3:1 in Nürnberg: Alles ganz locker
Die Panther krallen sich mit einem verdienten 3:1-Erfolg im bayerischen Derby bei den Nürnberg Ice Tigers wieder Rang sechs – und scheinen auch noch eine neue „Traumreihe“ gefunden zu haben
Die Länge von inoffiziellen Presserunden ist ein ganz guter Indikator dafür, wie es um den Erfolg einer Mannschaft bestellt ist. Frustriert, aber ruhig und professionell wie eh und je, bezog Kurt Kleinendorst vor dem Reporter-Pulk tief in den Wirren des Nürnberger Eisstadions Stellung: Zu angeblich abtrünnigen Spielern, zum Verunsicherungsgrad seines Teams, zum Tod seines Bruders, der kurz vor Weihnachten bei einem Arbeitsunfall tragisch verunglückte. Eine viertelstündige Krisenanalyse.
Draußen, vor dem Presseraum, rätselte ein lässiger Doug Shedden, der Gästetrainer des ERC Ingolstadt, über die Aussprache des verletzten gegnerischen Verteidigers Oliver Mebus, fragte nach dem Ausgang des U20-WM-Finales und schritt – nach kurzem Plausch über drei Punkte, eine deutsche Reihe und die Welt – zufrieden Richtung Mannschaftsbus.
Lockerheit auf der einen, Tiefenanalyse auf der anderen Seite. Eine Mannschaft halbwegs auf Kurs – der ERCI, Top-Sechs-Kandidat. Und eine Mannschaft mit Redebedarf – die Thomas Sabo Ice Tigers, Platz elf, nunmehr acht Pleiten hintereinander. Die Geschichte des Sonntagabends in Nürnberg war in gewisser Hinsicht schon vorgezeichnet – und sie nahm den erwarteten Verlauf. Mit 3:1 (2:0, 0:1, 1:0) gewannen die Panther bei den kriselnden Franken.
Um das Ganze aufzurollen, muss man zu den beiden Trainern zurückgehen. Der Ex-Ingolstädter Kleinendorst hatte eine Mannschaft gesehen, die „sehr, sehr hart kämpfte“. Er meinte damit sein eigenes Team. Die verletzungsgeplagten Nürnberger wollten sich über die Härte aus der Misere ziehen. Über einfaches Spiel, über harten Einsatz an der Bande und aufmunternde Worte dahinter. Doch spätestens nach der frühen ERCI-Führung merkte man den Ice Tigers ihre Verunsicherung an. Wayne Simpson traf nach Alleingang in eigener Unterzahl (7.). Das mentale Gebilde der Nürnberger kollabierte, Pässe glitten ins Nirgendwo.
Ingolstadt hatte jetzt leichtes Spiel – und eine recht neu formierte Reihe, ganz nach der Vorstellung seines Trainers. „Ich hatte schon im Sommer die Vision, dass die drei super zusammenpassen“, sagte Shedden später. Die Drei – Tim Wohlgemuth, Mirko Höfflin und David Elsner – bildeten die mit Abstand aktivste ERCI-Linie. „Bei uns hat jeder eine gewisse Rolle. Mirko und Timmy sind eher die technischen Übersichtsspieler. Meine Aufgabe ist, für die Zwei den Weg freizuräumen, hart zu arbeiten und vor’s Tor zu gehen, damit sie es leicht haben“, erklärte Elsner, der soeben im siebten Einsatz infolge einen Scorerpunkt gesammelt hatte: Er traf im Nachschuss, nachdem Wohlgemuth wunderbar durchs Heimdrittel gezirkelt war und auf Dustin Friesen abgelegt hatte (14.). Höfflin legte sich spät in der Partie den Puck bei einem Solo durch die eigenen Beine und ließ Nürnbergs Goalie Niklas Treutle per Rückhand schlecht aussehen (52.).
Dazwischen lag ein wildes zweites Drittel mit vielen fragwürdigen Schiedsrichter-Entscheidungen auf beiden Seiten. Kleinendorst sollte im Anschluss ausschweifend darüber sprechen, Shedden sperrte sich symbolisch den Mund zu und warf den Schlüssel weg. Von der Liga gibt es seit dieser Saison einen Maulkorb für die Verantwortlichen.
Aus einer dieser Strafen sollte der einzige Nürnberger Treffer fallen. Die Ice Tigers agierten lange in doppelter Überzahl, machten den Anschlusstreffer zum 1:2 in Person von Daniel Fischbuch dann aber bei Fünf-gegen-Vier (25.). Vor dem Tor hatten die Hausherren zwei Männer platziert, dann einfach mal geschossen. Beim ERCI eigentlich ein Job für den noch erkrankten Brandon Mashinter. Doch sein Team ließ diese Taktik in zahlreichen Überzahl-Gelegenheiten vermissen.
Es war eines der nur wenigen Mankos an diesem Abend. Ansonsten nämlich befindet sich Timo Pielmeier nach Gehirnerschütterung wieder auf dem Weg zum Comeback. Ingolstadt hat jetzt ein neues deutsches Zaubertrio. Und die Konkurrenz spielte auch noch mit: Berlin blamierte sich in Iserlohn (2:5), Bremerhaven stolperte in Schwenningen (2:3 n.V.), Düsseldorf verlor gegen Mannheim (1:3). Damit ist der ERC Ingolstadt wieder zurück auf Platz sechs. „Heute hat es Spaß gemacht, die Ergebnisse anzuschauen“, fasste Shedden zusammen. Sein Gegenüber Kleinendorst musste da noch lange zehn Minuten Fragen beantworten.
ERC Ingolstadt: Reimer – Friesen, Jobke; Wagner, Koistinen; Edwards, Sullivan; Schütz – Elsner, Höfflin, Wohlgemuth; Foucault, Bailey, D’Amigo; Simpson, Findlay, Collins; Detsch, Olson, Olver. – Tore: 0:1 Simpson (7./SH), 0:2 Elsner (14.), 1:2 Fischbuch (25./PP), 1:3 Höfflin (52.). – Zuschauer: 6013.
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