
Claus Liedy: „Tolles Feedback von unseren Partnern und Fans“

Plus Ingolstadts Geschäftsführer Claus Liedy ist mittlerweile seit rund acht Monaten im Amt. Im großen NR-Interview spricht er über die Herausforderungen im Eishockey-Business, Spiele ohne Zuschauer sowie seine Hoffnungen in Sachen Impfung. Am Donnerstag gastiert der ERCI in München.

Wenn der ERC Ingolstadt am heutigen Donnerstagabend (20.30 Uhr) bereits zum zweiten Mal in dieser noch jungen DEL-Saison 2020/2021 bei RedBull München gastiert, dann wird auch Claus Liedy dieses oberbayerische Derby – wie alle anderen Partien – mit einer gewissen Portion Stolz verfolgen. Mit einer gemeinsamen Kraftanstrengung ist es dem Geschäftsführer und seinem Team gelungen, eine – zudem auch stark besetzte – Panther-Truppe in den Spielbetrieb zu schicken. Die Neuburger Rundschau hat sich zum Start ins neue Jahr ausführlich mit Claus Liedy unterhalten.
Herr Liedy, das Jahr 2021 ist mittlerweile drei Wochen alt. Können Sie sich noch erinnern, welche Gedanken Ihnen in der Neujahrsnacht zuerst durch den Kopf gegangen sind?
Liedy: Nun, mir ist in der Tat sehr schnell durch den Kopf gegangen, dass es eine richtig tolle Leistung war, diese Saison finanziell gesichert starten zu können. Zudem hat es mich sehr gefreut, dass dies allen 14 DEL-Vereinen gelungen ist und wir somit den Eishockey-Fans in ganz Deutschland die Möglichkeit bieten können, ihr Lieblingshobby zumindest im Fernsehen anzuschauen.
Was wird denn von diesem zweifelsohne außergewöhnlichen Jahr 2020 aus „Eishockey-Sicht“ bei Ihnen hängen bleiben?
Liedy: Die positiven Dinge. Ich habe am 1. Mai als Geschäftsführer des ERC Ingolstadt eine neue Herausforderung angenommen, wobei mich die gesamte Eishockey-Familie wirklich toll aufgenommen und unterstützt hat. Das Wichtigste war aber natürlich – wie bereits erwähnt –, dass wir Ende Dezember in die DEL-Saison 2020/2021 starten konnten.
Sie haben bei Ihren bisherigen beruflichen Tätigkeiten stets viel Verantwortung übernommen und dadurch einen reichen Erfahrungsschatz gesammelt. Kann man sagen, dass der ERC Ingolstadt – gerade mit dem Hintergrund der Corona-Krise – Ihre bislang größte Herausforderung darstellt?
Liedy: Nein, das würde ich so nicht sagen. Klar, es war natürlich eine gewisse Herausforderung mit einem neuen Umfeld für mich. Ich denke, ein Grund, warum man mir vonseiten des ERC Ingolstadt diesen Posten zugetraut hat, war die Tatsache, dass ich bereits ein erfahrener Manager bin. Aus diesem Grund hat mich diese Aufgabe auch nicht abgeschreckt, sondern mich vielmehr herausgefordert und auch Spaß gemacht.
Es kamen also zwischendurch nicht mal Gedanken wie „Warum oder was habe ich mir da angetan“ auf?
Liedy: Nein, absolut nicht! Ganz im Gegenteil. Das Umfeld hier ist fantastisch. Zudem hat mir die Eishockey-Familie sowohl in als auch außerhalb von Ingolstadt sehr geholfen. Von dem her kamen zu keiner Zeit irgendwelche Zweifel auf.
Wie viel Stolz schwingt bei Ihnen persönlich mit, dass der ERC Ingolstadt – ebenso wie die anderen 13 DEL-Teams – an der Saison 2020/2021 teilnimmt?
Liedy: Letztlich überwiegen für mich zwei Aspekte. Zum einen ist es in der Tat der Stolz, dass tatsächlich eine Eishockey-Saison stattfindet beziehungsweise man nach einem Viertel der Vorrunde sagen kann, dass es sich dabei um einen sehr verantwortungsbewussten Betrieb handelt. Bislang gab es in der gesamten Liga kaum Corona-Fälle, geschweige denn eine Spielabsage. Zum anderen – wobei hier unser Sportdirektor Larry Mitchell sicherlich mehr sagen kann – haben wir in der Kürze der Zeit wohl eine richtig gute Mannschaft zusammenbekommen. Hier hat Larry einen ganz tollen Job gemacht. Es macht einfach Spaß, diesem Team zuzuschauen.
