jahr war ich läuferisch nicht so gut. Frust ist auch dabei, weil die ganze Saison nicht so gelaufen ist, wie ich mir das erwartet habe.“ Zuversicht hört sich anders an.
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