„Das waren extrem emotionale Momente“
Jimmy Waite zählt zu den Legenden beim ERC Ingolstadt. Er erinnert sich an die Saturn-Arena, Mitspieler, den Spengler-Cup, sein letztes Spiel und einen Skandal.
Von 2003 bis 2009 hütete Jimmy Waite den Kasten des ERC Ingolstadt. Dabei war der heute 49-jährige Frankokanadier, der seit mittlerweile über vier Jahren als Torwart-Trainer bei den Chicago Blackhawks (NHL) arbeitet, mit seinen überragenden Leistungen maßgeblich an den Erfolgen der Panther in diesem Zeitraum beteiligt. Die NR hat Waite am Rande der NHL-Partie bei den Florida Panthers getroffen und schwelgte mit ihm in „Ingolstädter Erinnerungen“. Dabei sprach „The Wall“, dessen Trikot unter dem Dach der Saturn-Arena hängt, über...
...die Saturn-Arena: „Mein erstes Jahr bei den Panthern war zugleich auch die erste Saison in der brandneuen Saturn-Arena! Da die Halle zu Beginn der Punktrunde noch nicht fertiggestellt war, mussten wir noch im alten Stadion trainieren beziehungsweise zunächst zahlreiche Partien ausschließlich auswärts bestreiten. Als wir dann endgültig umziehen konnten, waren wir alle sehr froh. Die Atmosphäre in der Saturn-Arena mit unseren großartigen Fans war einfach phänomenal. Grundsätzlich war für mich in Deutschland jede Partie ein Erlebnis, da es oftmals derart laut war, dass man sein eigenes Wort nicht mehr verstehen konnte. In der Saturn-Arena haben im Übrigen auch meine Söhne mit dem Eishockey begonnen. Von dem her verbinden mich viele unvergessliche Momente mit dieser Halle.“
...“Kult-Teambetreuer“ Wasti: „Dass er immer noch als Betreuer arbeitet, ist für das Team und den Verein natürlich großartig (lacht). Er war schon damals für jeden Spaß zu haben. Wenn wir auswärts gewonnen haben, hat er uns immer reichlich mit Schokolade beschenkt. ‘Wasti“ ist einfach ein guter Typ, der zudem extrem fleißig und zuverlässig ist. Ihn werde ich definitiv niemals vergessen (lacht).“
...Trainer Ron Kennedy : „Zunächst einmal kann ich es nach wie vor kaum glauben, dass er nicht mehr unter uns ist! Ron war schlichtweg in jeder Hinsicht ein Mann mit Klasse. Wir konnten uns glücklich schätzen, ihn über vier Jahre als Trainer zu haben. Als damals die Meldung kam, dass er an Krebs erkrankt sei, waren wir alle regelrecht geschockt. Ich werde ihn jedenfalls in bester Erinnerung behalten.“
...Verteidiger Jakub Ficenec: „Jake (lacht). Er hatte den härtesten Schuss im Eishockey-Sport! Als er damals zu uns gewechselt ist, war ich zunächst froh, dass ich nicht mehr gegen ihn spielen musste. Aber dann wurde mir schnell klar, dass ich ihm und seinen Schüssen ja jeden Tag im Training gegenüberstehen würde. Nach dem einen oder anderen Sieg ist Jake ja zurück auf’s Eis und hat vor unserer Fankurve getanzt – und es war der schlechteste Tanz, den ich im deutschen Eishockey jemals gesehen habe (lacht). Jake war nicht nur ein erstklassiger Eishockey-Spieler, sondern auch ein toller Golfer. Dort war er nahezu unschlagbar.“