In den vorangegangenen Monaten hieß es von Vereinsseite stets, dass es bei allen Bemühungen und Anstrengungen nur um eines gehe: Den DEL-Standort Ingolstadt zu erhalten! War diese Aussage in erster Linie auf die Saison 2020/2021 bezogen oder können Sie bereits sagen, dass zumindest auch mittelfristig die Zukunft des ERCI gesichert ist?
Liedy: Zunächst einmal möchte ich betonen, dass der ERC Ingolstadt bereits in der Vergangenheit ein sehr verantwortungsvoll geführtes Unternehmen beziehungsweise auch vor der Corona-Krise nicht in finanziellen Schwierigkeiten war. Diese Corona-Pandemie hat dann alles verändert. Ich will an dieser Stelle nur einmal auf die fehlenden Zuschauer oder die Sponsoren, die selbst vor großen Herausforderungen stehen, verweisen. Daher ist das Ganze auch kein reines ERCI-Thema, sondern betrifft letztlich die Wirtschaft in der gesamten Welt. Wie lange diese Pandemie noch anhält, weiß niemand. Wir erleben ja gerade, dass wir in einer zweiten Welle beziehungsweise einem Lockdown sind. Auch kann derzeit niemand sagen, wann die Bevölkerung in Deutschland durchgeimpft ist. Insofern lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt überhaupt nicht abschätzen, ob die Folgen dieser Krise nur die aktuelle oder auch die nächste Saison betreffen. Wenn wir jedoch – egal wie lange die Pandemie noch anhält – verantwortungsbewusst damit umgehen, bin ich mir sicher, dass der ERC Ingolstadt genauso wirtschaftlich gesund aus dieser Krise herausgehen wird, wie er zuvor war.
Die Wirtschaftlichkeit und Finanzierbarkeit eines Eishockey-Unternehmens – gerade auch während dieser Pandemie – basiert bekanntlich auf mehreren Säulen. Lassen Sie uns drei davon beleuchten und mit den Sponsoren beginnen. Welche Erfahrungen haben Sie in den vergangenen Monaten in den Gesprächen mit Ihren Partnern und Geldgebern gemacht?
Liedy: Zunächst einmal habe ich wirklich in all diesen Gesprächen eine große Begeisterung für das Eishockey in Ingolstadt wahrgenommen. Dementsprechend waren alle Partner entsprechend bemüht, ihren Teil auch in dieser Saison beizutragen. Natürlich gab es aber auch vereinzelte Unternehmen, denen es aufgrund der Tatsache, dass sie selbst in größten wirtschaftlichen Schwierigkeiten stecken, nicht mehr möglich war, eine Unterstützung im vollen Umfang zu leisten – was jedoch absolut nachvollziehbar ist! Insgesamt würde ich jedoch von einem überragenden Feedback und Schulterschluss mit unseren Partnern sprechen.
Ein weiterer wichtiger Punkt sind zweifelsohne die staatlichen Corona-Hilfen für den Profisport. Lothar Sigl, Chef der Augsburger Panther, hat sich kürzlich in einem Interview mit unserer Zeitung für eine Verlängerung dieser Hilfen außerhalb der Fußball-Bundesliga und 2. Liga ausgesprochen. Stimmen Sie dieser Forderung zu?
Liedy: Nun, das staatliche Hilfsprojekt „Profisport“ betrifft ja grundsätzlich einmal alle Profi-Sportarten. Mit Blick nach vorne ist eine solche Ausweitung oder Verlängerung für das Jahr 2021 in meinen Augen sicherlich ein Thema – besonders vor dem Hintergrund, dass offensichtlich der zur Verfügung gestellte Topf an Geldern bei weitem noch nicht ausgeschöpft ist. Daher wäre es sicherlich wünschenswert, dass man diese staatliche Hilfe ins neue Jahr beziehungsweise gegebenenfalls in die neue Saison fortschreiben würde.
Zu den größten Säulen zählen zweifelsohne die Fans. Unter anderem hatten die Dauerkarten-Inhaber die Möglichkeit, ihr derzeitiges Saisonticket auf die Spielzeit 2021/2022 zu überschreiben – was dem Verein gleichzeitig eine gewisse Planungssicherheit gibt! Wie wurde dieses Modell von den Fans angenommen?
Liedy: Ich habe zwar noch keine konkreten Zahlen vorliegen, kann aber sagen, dass circa 90 Prozent unserer Anhänger diese Möglichkeit genutzt haben. Auch hier kann man also sagen, dass eine überwältigende Mehrheit der Fans dem ERC Ingolstadt auch in der kommenden Saison die Stange halten.
