Arnold: „Die Entscheidung ist über einen längeren Zeitraum gereift“
Mitten in der Corona-Krise steht der ERC Ingolstadt plötzlich ohne Geschäftsführer da. Claus Gröbner muss gehen. Über einen Reformer, der im Laufe der Zeit immer mehr in Ungnade fiel.
Der offiziell letzte Tag von Claus Gröbner begann zeitgemäß, mit der Vorstellung eines eigenen Mund-Nasen-Schutzes. Viele Vereine der Deutschen-Eishockey Liga (DEL) hatten ihr Merchandise bereits coronatauglich erweitert. Am Donnerstagmittag dann zog der ERC Ingolstadt nach. Das kam an bei den Fans. Am Abend plauderte Neuzugang Samuel Soramies im Video-Interview dann noch über Weinberge in der heimischen Kurpfalz und seinen neuen Arbeitgeber in Bayern. Gute PR in schlechten Zeiten.
Die eigentliche Nachricht des Tages trudelte dann leise per kurzer Pressemitteilung ein, um genau 22.15 Uhr, in sieben Sätzen: Geschäftsführer Gröbner verlässt den ERCI – in beiderseitigem Einvernehmen, wie es heißt, mit sofortiger Wirkung. In einem Frühling, in dem bei Sportvereinen vielmehr Finanzexperten gefragt sind als Starspieler, stehen die Panther plötzlich ohne Geschäftsführer da. Eine Woche vor Abschluss des Geschäftsjahres, einen Monat vor Fristende der DEL-Lizenz-Abgabe, mitten im sportwirtschaftlichen Schwebezustand. Ein Paukenschlag!
„Die Trennung erfolgt vor dem Hintergrund unterschiedlicher Auffassungen zwischen Geschäftsführung und Beirat bezüglich der strategischen Ausrichtung der GmbH“, heißt es in der Vereinsmitteilung. Über Einzelheiten sei Stillschweigen vereinbart worden. Nach Informationen der Neuburger Rundschau hat die Entlassung vor allem zwei Gründe: Ein zunehmend zerrüttetes Verhältnis zu Sportdirektor Larry Mitchell und mangelnder Erfolg bei der Sponsoren-Suche.
Gröbner kam 2014 vom Konkurrenten RedBull München
Gröbner kam 2014 vom Konkurrenten RedBull München nach Ingolstadt. Ein diplomierter Sportökonom und Hochschul-Dozent. Smart, freundlich, in der Lage, sich zu verkaufen, das Lächeln stets so dick aufgetragen wie das Gel im Haar. Er holte Expertise von außen und professionalisierte die Geschäftsstelle eines Vereins, der gerade deutscher Meister geworden war, dessen interne Strukturen aber eher zweitklassig wirkten. Dass er mehr ein Mann der Zahlen als ein Eishockey-Experte war, kommunizierte Gröbner immer offen.
Sein Ziel: Ein dritter großer Sponsor neben Audi und Media-Saturn. 2018 holte Gröbner die DB Regio ins Boot – immerhin ein Premiumpartner, aber nicht der erhoffte dicke Fisch. Gleichzeitig war immer wieder von alteingesessenen, lokalen Partnern zu hören, die sich vom Klub schlecht behandelt fühlten und irgendwann ausstiegen. Kurzum: Ein hemdsärmeliger Bauchpinsler des Schanzer Mittelstandes war er definitiv nicht. Gut informierte Kreise berichten, dass die Gesellschafter in Sachen Sponsoren-Akquise mehr von Gröbner erwarteten.
Der Geschäftsführer treibt das Geld ein, der Manager gibt es aus
Wenn man den 46-Jährigen interviewte, fiel ein Nebensatz unter Garantie: Er wirtschafte stets konservativ. In einem Profiklub schafft so etwas Konflikte. Der Geschäftsführer treibt Geld ein, der Manager gibt es aus. Und Gröbner konnte Sportdirektor Mitchell immer weniger zur Verfügung stellen – wegen des zwischenzeitlich ausbleibenden sportlichen Erfolgs, wegen erhöhter Berufsgenossenschafts-Beiträgen für die Profis, wegen des Wegbrechens von Ligasponsor covestro, wegen anderweitiger Investitionen. Das Verhältnis zwischen beiden soll sich in den vergangenen Wochen und Monaten zunehmend verschlechtert haben. Eine Nebenrolle spielte dabei scheinbar auch, dass aus der Geschäftsstelle häufiger Interna wie Spieler-Verpflichtungen - zum Leidwesen von Mitchell - nach außen „drangen“, noch ehe sie offiziell vermeldet wurden.
Über die genauen Gründe will sich Arnold "nicht auslassen"
Gröbner lebt mit seiner Familie in einem Haus in Holzkirchen. In Ingolstadt war er nicht so häufig präsent, wie sich Einige das wünschten. Mit Kritik konnte er intern nicht immer umgehen, heißt es. So kumulierten sich die Dinge. Der Geschäftsführer geriet in den vergangenen Monaten immer mehr in den misstrauischen Blick des ERCI-Beirats. Vor wenigen Tagen nun senkten die Gesellschafter endgültig den Daumen. Gröbner muss gehen. Dass es sich dabei nicht um einen Schnellschuss handelt, unterstreicht der Beiratsvorsitzende Jürgen Arnold gegenüber der Neuburger Rundschau. „In unserem Beirat gibt es ausschließlich Leute, die sich über die Zukunft und Ausrichtung des ERC Ingolstadt permanent Gedanken machen. Eine solche Entscheidung trifft man nicht aus einer Laune heraus oder über Nacht, sondern sie reift über einen längeren Zeitraum“, so Arnold. Über die genauen Gründe der Trennung wollte sich der Panther-Boss indes „nicht auslassen. Was ich jedoch sagen kann: Mir persönlich gegenüber war Claus während dieser sechsjährigen Zusammenarbeit immer loyal. Das war absolut tadellos“.
Neuer Geschäftsführer soll am 4. Mai beginnen
Dass die Abberufung Gröbners tatsächlich keine „Nacht- und Nebel-Aktion“ war, zeigt freilich auch die Tatsache, dass die Panther-Verantwortlichen in Sachen Nachfolger anscheinend bereits fündig geworden sind. „Unser Ziel ist es, dass der neue Geschäftsführer am 4. Mai mit seiner Arbeit beginnt“, sagt Arnold, ohne jedoch einen konkreten Namen zu nennen. Gerüchtemäßig soll es sich dabei wohl um Claus Liedy handeln, der bereits langjährige (Chef-)Erfahrung in der Wirtschaft (IMTRON in Ingolstadt) aufweisen kann. Sein Vorgänger Claus Gröbner reagierte indes auf eine Interview-Anfrage unserer Zeitung nicht.
Die Diskussion ist geschlossen.