...Spiel sechs der Playoff-Viertelfinal-Serie 2003 gegen die Nürnberg Ice Tigers (2:0): „Ein toller Moment! Nachdem wir die ersten beiden Partien verloren hatten, sind wir zurückgekommen und haben die darauffolgenden vier Spiele gewonnen. In dieser sechsten Begegnung, die in der Saturn-Arena stattfand, erinnere ich mich vor allem an eine Parade von mir: Der Nürnberger hatte eigentlich schon das leere Tor vor sich, aber irgendwie habe ich meine Fanghand noch hinbekommen und den Schuss gehalten. Nach der Schlusssirene haben wir dann gefeiert, als hätten wir soeben die Meisterschaft gewonnen.“
...die NHL-Lockout-Saison 2004/2005 : „Mit Marco Sturm, der ja jetzt als Assistenz-Trainer b i den Los Angeles Kings arbeitet und den ich nach seinem ersten Match gegen uns auch getroffen habe, oder Andy McDonald hatten wir sensationelle Jungs in unserem Kader. Ich hatte in dieser Spielzeit wirklich das Gefühl, dass wir die Meisterschaft gewinnen können. Sowohl auf als auch abseits der Eisfläche waren wir eine tolle und eingeschworene Truppe. Leider sind wir dann im Halbfinale gegen Berlin ausgeschieden.“
...das „Skandal-Spiel“ am 28. November 2006 bei den Kölner Haien (0:10): „Oh mein Gott! In dieser Partie ist so ziemlich alles schiefgelaufen. Ich musste bis kurz vor der ersten Drittelpause bereits drei Gegentreffer hinnehmen, ehe das Ganze vor meinem Tor dann etwas eskaliert ist (grinst). Es gab eine riesige Schlägerei, wobei ich selbst sogar mit einem meiner besten Freunde, Stephane Julien, etwas gerangelt habe. Am Ende wurde ich dann zusammen mit einigen Teamkollegen aus der Halle geworfen. Diese Partie zählt nicht unbedingt zu meinen schönsten Erinnerungen an Ingolstadt (lacht).“
...den Spengler-Cup in Davos 2008: „Das war definitiv eine schöne Erfahrung. Das ganze Ambiente beziehungsweise die Stimmung bei diesem Turnier ist schon außergewöhnlich. Lediglich die Tatsache, dass man innerhalb weniger Tage derart viele Partien bestreiten muss, macht das Ganze schon etwas schwierig. Als Torhüter ist man diesbezüglich schon in einer etwas komfortableren Situation. An Tagen, an denen ich nicht zum Einsatz gekommen bin, habe ich die Berge und das Drumherum entsprechend genossen.“
...sein letztes Match im Panther-Dress am 1. März 2009 gegen die Kölner Haie (4:3 nach Verlängerung): „Nachdem ich wusste, dass es meine letzte Partie für die Panther sein würde, war ich glücklich, dass am Ende ein Sieg dabei heraussprang. Was dann nach der Schlusssirene alles passiert ist, hatte ich ehrlich gesagt nicht erwartet. Nach einer Ehrenrunde auf dem Eis mit meiner Familie wurde auch noch mein Trikot mit der Nummer 29 unter das Hallendach gezogen. Das waren schon extrem emotionale Momente für mich. Auch heute schauen wir uns die Bilder von diesem Tag immer noch gerne an.“
...seine insgesamt 40 Shut-outs in der Deutschen Eishockey-Liga: „Ja, das war nicht schlecht – auch wenn ich gerne nochmals 40 mehr gehabt hätte (lacht). Das Lustige daran ist: In der NHL-Lockout-Saison hatte ich zehn Spieltage vor Ende bereits acht Shut-outs auf meinem Konto. Der Rekord zu diesem Zeitpunkt stand bei neun oder zehn – und ich war mir eigentlich sicher, dass ich diese Marke knacke. Doug Ast hat mich dann im Spaß damit aufgezogen, dass ich es nicht schaffen würde – und schon war ich einige Tage später am Knie verletzt! Erst zwei Spieltage vor Beendigung der Hauptrunde bin ich schließlich wieder zurückgekehrt. Der Rekord war damit natürlich dahin.“
Die Diskussion ist geschlossen.