Ein Vertrauensvorschuss, der Sie mit Sicherheit stolz machen dürfte...
Liedy: Absolut. Das war natürlich auch ein Unsicherheitsfaktor, ob sich vielleicht der eine oder andere Fan dem Eishockey aufgrund der langen Durststrecke, die wir hatten, „entwöhnt“. Das stellen wir aber überhaupt nicht fest. Ganz im Gegenteil. Wir haben bezüglich unseres verantwortungsbewussten Handels von unseren Anhängern ein sehr gutes Feedback erhalten – ebenso für die Tatsache, dass wir am Spielbetrieb teilnehmen und ein tolles Team auf dem Eis stehen haben. In diesem Zusammenhang würde ich übrigens gerne noch einen weiteren wichtigen Punkt ansprechen.
Ja bitte...
Liedy: Einen Riesenteil dazu beigetragen, dass wir überhaupt in der Lage sind, am Spielbetrieb teilzunehmen, haben unsere Spieler und Mitarbeiter, die jeweils auf einen großen Anteil ihres Gehalts verzichtet haben. Ohne diese Vereinbarungen wäre es definitiv nicht gegangen.
Als Funktionär und Verantwortlicher sind Sie in der glücklichen Lage, die Auftritte „Ihres“ Teams im Stadion verfolgen zu können. Wie fühlt sich für Sie Eishockey ohne Zuschauer an?
Liedy: Ich habe die Heimspiele der Panther ja schon vor meinem jetzigen beruflichen Engagement immer verfolgt – und die Stimmung in der Saturn-Arena, gerade wenn sie voll besetzt ist, ist einfach genial! Das fehlt natürlich jetzt enorm. Man gewöhnt sich insofern daran, dass man es bereits seit Monaten weiß und akzeptiert es dann irgendwann auch. Um so wichtiger ist daher die Präsenz im Fernsehen beziehungsweise den Medien, damit die Fans dennoch so nah wie möglich dabei sein können.
Gibt es bei Ihnen noch eine Art Resthoffnung, dass in dieser Spielzeit möglicherweise doch noch Zuschauer in die Stadien dürfen?
Liedy: Die Hoffnung stirbt bekanntlich immer zuletzt. Aber trotzdem ist es sehr unwahrscheinlich, dass es in dieser Saison noch Partien mit Zuschauern geben wird.
Um beim Thema Hoffnung zu bleiben: Die Impfungen gegen das Corona-Virus haben Ende Dezember 2020 in Deutschland begonnen. Verbinden Sie damit auch Ihre große Hoffnung, dass dies ein entscheidender Schritt zurück zur Normalität werden wird?
Liedy: Auf alle Fälle. Momentan gibt es ja auch keine andere Möglichkeit, damit die Gesellschaft wieder zurück zur Normalität findet. Dass es eine gewisse Zeit gedauert hat, bis ein solcher Impfstoff entwickelt wurde, er in ausreichendem Maß produziert und auch logistisch an die richtigen Stellen geschickt wird beziehungsweise es an der einen oder anderen Stelle noch etwas hakt, ist sicherlich nichts Außergewöhnliches. Aber wie gesagt, es ist derzeit der einzige Weg, der Aussicht auf Erfolg hat. Um es einmal konkret auf den Profisport zu beziehen: Vom Alter her werden diese Sportler in der Regel eher hinten in der Impf-Kette stehen.
Es gibt ja – auch in der Politik – Stimmen, die der Meinung sind, dass Geimpfte früher ihre „Freiheitsrechte“ zurückbekommen sollen als Nicht-Geimpfte. Konkret gefragt: Können Sie sich vorstellen, dass zu den ERCI-Heimspielen in der Saturn-Arena künftig nur noch Zuschauer zugelassen sind, die sich bereits gegen das Corona-Virus haben impfen lassen?
Liedy: Das ist keine Entscheidung, die der ERC Ingolstadt treffen wird. Dieses Thema wird ausschließlich auf der politischen Ebene entschieden und dort ja auch schon heiß diskutiert. Persönlich möchte ich mich als relativ kleine Gesellschaft weder für den einen noch anderen Punkt öffentlich äußern.
Wie lauten denn abschließend Ihre Wünsche für das Jahr 2021?
Liedy: Ich wünsche mir weiterhin einen erfolgreichen Verlauf der Saison, der den Fans und Partnern Freude bereitet. Darüber hinaus hoffe ich natürlich auch, dass die wirtschaftlichen Maßnahmen, die wir eingeleitet haben, während der gesamten Spielzeit so funktionieren, wie wir uns das vorstellen.
Die Diskussion ist geschlossen.