Nicht ein Bildschirm, sondern fünf Bildschirme, die im Blick zu behalten sind, auf dem Kopfhörer die Schiedsrichter im Stadion, zehntausende lärmende Fußballfans auf den Tribünen und die bange Frage: War das jetzt Abseits oder nicht? Nur kein Stress, kühlen Kopf bewahren. Leichter gesagt als getan.
Ein Nachmittag im Video-Assist-Center (VAC) im RTL-Gebäude in Köln-Deutz, irgendeiner hat es zuerst geschrieben, seitdem ist es der „Kölner Keller“, der für Aufregung sorgt, wenn im Stadion auf eine endgültige Entscheidung gewartet wird. Im Keller heißt das: Erfassen der Situation auf dem Spielfeld, Prüfen, elektronische Abseitslinien ziehen, Senklot von den für die Entscheidung relevanten Körperteilen des kickenden Personals. Fuß? Oder Schulter? Und vor allem: schnellstmöglich.
Nach zehn Minuten ist immer noch keine Entscheidung gefallen
Ich sitze mit dem Journalistenkollegen vor den Bildschirmen, er fünf, ich fünf, daneben der Operator, der die Zeitlupen, die Naheinstellungen, die Kameraperspektiven, die Blickrichtungen, das Vorher und Nachher der entscheidenden Szenen im Blick hat und ständig auf Anforderung einblendet. Ohne klare Kommandos geht das nicht. „Das ist doch kein Abseits“, schreie ich. Ich sollte weder schreien noch solche unsinnigen Behauptungen aufstellen. Neben mir lacht Knut Kircher, Geschäftsführer Sport und Kommunikation der DFB-Schiedsrichter GmbH, und sagt: „Du solltest jetzt irgendwie mal entscheiden, ihr diskutiert jetzt schon fast zehn Minuten.“ Echt jetzt? In der wirklichen Welt des Profifußballs warten im Stadion Zehntausende auf eine Entscheidung: Was machen die eigentlich in diesem verdammten Kölner Keller?
Kennt jeder. Nur eine Stunde im Kölner Keller und du weißt nicht, wo dir der Kopf steht. VAR-Chef Jochen Drees sagt: „Nach dem Dienst im Keller brauchst du Stunden, um wieder auf Normalnull zu sein.“
Knut Kircher, Jochen Drees und Kommunikationsleiter Alex Feuerherdt organisierten die sportjournalistischen Selbstversuche in Köln in Kooperation mit dem Verband Deutscher Sportjournalisten (vds). Am Ende stand höchster Respekt vor dem Stress im Keller und der Zusammenarbeit der Schiedsrichter in Köln und in den Stadien der Bundesliga. Insbesondere das Ziehen der kalibrierten Linie bei Abseitspositionen, das Auflösen von Foul- oder Handspielen im Strafraum erfordern nicht nur höchste Konzentration, sondern auch rasches Reaktionsvermögen und vor allem: schnelle Entscheidungen. Drees und Kollegen sorgen für absolute Transparenz, keiner will endlose Diskussionen, alle wollen nachvollziehbare Entscheidungen. „Natürlich geht es um richtig und falsch, aber das größte Ziel unserer Arbeit ist Einheitlichkeit“, sagt Kircher. Idealerweise muss die Entscheidung in der Champions League ebenso nachvollziehbar sein wie in der Kreisliga.
Die Tage im Kölner Keller sind im Übrigen endlich. Die Schiedsrichter GmbH wird nach Frankfurt auf den Campus des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) umziehen. Dort werden die technischen Möglichkeiten nochmals erweitert.
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